Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)
Bock.“
„Sina. Was soll das Theater.“ Petra wurde ganz rot im Gesicht.
„Das könntest du wirklich tun. Es ist doch Heiliger Abend“, mischte sich mein Schwiegervater ein. „Du bist doch so musikalisch, Sinchen.“
„Ich will jetzt aber nicht“, bekräftigte Sina erneut. „Und nenn mich nicht Sinchen.“
„Spiel doch bitte nur das eine Lied.“
Als dann alle auf sie einredeten und bedrängten, brach sie schließlich in Tränen aus. Ich war die einzige, die Partei für sie ergriff. Ich fand, es grenzte an seelischer Grausamkeit eine Dreizehnjährige derart vorzuführen und ihr auch noch einen Kosenamen zu geben, der sich nach Obst anhörte. Sina hasst ihren Cousin.
Johannes lässt auf der Suche nach weiteren technischen Neuheiten seinen Blick über unsere Wohnküche gleiten.
Um ihn behilflich zu sein, sage ich, „ich habe letzte Woche einen neuen Ceranfeldschaber gekauft. Was ganz Neues, Edelstahlklinge, rostfrei, mit Fach für die Ersatzklingen. 24,95 Euro.“
„Ach ja? Sehr schön“, spöttelt er.
„Was? Du hast 24,95 Euro für einen Ceranfeldschaber ausgegeben?“, wettert Bernd sofort.
„War im Angebot. Der rostet mir wenigstens nicht weg. Claudia schwört auf das Ding.“
„Bernd. Hast du schon meine neue App gesehen?“, unterbricht Johannes.
Schnell sind die Männer mit technischem Spielzeug beschäftigt und ich erzähle meiner Mutter davon, dass ich nach Weihnachten zwei Tage zum Wellnessurlaub ausbrechen werde.
„Nur zwei Nächte, zum Erholen. Ich war ja noch nie alleine weg ohne die Kinder.“
„Mach das Kind, das wird dir gut tun.“
Meine Schwiegermutter schaut mich pikiert an. „Ich wäre nie auf die Idee gekommen ohne meine Kinder wegzufahren. Weihnachten ist doch ein Familienfest.“
„Weihnachten ist dann ja auch schon vorbei. Ich fahre nach den Feiertagen und bin am Dreißigsten zurück. Das ist schon ganz lange geplant.“
Was gibt Miss Ellie nun wieder ungefragt ihren Senf dazu? Und warum verteidige ich mich überhaupt?
„Ein bisschen Kurzurlaub sei mir doch auch mal gegönnt.“
„Ja, Urlaub ist wichtig. Auch für Bernd. Mein Sohn arbeitet schließlich sehr hart. Warum fahrt ihr nicht gemeinsam weg?“, will Miss Ellie wissen und Bernd nickt zustimmend.
Ich versuche die Diskussion zu beenden: „Ist ja auch egal. Das müssen wir ja nicht jetzt diskutieren“, funkele ich Bernd warnend an.
„Wieso nicht? Ich finde schon, dass wir das diskutieren können“, blubbert Bernd einfach weiter.
„Weil ich jetzt nicht diskutieren will!“, schnauze ich.
„Also, bei uns wurde früher immer alles gemeinsam besprochen.“ Miss Ellie lässt nicht locker. „Bernd arbeitet so hart für dich und die Kinder. Da hat er doch auch ein Recht auf Urlaub.“
Meine Geduld ist langsam am Ende. „Ich fi nde, das geht dich einen Scheißdreck an“, sage ich eiskalt.
Miss Ellie schnappt nach Luft und Heinrich donnert, „was sind das denn für Ausdrücke in diesem Haus?!“
„Entschuldige bitte, ich vergaß eure erlesene Herkunft.“
„Heidi“, murmelt meine Mutter bestürzt und wendet sich dann an meine Schwiegereltern. „Sie meint es nicht so.“
„Doch, genau so, meine ich es“, schreie ich.
„Jetzt wirst du auch noch laut.“ Meine Schwiegermutter lässt ihre Gabel fallen. „Das müssen wir uns nicht bieten lassen.“
Damit habe ich wieder einmal einen Familieneklat in Gang gesetzt, der sich nicht aufhalten lässt. Miss Ellie ist tödlich beleidigt und will auf der Stelle unser Haus verlassen. Heinrich versucht sie zu beruhigen, murmelt jedoch zwischendurch immer wieder „unmöglich, unmöglich, unmöglich“. Petra versucht den Frieden wiederherzustellen und stimmt das Geburtstagslied für Sara an. „ Heute kann es regnen stürmen oder schneien“ , geht jedoch in der allgemeinen miesen Stimmung unter.
Als Bernd dann meint. „Jetzt ist gut. Es ist ja schließlich Saras Geburtstag“, versuchen alle sich für eine Stunde zusammenzureißen. Ich beschäftige mich mit Abräumarbeiten um runterzukommen. Schließlich brechen alle Heiermanns auf. Es ist totenstill als sie weg sind. Man hört nur ein leises Scharren einer Gabel über den Porzellanteller.
„Du Heidi, der Kuchen ist wirklich saulecker. Kann ich noch einen Stück?“
Mein Bruder scheint von dem ganzen Streit nichts mitbekommen zu haben. In aller Seelen Ruhe schaufelt er sein drittes Stück Backmischungskuchen in sich hinein und meine Mutter erwähnt zum mindesten zehnten Male. „Da
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