Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich
dir, George?“, frage ich nach.
„Äh … also … nein. Tut mir leid, Chas. Ich muss auch los. Bin schon den ganzen Tag hier.“ Er klopft mir auf die Schulter und macht sich davon.
Ich seufze. Ich wusste, dass es so laufen würde. Feuerwehrleute sind ein bescheidenes Völkchen. Sie lieben ihre Arbeit, reden unermüdlich mit ihren Kollegen darüber, aber wenn es um öffentliche Anerkennung geht, ziehen sie sich zurück und überlassen anderen den Vortritt.
„Tut mir leid, Schätzchen“, meint mein Dad.
In diesem Moment erscheint Trevor in der Fahrzeughalle. „Trevor!“, brüllt mein Vater. „Ha, jetzt hat’s dich erwischt! Komm her.“
„Hallo, Chastity“, sagt er. Er riecht immer noch nach Rauch, und mein Magen zieht sich zusammen bei dem Gedanken, dass er in einem brennenden Gebäude war.
„Hattest du Dienst?“, erkundige ich mich.
„Ja, als Vertretung für Dave. Mark hat eine tolle Nummer gebracht, wie?“ Er grinst, und ich blicke schnell zur Seite.
„Chastity muss jemanden für ihre Zeitung interviewen,und keiner will es machen. Wie steht’s mit dir?“
Trevor sieht mich ebenso gequält an wie mein Vater vorhin.
„Bitte, Trev“, sage ich. „Mei ne Che fin wird mir nicht glauben, dass keiner mit mir sprechen wollte, und mich höchstwahrscheinlich feuern.“ Das stimmt natürlich nicht. „Daran willst du doch nicht schuld sein, oder?“
„Na schön.“ Er seufzt. „Wo sollen wir hingehen?“
„Irgendwohin, wo es ruhig ist.“
„Nach draußen? Es ist so ein schöner Tag.“
Wir gehen hinter die Wache, wo ein paar Plastikstühle um einen Gartentisch stehen. Der Himmel ist leuchtend blau mit milchfarbenen Kumuluswolken, die sich übereinanderschieben. Vögel zwitschern, und die Berge leuchten grün in der Ferne. Selbst mit dem Parkplatz daneben ist es eine herrliche Aussicht.
Trevor setzt sich und verschränkt die Arme über der Brust – Körpersprache für „Ich will nicht reden“.
„Ich bin dir wirklich sehr dankbar“, sage ich und nehme meinen Notizblock. „Das wird ganz locker, okay?“
„Wenn es ganz kurz wird, wäre es mir lieber.“ Er lächelt, um den Worten ihre Schärfe zu nehmen.
„Also, Trevor. Wolltest du schon immer Feuerwehrmann werden?“
Sein Blick wird ernst, und er sieht mich eindringlich an. „Habe ich einen Fleck oder so was?“, will ich wissen. „Was ist los, Chas?“
„Nichts“, protestiere ich. „Ich … Mir geht’s gut. Warum?“
„Du siehst so … Irgendetwas ist passiert, oder?“, fragt er ruhig und lehnt sich vor.
Ich atme tief ein, halte die Luft an und atme wieder aus. „Sag bitte nichts meinem Vater.“
„Verdammt. Hat es mit diesem Arzt zu tun?“
„Nein! Nein, mit Ryan ist alles in Ordnung. Ich …“ Ich seufze. „Erinnerst du dich, dass ich von meinem Ärger bei der Arbeit erzählt habe? Dass jemand meine Sachen durcheinanderbringt?“ Er nickt. „Tja, heute hat mir jemand eine böse E-Mail geschickt.“
„Wer?“
„Ich weiß es nicht. Der Absender zeigt meinen eigenen Namen.“
„Was stand drin?“
Ich meide den Blick seiner dunklen, warmen Augen. „Ach, nichts allzu Beängstigendes. Dass ich eine … äh … Schlampe bin. Und hässlich. Er hat mich ‚Hulk‘ genannt. Wie Hulk Hogan, wahrscheinlich, oder wie der ‚Unglaubliche Hulk‘. Egal, es war jedenfalls nicht sehr schmeichelhaft.“
Als er meine Hand nimmt, kommen mir die Tränen. Seine Hand ist so warm und sanft und rau, und ich fühle mich ganz geborgen. Beschämt reibe ich mir mit der freien Hand über die Augen.
„Gehst du zur Polizei?“
„Ja, vielleicht.“
„Das musst du. Und ich komme mit dir.“
„Nein, bitte nicht. Ich …“
„Ich komme mit, Chas.“ Er drückt meine Hand und lässt sie dann los. Eine Weile weiß meine Hand gar nicht, was sie tun soll, als wäre sie überflüssig. „Die E-Mail hast du gespeichert, oder?“
„Ja.“
„Gut gemacht.“
Ich schlucke schwer und sehe dann auf meinen Block. „Trotzdem muss ich jetzt noch dieses Interview führen, okay? Wenn es dir also nichts ausmacht …“
„Na klar. Schieß los.“
Wir befinden uns wieder in unserem üblichen, seltsamen„Etwas mehr als gute Freunde“-Modus. „Also gut, Trevor. Warum bist du Feuerwehrmann geworden?“
„Um zu sein wie dein Vater“, kommt prompt die Antwort.
Ich muss schmunzeln, obwohl ich die Antwort kannte. „Und liebst du deinen Beruf?“
„Ja. War’s das?“ Er grinst.
Ich lache. „Diese Fragen sind dazu da, um dich
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