Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich
zustimme.
Nach Feierabend eile ich nach Hause, um vor dem Selbstverteidigungskurs noch einen Happen zu essen. Ich beiße in den kalten Pizzarest vom Vorabend und überprüfe mein Postfach bei der Internet-Partnerbörse. Meine Mutter hat schon neunundfünfzig Zuschriften bekommen. Neunundfünfzig! Und ich nur die von Matt.
Oh, da ist etwas! Ich lege die Pizza beiseite und klicke die Mail an. Liebe GirlNextDoor, ich frag mich, ob wir uns mal treffn könntn. Hab dein Profil gesehn und fand dich echt süß. Ich ignoriere mal die seltsame Orthographie und klicke sein Profil an. Hm, hört sich erst mal gut an. Was er gern mag: Baseball, Inliner, Essen gehen. So weit, so gut. Die drei wichtigsten Dinge in seinem Leben: meine Katze, meine Mutter, die Red Sox.
Tut mir leid, Kumpel. Ich schätze, ich könnte einen Boston-Fan gerade noch tolerieren (solange die Red Sox sich bereit erklärten, die Yankees nie wieder zu schlagen), aber in Kombination mit der Katze und der Mutter … Nein, danke!
Ich greife nach meiner Pizza … aber die ist verschwunden. Buttercup, die neben meinem Schreibtisch liegt, stellt sich schlafend. Sie stößt leise auf. „Schäm dich“, sage ich und streiche ihr mit meinem nackten Fuß über den Kopf. Ihr Schwanz klopft auf den Boden.
Eine Stunde später treffe ich Angela, die eingewilligt hat, mich zu dem Kurs zu begleiten. Elaina konnte nicht – sie erkl ärte, mein Neffe habe ihr den letzten Nerv geraubt und die einzige Gesellschaft, die sie heute Abend ertragen könne, sei die von Vincent Gallo, aber das nicht in persona, sondern in Form seines Weines. Dem Kursleiter habe ich eine Nachricht hinterlassen, dass ich für die Gazette über ihn schreiben und ihn nach dem Kurs noch gern interviewen würde.
„Hallo, Schätzchen!“
„Mom, was tust du denn hier?“
„Dein Vater hat mich hergeschickt“, erklärt sie. „Er meinte, wenn ich schon mit irgendwelchen perversen Dreckskerlen ausgehe, soll ich wenigstens wissen, wie ich mich wehren kann. Hallo, ich bin Chastitys Mutter Betty.“
„Hallo“, sagt Angela freundlich.
„Dad hat dich hergeschickt?“, frage ich ungläubig nach, während ich meinen Binghamptoner Ruder-Pulli ausziehe und ein weiteres T-Shirt meiner Herr der Ringe -Kollektion enthülle: „Elb gesucht – muss nicht Bogenschießen können, aber in Lederhose unbedingt gut aussehen“.
„Na ja, wenn mir tatsächlich etwas passiert – wer kocht ihm dann sein Essen?“
„Es sind nicht deine Kochkünste, die er beschützen will, Mom.“
„Chastitys Vater und ich sind geschieden, Angela“, erkl ärt meine Mutter. „Er ist sehr verbittert. Ach, Chastity … Ich habe mich neulich mit einem Mann namens Harry getroffen, das war sehr nett. Vielleicht wird es was Ernstes.“
Angela wirft mir einen skeptischen Blick zu und widmet sich ihren Schuhbändern.
„Das ist ja toll, Mom“, heuchle ich Begeisterung.
Die Gymnastikhalle des CVJM ist voller junger Frauen, die, wie ich erstaunt feststelle, alle sehr gut aussehen. Neben all den hypermodernen Sport-Kombis komme ich mirin meinen alten Sportklamotten etwas abgetakelt vor. Auch fehlt es hier nicht an Lipgloss und Lidschatten.
Die Tür geht auf, der Kursleiter tritt ein, und mir fällt fast die Kinnlade herunter.
Er ist es … Mr. New York Times!
Seine Anwesenheit vertreibt jeden klaren Gedanken aus meinem Hirn. Er ist hier! Mr. New York Times ist hier! Der Mann, den ich seit Wochen treffen will, leitet diesen Kurs!
Verschwommen registriere ich, wie von allen Frauen ein tiefes, schwärmerisches Seufzen ausgeht, das ihm fast die Haare flattern lässt. Und was für Haare! Dunkelblond und lang genug, dass die Enden sich leicht wellen – gerade so viel, um ihn locker und lässig erscheinen zu lassen, ohne ungepflegt zu wirken. Er trägt einen schwarzen Karateanzug, der auf der Brust ein V von goldbrauner, glänzender Haut enthüllt, und meine Hand beginnt zu zucken und – will – diese Haut – berühren.
„Wow“, flüstert Angela. Auch ihre Wangen haben sich ger ötet.
„Du meine Güte!“, hauche ich.
„Guten Abend, meine Damen“, sagt er lächelnd, und ich spüre meine Beine nicht mehr. Er fährt mit der Hand an seinen schwarzen Gürtel, und für den Bruchteil einer Sekunde denke ich, dass er ihn lösen und sein Oberteil abstreifen wird – Ja! Bitte, bitte, ja! –, und ein lustvolles Kribbeln durchfährt meinen Körper. Aber nein, natürlich zieht er seinen Gürtel nur straffer. Auch gut, denn sonst würde
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