Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)
Fernseh-Ewings abgedruckt sind. Offen lästern, ohne dass es auffällt, das gefällt mir.
Bernd verzieht das Gesicht, als er zwei Stunden später mit den Getränken zurück kommt.
„Was hast du denn da an? Wo hast du denn das ausgegraben?“
„Wieso? Ist ganz neu.“
„Manchmal bist du richtig kindisch.“
„Ich finde es lässig. Wo warst du überhaupt so lange? Du solltest nur zwei Kästen Wasser und Saft besorgen.“
„Ich musste noch was erledigen“, grinst er auch noch unverschämt. „Ich stehe dir doch sowieso nur im Weg.“
In Wirklichkeit will er mir aus dem Weg gehen, weil ich putze. Wenn ich dem Dreck zuleibe rücke, komme ich so richtig in Fahrt. Ich therapiere mich dann praktisch selbst, entledige mich des Frustes, der sich die ganze Woche über angestaut hat. Dann fluche ich wild durch die Gegend, während ich Fußleisten abschrubbe und die tausend Sachen vom Boden aufsammele, die man für mich netterweise einfach im Vorbeigehen fallen gelassen hat.
„Hast du den Kuchen selbst gemacht? Schmeckt gut“, schwärmt Petra ein paar Stunden später, als wir alle gemeinsam an unserem großen Esstisch Familienidylle heucheln.
„Ja, klar“, antwortete ich lapidar und versuche mit „will noch jemand Kaffee?“ abzulenken. Immerhin habe ich noch Kirschen aus dem Glas dazugegeben. Eine Variante die nicht mal auf der Packung stand. Ich finde, das geht als selbstgemacht durch.
„Wirklich sehr lecker“, bestätigt meine Mutter und erzählt von ihrer letzten Kaffefahrt. „Die Insel Mainau! Eine Rosenpracht! Die ganze Insel und der Bodensee, einfach wunderbar.“
Johannes beschäftigt sich derweil mit unserem neuen Kühlschrank.
„Ist der neu?“
„Ja“, antwortet Bernd stolz und steht auf. „Der alte war hinüber. Die Kinder haben ihn ständig aufgelassen und er hat sowieso viel zu viel verbraucht. Ganz günstig geschossen.“
„Schönes Design.“
„Energieklasse A++, verbraucht unter 350 Kilowatt pro Jahr. 540 Liter Nutzinhalt.“
„Edelstahlfront?“
„Jupp.“
„Antifingerprint?“
„Jupp.“
„Abtauautomatik?“
„Selbstverständlich.“
„Aber kein Ice Crusher.“
„Sowas brauchen wir nicht“, mische ich mich ein.
„Eingebauter elektronischer Thermostat?“
Bernd schüttelt den Kopf und Johannes grinst selbstzufrieden.
„Dann habt ihr ein Thermometer im Kühlschrank liegen?“
„Nein.“
„Aber woher weißt du, ob im Kühlschrank die richtige Temperatur herrscht?“
Bernd wird unruhig. „Keine Ahnung. Die Getränke sind immer kalt genug.“
„In unserem Kühlschrank kann ich an der eingebauten Digitalanzeige exakt ablesen, wie viel Grad meine Tomaten gerade haben.“
„Ich mach mir immer Eis in meinen Saft“, ruft Alexander-Paul dazwischen. „Das ist total cool. Alle meine Freunde finden das cool. Sara hat keinen Ice Crusher, Sara hat keinen Ice Crusher“, singt er dann.
Sara, die eigentlich nicht einmal weiß worum es geht, fühlt sich sofort von Alexander-Paul angestachelt.
„Du Blödkopf. Sei ruhig“, kreischt sie.
„Aber Sara“, maßregelt meine Schwiegermutter. „Nicht immer diese Ausdrücke.“
Ich verdrehe die Augen und drehe mich lieber weg, bevor wieder eine Grundsatzdiskussion über das schlechte Benehmen meiner Kinder aufkommt. Alexander-Paul und Sara verstehen sich nicht sonderlich gut, was nicht nur am Altersunterschied und dem unterschiedlichen Geschlecht liegt. Alexander-Paul ist ein einfach ein blöder, hochnäsiger Junge, dem eingeredet wird, er wäre etwas Besonderes, nur weil er ein bisschen auf dem Klavier rumklimpern kann.
„Wie schade, dass ihr kein Klavier habt“, seufzt meine Schwiegermutter nun zum wiederholten Mal. „Ich hätte so gerne Viel Glück und viel Segen von Alexander-Paul auf dem Klavier gehört.“
„Ja, sehr schade“, sage ich und bin froh, dass Petra nicht wieder Sinas Blockflöte mitgebracht hat.
Letztes Weihnachten gab es deswegen wieder einmal schlechte Stimmung.
„Alexander-Paul spielt nun für uns Oh du fröhliche “, verkündete Johannes feierlich. Meine Schwiegermutter klatschte begeistert in die Hände und ihr Gesicht nahm einen verklärten Blick an, als Johannes gehorchte und sich kerzengerade an Heinrichs alten Flügel setzte. Petra kramte die Blockflöte heraus und hielt sie Sina vor die Nase.
„Du kannst Alexander-Paul begleiten.“
„Nein, ich spiel nicht“, verweigerte Sina.
„Aber du kannst das Lied.“
„Aber ich habe keinen
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