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Meine beste Feindin

Titel: Meine beste Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crane Sonja Hagemann
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hatte wohl nur irgendwann beschlossen, sich so darzustellen. Der provozierende Gang, die überhebliche Haltung waren das Resultat einer bewussten Entscheidung. Vielleicht war sie doch wie alle anderen und spielte nur nach außen hin eine Rolle, um im Leben klarzukommen. Sie war womöglich genauso ängstlich und unsicher wie ich - anders als ich ließ sie sich aber dadurch von nichts abhalten.
    Und wenn Helen das konnte, bei Gott, dann konnte ich es auch. Ich würde jetzt aufstehen, da rausmarschieren, auf die Party gehen und Spaß haben. Selbst wenn es mich umbringen sollte.
    Ich sprang auf die Füße und holte meinen guten Wintermantel aus dem Schrank. Ich genoss das süße Aroma meines Parfüms und den frischen Geruch meines Shampoos, der mich wie eine Wolke umhüllte. Meine Hüften wiegten sich im Takt der endlosen, gefährlichen Absätze. Ich fühlte mich gut.
    Ich schloss die Wohnungstür hinter mir ab und stolzierte den Flur entlang, auf dem Weg zur besten Party meines Lebens, denn diesmal würde ich die Regeln machen und …
    »Was«, erklang hinter mir eine nörgelnde Stimme, bei der sich mir die Nackenhärchen aufstellten, »ist das für ein Lärm?«
    Erwin.
    Jetzt musste ich meinen stolzen Göttinnenschritt nur irgendwie zum Stillstand bringen.
    Ich fuhr herum und starrte ihn an. Von seiner Wohnungstür aus starrte er grimmig zurück, wie immer in den hässlichen blauen Bademantel gehüllt.
    »Ich gehe den Flur entlang«, erläuterte ich das Offensichtliche.
    »Sind das etwa Ihre Schuhe ? Machen die etwa solchen Krach?«
    Natürlich erschienen augenblicklich das unvermeidliche Notizbuch und der Stift, und schon kritzelte er wieder eifrig drauflos.
    Ich spürte, wie ich unwillkürlich das Kinn vorreckte. Kein gutes Zeichen.
    Ich öffnete den Mund, um so richtig vom Leder zu ziehen, dann aber hielt ich inne.
    Hier bot sich mir endlich mal die Gelegenheit, mich wie eine verantwortungsvolle Erwachsene zu benehmen. Rumkeifen, fiese Spitznamen erfinden, durch ein Fenster vor dem Typen fliehen - alles keine Taktiken, die mir Reife bescheinigt hätten. Außerdem hatten sie nicht funktioniert.
    »Es tut mir wirklich leid«, sagte ich. Erwin war so überrascht, dass er zu kritzeln aufhörte und mich ansah, den Mund zu einem perfekten O gerundet.
    »Wie bitte?«, fragte er.
    »Es tut mir leid, dass meine Schuhe so laut sind«, sagte ich ruhig. Freundlich. »Aber ich fürchte, dass ich den Flur kaum entlanggehen kann, ohne nicht wenigstens ein bisschen Lärm zu machen.«
    »Äh, nein«, sagte Erwin in einem völlig anderen Tonfall. Die Hand mit dem Notizbuch hing jetzt schlaff an seiner Seite, während er mich fixierte - so als erwarte er, dass ich mich auf einmal in Sydney Bristow verwandeln und ihn mit einem Fußtritt zurück in seine Wohnung befördern würde.
    »Das liegt an dem Holzfußboden«, fuhr ich fort. »Man sollte wirklich besser Teppichboden verlegen, aber ich fürchte, den Vermieter interessiert das nicht. Warum auch? Er wohnt ja draußen in Western Mass.«
    »Ja, da haben Sie natürlich Recht«, sagte Erwin. Er sah auf den Fußboden hinunter. »Der ist auch so rutschig, jetzt bei dem ganzen Schnee und Matsch.«
    »Und es dauert ja ewig, hier mal durchzuwischen«, seufzte ich. »Ich weiß natürlich, dass mein Hund auch nicht gerade hilfreich ist.«
    Erwin schüttelte den Kopf. »Nein, nein, um solche Sachen muss sich wirklich der Hausbesitzer kümmern.«
    Ich lächelte ihn verschwörerisch an.
    Ich hätte nicht gedacht, dass er darauf anspringen würde, aber er tat es - seine Mundwinkel bogen sich langsam nach oben. Ich fand, sein Lächeln wirkte ein wenig eingerostet. Es hätte mich nicht gewundert, wenn das sein erstes Lächeln seit Monaten war. Vielleicht sogar seit Jahren.
    »Ich denke, ich werde dem Vermieter heute Abend noch schreiben«, sagte Erwin und drückte die Brust durch.
    »Das fände ich wirklich gut«, sagte ich, und wir lächelten uns wieder an.
    Als ich schließlich auf meinen lauten Stilettos in die Nacht hinausstiefelte, fühlte ich mich nicht mehr nur wie eine Göttin.
    Ich fühlte mich erwachsen.

Kapitel 18
    Das Erwachsen-Gefühl verblasste aber ziemlich schnell wieder, als ich auf der Party ankam, die in einem Apartment in Cambridge stattfand. Die Wohnung strotzte nur so vor weihnachtlichem Frohsinn und war mit einer Wagenladung Gästen vollgepackt, die sich schon darauf eingestimmt hatten. In Begleitung meiner Freundinnen war ich zu so ziemlich allem fähig - ich konnte sogar in

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