Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)
versucht ein Lächeln zustande zu bringen und wünscht uns spitz „einen schönen Nachmittag.“
Jetzt schnell raus aus den heiligen Hallen und zuhause dreimal das Vater-Unser und sechs Gegrüßet-Seist-Du-Maria für meine sündige Tochter beten.
„Ach, Frau Heiermann?“, ruft die alte Wachtel uns noch hinterher.
„Ja?“
„Frau Krohmayer kann morgen die Kinderhandtücher nicht zum Waschen mitnehmen. Ihre Waschmaschine ist kaputt. Sie könnten nicht vieleicht…?“
„Aber natürlich. Kein Problem“, heuchele ich. Hat sie mich doch wieder erwischt. Dafür fallen die Gebete weg.
Vor unserer Haustür treibt sich die dicke Fra u mit dem fettigen, ungepflegten Haar und ihrer Mischlingstöle rum. Der kleine Filz auf vier Beinen schnüffelt an meinen Rosen.
„Mama, was ist?“, fragt Sara von hinten, weil ich keinerlei Anstalten mache aus dem Auto auszusteigen.
„Ich muss an der Tankanzeige was prüfen“, lüge ich. Seit Monaten observiere ich die beiden. Sie gehören zu den Hauptverdächtigen unter den Vorgarten-Verunreinigern. Schon oft habe ich sie um unser Haus herumschleichen gesehen, konnte sie aber bisher nie auf frischer Tat erwischen. Fetthaar wirft einen Blick aus ihren wässrigen Augen zu unserem Auto. Sie fühlt sich beobachtet, es macht keinen Sinn weiter zu warten. Sara rennt gleich auf das hässliche, haarige Biest zu und kniet sich verzückt zu ihm auf dem Boden.
„Oh wie süß, wie niedlich! Guck mal Mama.“
Lena weicht erschrocken zurück, als der Hund auch an ihren Beinen hochspringt und seine dreckigen Pfoten an ihrer rosa Jeans abputzt.
„Ei, der tut nichts“, versichert Fetthaar. „Kannst den Benny ruhig streichen. Gell, Bennilein, du magst Kinder?!“
„Haben sie ein Hundekackentütchen dabei? Sie sehen ja nicht gerade so aus, als würden sie sich gerne bücken“, denke ich. „Ach, sie hat Angst vor Hunden“, sage ich stattdessen laut und frage mich, ob mein Super-Oxi die Flecken aus der hellen Hose schafft.
„Im Lebensmittelladen kann man die Obstbeutel einfach mitgehen lassen. Nehmen sie die doch.“
Mit etwas Glück, würden die hauchdünnen Tütchen bei der Dicken durchreißen und sie hätte auch mal Scheiße an den Fingern kleben. Wie oft ich Hundeausscheidungen aus meinem Vorgarten entfernt, aus Kinderwagen- und Laufräderprofilen gekratzt und Schuhe stundenlang angeekelt geschrubbt habe, kann ich gar nicht mehr zählen. Aber das scheint Fetthaar und die ganzen anderen Frauchen und Herrchen nicht zu interessieren, wenn sie ihre unhygienischen Köter durch die Gegend scheißen lassen.
Kaum im Haus lasse ich Sara die Hände feuerrot schrubben und ziehe Lena die Hose aus.
„Mama, das reicht jetzt.“
„Dann fass gefälligst nicht jeden Hund an. Der hatte bestimmt Flöhe und gestunken hat er auch. Das ist unhygienisch.“
„Gar nicht. Der war so süß. Ich will auch einen Hund.“
„Wir haben Katzen.“
„Dann geben wir die eben ab. Clouseau stinkt nämlich auch.“
„Clouseau und Mickey gab es schon, bevor du auf der Welt warst. Sie haben Vorrechte.“
„Aber mit Clouseau kann man nichts anfangen. Der liegt immer nur blöd rum.“
Wenn jemand über Clouseau oder Mickey herzieht, bin ich beleidigt. Das darf niemand, nicht mal die Kinder. Sicher, Clouseaus Verfallsdatum ist langsam abgelaufen, er müffelt in letzter Zeit stark aus dem Mund. Der Tierarzt meint, er könnte ihm keine Zähne mehr ziehen, ohne einen Kieferbruch zu riskieren. Ja, es gibt Zeiten, da verwünsche ich Clouseau und Mickey genauso wie es meine Kin der es gerade tun. Zum Beispiel wenn ich morgens auf nüchternen Magen Katzenkotze von der Treppe wischen muss. Oder wenn einer der beiden mal wieder mit seinen dreckigen Pfoten auf meinem Sofa rumgelatscht ist. Oder wenn sich im ganzen Haus Katzenhaare wiederfinden, vornehmlich auf frisch gebügelter Wäsche. Oder wenn Mickey gegen Körbe und Taschen pinkelt, weil er merkt, dass wir in den Urlaub fahren. Seine sensible Katzenseele leidet, wenn man ihn alleine lässt.
Im Sommer musste ich in geheimer Mission im Spielkeller die Koffer für Holland packen. Ich ließ die Katzen in den Garten und tat, als wäre nichts. Sobald die zwei buschigen Schwänze um die Ecke gebogen waren, holte ich blitzschnell die Koffer und packte unseren Kram. Die Kellertür hielt ich bis zu unserer Abfahrt verschlossen. Bernd trug die Koffer heimlich ins Auto, ich lenkte derweil die Katzen ab. Bei der Abfahrt taten wir alle so, als
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