Meine beste Feindin
war mir sofort klar, was für eine sie ist. Aber sie hat dir Nate ausgespannt, und dann ist ihr plötzlich aufgegangen, dass Nate eben jemand ist, der sich leicht ausspannen lässt.«
»Vielleicht weiß er einfach nicht, wie er aus der Sache wieder rauskommen soll«, überlegte ich. »Du kennst doch Helen. Du weißt, wie überzeugend sie auf Männer wirkt, warum auch immer.«
Georgia seufzte. »Ich glaube, das hättest du nur gerne. Denn das wäre eine Entschuldigung dafür, dass er dich nicht in Ruhe lässt.« Sie hob warnend die Hand, als ich ihr widersprechen wollte. »Glaub mir, Gus, ich kenne mich mit so was aus. Du verbringst die Hälfte der Zeit damit, dir Entschuldigungen für sein Benehmen auszudenken, und die andere Hälfte damit, dir auszumalen, wie es wäre, wenn.«
»Nate ist nicht Jared!« In dem Augenblick, als es heraus war, hätte ich es am liebsten schon wieder zurückgenommen. Georgias Augenbrauen schnellten in die Höhe, und ich spürte, wie ich rot wurde. »Ich meine, die Situation ist doch ganz anders«, sagte ich schnell. »Bevor wir ein Paar wurden, kannte ich Nate schon seit Jahren. Und wir waren fast vier Monate zusammen. Okay? Ich versuche ja, mich nicht wie Amy Lee aufzuführen.«
»Ist schon okay.« Ihre Stimme klang spröde.
»Ich wollte nicht …«
»Wirklich, es ist okay«, bekräftigte Georgia. »Jared war ein Loser, und ich habe mich da tatsächlich zu sehr hineingesteigert. Punkt. Aus. Ende.«
Amy Lee gegenüber war Georgia allerdings nicht ganz so großmütig.
»Sicher hatte sie nicht ganz Unrecht«, sagte sie und stach mit der Gabel auf ihren Teller ein. »Wahrscheinlich stimmte es ja.«
Ich atmete geräuschvoll aus.
»Das denke ich auch«, stimmte ich zu.
»Aber wie kann sie nur so mit ihren besten Freundinnen reden?«, fuhr Georgia fort. »Ist das etwa ihre Art, uns mal beiseitezunehmen und uns im Vertrauen zu sagen, dass sie etwas auf dem Herzen hat? Indem sie uns bei einer Party vor anderen niedermacht?« Sie schüttelte den Kopf. »Sie hat sich immer schon für was Besseres gehalten. So wie damals, als sie Oscar kennen gelernt hatte. Plötzlich saß sie auf ihrem hohen Ross und hat uns ständig erzählt, wie anders auf einmal alles für sie war, weil sie jetzt einen attraktiven Freund hatte. Also bitte, waren unsere Dates etwa Rumpelwichte?«
»Ja, das stimmt schon«, sagte ich und dachte an jene Zeit zurück. Amy Lee hatte sich damals wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. »Aber das ist doch lange her. Dieses Mal scheint sie es so todernst zu meinen.«
»Natürlich meint sie es ernst«, sagte Georgia. Sie seufzte, und ich sah, wie traurig sie wurde, wenn sie daran dachte. »Immerhin hatte Amy Lee das unverschämte Glück, bereits mit dreiundzwanzig über ihren Ehemann zu stolpern.« Sie zog eine Grimasse. »Damit ist sie natürlich in der Lage, jetzt schon erwachsene Entscheidungen zu treffen.«
»Das ist alles sehr verwirrend.« Ich starrte sie an. »Auf dem Weg hierher habe ich mich mental darauf vorbereitet, dass ich hier der Buhmann bin.«
»Ich habe mit Amy Lee ein gewaltiges Hühnchen zu rupfen«, entgegnete Georgia. »Und glaub mir, das werde ich auch. Aber rede dir bloß nicht ein, dass du irgendetwas falsch gemacht hättest. Gut, ich war so lange unsterblich in Henry verknallt, da musstest du ja annehmen, ich würde wie eine Furie auf dich losgehen.«
»Ich vermisse sie«, gab ich zu. »Ich bin nicht daran gewöhnt, dass sie mich hasst, Georgia. Ich bin daran gewöhnt, dreimal am Tag mit ihr zu sprechen.«
»Sie hasst uns doch nicht«, meinte Georgia.
»Sie hat uns zum Teufel gejagt.«
»Sie hasst uns nicht«, wiederholte sie, aber dieses Mal klang es irgendwie wehmütig. Sie schüttelte den Kopf und blickte mir dann in die Augen, so als ob es wahr würde, wenn wir uns nur genug darauf konzentrierten. »Offensichtlich ist sie ziemlich durcheinander, Gus, aber sie hasst uns bestimmt nicht. Wie könnte sie auch?«
Die Frage ging mir auch später nicht aus dem Kopf, als ich wieder einmal auf meiner Couch lag und die Decke anstarrte.
Amy Lee war immer schon anders als Georgia und ich gewesen. Wir waren alle aus verschiedenen Gründen zur Boston University gegangen (ich träumte von einem Leben in dieser Stadt, Georgia fand den Hiwi süß, der ihr auf dem Campus über den Weg gelaufen war), während Amy Lee alles ganz klar geplant hatte. Sich an der Boston University einzuschreiben gehörte zu einem Sieben-Jahres-Plan der Goldmann School of Dental
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