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Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Titel: Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Hesse
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Nicken.
    „Die könntest du doch wegspritzen lassen.“
    Also doch, der Rest meiner Umwelt hat meine Kerben längst entdeckt und wollte mir nicht wehtun.
    „Ich weiß nicht. Das kostet doch sicher ein Vermögen.“
    „Ach was, so ein bisschen Hyaluronsäure kostet nicht die Welt. Du musst ja nicht direkt zu Botox greifen. Hast du dich nicht letztens noch wegen eines Fruchtsäurepeelings umgehört, um deine Pigmentflecken zu bearbeiten?“
    „Ach, ich hab da inzwischen eine ganze gute Creme gefunden.“
    Als Bernd gestern zufällig den Kassenbon von meiner sündhaft teuren Creme mit Whitening Effekt und der Profi Camouflage gefunden hat, ist er fast vorne übergekippt.
    „Das ist die einzig wirksame Creme gegen meine Pigmentflecken“, ging ich in die Defensive.
     
    Vorbei die Zeit der schönen, gesundaussehenden Bräune, die ich vor fünfzehn Jahren noch stolz zur Schau trug. Das, was früher noch so süß Sommersprossen genannt wurden, waren nun ausgewachsene Melasmen. Ohne Make up gleicht mein Teint dem Fell eines Leoparden. Die ungleichmäßigen, dunklen Flecken sind die Strafe für mein Dauerabo beim Sunparadies in den 90ern und dem jahrzehntelangem Hormoneinwurf. Aber mit einer Fruchtsäurepeeling Behandlung, die locker 500 Euro verschlingen würde, brauche ich Bernd erst gar nicht kommen. Er würde mir höchstpersönlich eine Zitrone in die Hand drücken und vorschlagen, es erst mal damit zu versuchen.
    „Nach so einer Behandlung sieht man aus wie ein gepellter Hummer. Da kann ich sicher eine Woche nicht unter die Leute gehen. Wer soll die Kinder zum Kindergarten bringen?“
    „Kann Bernd doch mal machen. Wünsch es dir zum Geburtstag. Da kann er schlecht Nein sagen.“
     
    Schlecht ist das richtige Stichwort: „Das ist aber schlecht“, wird er sagen und „ausgerechnet.“
    „Das ist aber schlecht“, kommt, wenn ich ihn bitte, Sara morgens ausnahmsweise mal zum Kindergarten zu bringen, weil ich Lena nicht alleine krank zuhause lassen kann.
    „Das ist aber schlecht, heute habe ich einen wichtigen Termin“ oder „wenn du es früher gesagt hättest, hätte ich den Termin verschieben können, aber jetzt? Das ist aber wirklich schlecht.“
    Natürlich ist es rücksichtlos von den Kindern, dass sie ihre grippalen Infekte nicht mindestens drei Tage vorher ankündigen. Aber im Grunde würde das auch nichts nützen, denn es ist auch schlecht , wenn ich mit vier Tagen Vorlauf meinen Augenarzttermin ankündige, den ich mir als Kassenpatientin sowieso hart erkämpfen musste.
    „Um 17 Uhr? Das ist aber schlecht, ausgerechnet diese Woche muss der Abschlussbericht für meinen Kunden fertig sein“, war sein Kommentar. Mir stiegen Wuttränen in die geschwollenen, roten Augen und ich zischte böse. „Bitte, dann muss ich meine Mutter eben bitten, dass sie ihre Kaffeefahrt ins Erzgebirge ausfallen lässt oder ich laufe noch die nächsten zwei Wochen mit beidseitiger Bindehautentzündung rum.“
    Oft ist es aber auch schlecht, wenn er auf dem Rückweg vom Büro noch schnell beim Bäcker Brot mitbringen oder wenn er mit mir am Wochenende den Keller entrümpeln soll.
     
    Eigentlich wäre so ein Fruchtsäurepeeling eine gute Alternative zu Parfüm, Salatschüssel oder Lampen. Ich besitze inzwischen vier Lavalampen. Die erste schenkte Bernd vor ein paar Jahren, als die Dinger gerade total in waren. Ich war ganz aus dem Häuschen und gönnte der Lampe einen Ehrenplatz auf der Wohnzimmerkommode. Der Zwilling, den er mir ein Jahr später zum Hochzeitstag schenkte, kam auf die andere Kommodenseite. Nummer Drei und Vier stießen im Laufe der Jahre dazu und schmücken den Schuhschrank im Keller.
     
    Letztes Jahr nahm Bernds Einfallsreichtum dann ganz neue Dimensionen an. Ein paar Tage vor meinem Geburtstag glitt mir beim Spülen die Salatschüssel unseres Villeroy und Boch Geschirr aus der Hand und zersprang in tausend Teile. Insgeheim war ich froh. Nach fast einem Jahrzehnt hatte ich mich an dem bunten Muster sattgesehen. Man kann sich bei maximal einem kaputten Geschirrteil pro Jahr ausrechnen, wie lange es dauern wird, bis sich der Kauf eines neuen Service endlich lohnt. Um den Bruchumschlag zu erhöhen, serviere ich meinen Kindern ihr Mittagessen stets auf 22 Euro-Tellern und liebäugele schon seit geraumer Zeit mit einem schlichten, beigen Service mit Namen „Läker“.
     
    An meinem 39. Geburtstag stellte Bernd mir feierlich ein riesiges Pakete auf dem Küchentisch, unverkennbar in Kaufhof Geschenkpapier

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