Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich

ich mich wahrscheinlich auf ihn werfen. „Ich heiße Ryan Darling und habe den vierten Dan in Kempo Karate. Außerdem bin ich Unfallchirurg“ – großer Gott! – „und habe viele Verletzungen, die Frauen bei Angriffen erleiden, leider schon mit eigenen Augen gesehen.“
    Neben mir schnalzt meine Mutter mit der Zunge. Ich beachte sie nicht weiter, da ich zu sehr von Ryan gebannt bin, um etwas anderes zu tun als meinen Mund zuzuklappen undzu schlucken. Sieh mich an , sende ich ihm eine stumme Botschaft. Er reagiert nicht, sondern erzählt weiter. Ich sollte besser zuhören, da ich einen Artikel über ihn schreiben will, aber mein Gehör scheint durch meine Aufregung beeinträchtigt. Egal. Aus Erfahrung weiß ich, dass ich mich später an seine Worte erinnern werde … alter Journalistentrick. Er bewegt sich mit katzenartiger Anmut und tigert vor den Teilnehmerinnen hin und her, während er über die Notwendigkeit von Verteidigungsmaßnahmen referiert.
    Dann klatscht Ryan in die Hände und erlöst mich so aus meiner Trance. „Also gut, fangen wir an. Jede sucht sich eine Partnerin. Wir beginnen mit ein paar Grundhaltungen sowie Abwehr- und Angriffsübungen.“
    Abwehr und Angriff sind mir seit meiner ersten Lebenswoche vertraut. Wir bilden Reihen und ahmen die Bewegungen unseres göttlich gebauten Lehrers nach. Sofort ist ersichtlich, dass ich die mit Abstand beste Schülerin hier bin. Ja, denke ich stolz, während ich freundlich die Fußstellung der Frau links von mir korrigiere, ich bin ein Naturtalent, wenn es um die Abwehr von Männern geht. Vielleicht erklärt das so manches Detail meiner Beziehungsbiographie, aber so ist es nun mal. Ich helfe Angela, die Faust richtig zu ballen –ihre Finger waren nur locker gekrümmt und der Daumen abgespreizt –, und zeige ihr eine kraftvolle Abwehr.
    Ich bin vielleicht nicht die Hübscheste im Saal und auch nicht die Zierlichste oder die mit dem süßesten Arsch in Designersporthose, aber ich kann beachtlich gut kämpfen. Ryan steht am hinteren Ende der Halle und hilft dort meiner Mutter und anderen Frauen bei den Übungen. Ich höre seine Stimme. „So ist es richtig, Betty. Toll! Die Beine etwas weiter spreizen.“ Oh Gott, würde er das zu mir sagen, würde ich ihn sofort zu Boden werfen und vernaschen, egal, wer daneben steht! In mir kribbelt es wieder vor Lust.
    Wir besprechen die besten Angriffspunkte, und entsetztmuss ich hören, dass manche Frauen ihren Angreifern nur wild auf Brust und Schultern trommeln, anstatt auf die empfindlichen Punkte Schritt oder Kehlkopf zu zielen. Angela hält mir ein Schlagpolster hin, damit ich den Hammerschlag üben kann. Also, bitte … Schon mit acht Jahren wäre ich die beste in diesem Kurs gewesen! Trotzdem übe ich brav, wie Ryan es gezeigt hat, und treffe das Polster mit weitaus mehr Wucht, als irgendeine andere Kursteilnehmerin zustande bringt, sodass Angela zurückstolpert. Bestimmt wird Dr. Ryan Darling, Schwarzgurtträger und Chirurg, meine beeindruckende Taktik beim Bearbeiten eines Schlagpolsters bald bemerken.
    Unglücklicherweise funktioniert meine Strategie nicht. Ryan beachtet nur diejenigen, die sich schwertun, und gleitet durch die Reihen, um hier eine Faust zu korrigieren oder dort einen Block zu demonstrieren. Da ich so effizient kämpfe, beachtet er mich nicht weiter.
    „Okay“, sagt Ryan etwa eine halbe Stunde später. Einige der armen Lämmchen, einschließlich Angela, schwitzen zum Gotterbarmen. „Ihr seid ein toller Kurs, deshalb glaube ich, dass wir nun zu etwas Schwierigerem übergehen können. Brittany, würdest du mir eben helfen?“ Brittany, die aussieht wie ungefähr neunzehn, schlängelt sich nach vorn. Ihr langes, glattes Blondhaar fällt perfekt über ihre Schultern, und ihr Lipgloss glänzt wie ein Ölteppich. Sie offenbart ihre Blödheit durch verlegenes, albernes Gekicher.
    „Prima. Danke“, sagt Ryan. „Die nächste Übung ist dann nützlich, wenn ein Angreifer auf Sie zurennt. Sie packen seinen Arm, ziehen ihn zu sich heran und nach unten und nutzen seine eigene Bewegungsenergie, um ihn zu Fall zu bringen.“ Er demonstriert die Übung in Zeitlupe. „Packen … ziehen … runter … und werfen. Sehen Sie, wie leicht es ist?“ Dann packt er Brittanys Arm und wiederholt das Ganze, wobei er sie natürlich nicht zu Boden wirft. Ihr Gesicht glüht, und sie klammert sich an Ryans Hand, als würde er sie aus einerGrube voll glühender Lava ziehen. „Packen … ziehen … werfen. Okay,