Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich
entgegne ich. „Die Zwei in die Seitentasche, nimm deine Hand weg, Matt.“ Klick, klack, bonk. Die Kugel versinkt wie angesagt.
„Auf jeden Fall ist es gut für Dylan.“ Mark lächelt und nickt mir verlegen zu. „Danke.“
„Gern geschehen.“
„Könntet ihr euch mit dem Gewinnen bitte beeilen“, sagt Lucky. „Meine Frau sieht mich schon so sehnsüchtig an.“
Ich versenke die Vierzehn, verfehle jedoch die Zehn. „Ihr seid dran.“ Lautes Gelächter ertönt aus der ungefähren Richtung, in der Super-Hayden sitzt, aber ich sehe nicht hin.
Lucky sagt seinen Stoß an, trifft aber nicht, und Matt mault, dass er mit dem schlechtesten Spieler unserer Familie zusammenspielen muss. Dad und Ryan unterhalten sich und lachen hin und wieder. Schön. Mein Freund und mein Vater verstehen sich. Gut. Toll sogar.
Mark versenkt die Achter-Kugel. „Her mit dem Geld“, befiehlt er Matt und Lucky, die ihre Scheine herüberreichen.
Dann sieht Lucky sich kurz um und verzieht das Gesicht. „U-oh, seht mal.“
Mein Vater sitzt da wie ein Labrador, der eine Witterung aufgenommen hat. Ryan sieht in die Richtung, in die Dad blickt, und wir tun es ihm gleich.
Oh weh! Durch die Glastüren, die das Lokal in zwei Bereiche trennen, beobachten wir, wie Mom und Harry gerade im Restaurant Platz nehmen. Das Gesicht meines Vaters siehtaus wie drei Tage Regenwetter mit Sturm. Ich merke, wie mir das Herz bis zum Hals klopft.
Jack geht zu Dad und legt eine Hand auf sei nen Arm. „Das wird ja immer schöner“, bellt mein Vater. Ein paar Gäste verstummen. Mark und Lucky gehen ebenfalls langsam zu ihm hinüber. Ich weiß, sie werden nicht zulassen, dass Dad einen Streit anfängt, aber sie wollen ihn auch nicht durch allzu autoritäres Eingreifen in Verlegenheit bringen.
„Haltet euch da raus, Jungs“, sagt mein Vater. Er geht zur Glastür, bleibt stehen und starrt auf seine Frau und ihren Freund.
„Was ist hier los?“ Ryan kommt zu mir, legt einen Arm um meine Schultern und gibt mir einen Kuss.
„Jetzt nicht, Ryan“, sage ich und löse mich von ihm. „Meine Eltern …“
Mom sieht Dad jetzt an, weder herausfordernd noch verärgert oder selbstgerecht. Sie sieht ihn durch die Tür hindurch einfach nur an. Harry studiert die Weinkarte, blickt auf und sieht Dad ebenfalls. Er zögert, sagt etwas zu meiner Mutter, und sie wendet den Blick ab.
In diesem Moment scheint in meinem Vater die Wut hochzukochen. Er will vorstürmen, doch Jack hält ihn zurück. Dad sieht seinen ältesten Sohn böse an.
„Nimm deine Hände weg, John“, schnaubt er und gibt Jack einen Schubs.
Ich bekomme Panik. Oh Gott, wenn Dad hier eine Szene macht, wäre das furchtbar!
Dann ist Trevor bei ihm – Trevor, der stets zu Dad aufgesehen und sich in den letzten Monaten viel um ihn gekümmert hat. Er tritt zwischen Jack und meinen Vater und spricht mit leiser Stimme auf ihn ein. Dad presst die Kiefer aufeinander und sieht zwischen Trevor und Jack hin und her. Dann blickt er zu Boden, und der schreckliche Moment ist vorbei. Trevor nickt, drückt kurz Dads Schulter, und Dad geht zurückin unsere Sitznische, setzt sich aber nicht.
„Dad?“ Meine Stimme zittert ein wenig.
„Nicht jetzt, Chastity“, sagt er, ohne mich anzusehen.
„Chastity, möchtest du etwas trinken?“, fragt Ryan. Da er die ganze Zeit mit dem Rücken zum Restaurantteil gestanden hat, hat er die Szene verpasst. Ich ignoriere ihn.
Mein Vater steuert kurz entschlossen die Ausgangstür an. „Dad?“, sage ich noch einmal.
Endlich dreht er sich zu mir um. Mein zeitlos junger Vater wirkt plötzlich alt, und sein Blick geht ins Leere. „Daddy, ist alles in Ordnung?“, frage ich, während mir Tränen in die Augen steigen.
„Ja, alles in Ordnung“, antwortet er. „Ich muss nur eine Weile allein sein.“ Damit verlässt er das Lokal.
29. KAPITEL
M eine schlechte Stimmung dauert am Sonntagmorgen noch an. Ich kann das Gefühl nicht abschütteln, das ich hatte, als ich den leeren Blick meines Vaters sah. Ich rufe Mom an, und auch sie ist ziemlich mitgenommen.
„Ich tue das nicht extra, um ihm eins auszuwischen“, sagt sie ruhig. „Harry ist ein guter Mann, Chastity. Ich mag ihn sehr, wir passen gut zusammen. Und ich bin einfach …“ Sie seufzt, und ich höre die jahrelange Ermüdung heraus. „Ich bin nur einfach mit meiner Geduld am Ende, was deinen Vater betrifft. Ich komme mir vor wie das Radiergummi am Ende eines Bleistifts, abradiert bis auf den Stumpf durch jahrelang
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