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Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Titel: Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Hesse
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biegt. Mit holländischem Akzent weist er aufs Ziel, ruft laut „Und hier ist dein Tor Eins“. Der Spot richtet sich auf die Toilettentür. Eine gut beleuchtete, weiße, blitzsaubere, frisch desinfizierte Villaroy und Boch Porzellanschüssel mit weichen, 4-lagrigen Klopapier erscheint. Ich öffne die Augen, - immer noch nichts.
     
    So langsam werde ich sauer und gebe brummende Töne von mir, singe meiner Blase etwas vor. Man sollte Kameras installieren lassen, um zu kontrollieren, was die da alle hinter verschlossener Tür treiben. Eine Toilette dient ausschließlich hygienischen Zwecken und niemand sollte sie zum sms-schreiben, Nasepopeln oder Ausheulen benutzen. Mein Beckenboden gibt stundenlanges Einhalten einfach nicht mehr her,- Lena und Sara sei Dank. Später, wenn meine erwachsenen Kinder den alten, schrumpeligen Hintern ihrer Mutter in XXL Inkontinenz-Windeln packen müssen, werde ich sie daran erinnern, dass jeder hier auf Erden seine Schulden zu begleichen hat.
     
    Der Himmel hat ein Einsehen, ich bin endlich dran und hechte in die Kabine, reiße den Rock hoch, den Slip runter und erlöse meine Blase von ihren Qualen. Nicht eines Sekunde hätte ich es länger ausgehalten. Es plätschert laut. Ich gebe einen zufriedenen Seufzer von mir. Tropfen spritzen gegen meine Beine. Irritiert halte ich ein und werfe einen Blick hinter mich. Stumm vor Entsetzen starre ich auf den runter geklappten Klodeckel. Langsam rinnt mein Wasser die Toilette hinunter und bildet eine kleine Pfütze auf dem Boden. Das darf jetzt nicht wahr sein! Wieso ist der Klodeckel runter geklappt? Das hat die Vorgänger Kuh doch extra gemacht!
     
    Panisch greife ich zum Jumbospender mit dem Toilettenpapier. Nach zehn hektischen Umdrehungen finde ich endlich den Anfang der Rolle, rolle sie komplett ab und versuche die Sauerei zu beseitigen. Zum Glück, befindet sich in meiner Handtasche immer ein großer Vorrat an Taschentüchern, Kinderwischwaschlappen mit Fruchtduft und antibakteriellen Handreinigungsgel. Mit glühend heißem Kopf nehme den Wunsch nach installierten Kameras sofort zurück und putze, mit den wenigen Mitteln die mir zur Verfügung stehen, was das Zeug hält.
     
    Als ich fertig bin, erstrahlt die Toilette inklusive Boden im neuen Glanz, frisch desinfiziert und dezent nach Apfelduft und Desinfektionszeug riechend. Ich stopfe den Tücherhaufen noch ein letztes Mal tief in den überfüllten Hygieneeimer und versuche so relaxt wie möglich die Kabine zu verlassen. „Na endlich“, stöhnt jemand. Ich meide jeglichen Blickkontakt und wasche mir im Vorraum gründlich die Hände.
     
    „Hier riecht es aber komisch und Klopapier ist auch keins mehr da“, motzt die Stimme weiter und ich beeile mich in die anonyme Dunkelheit zu gelangen.
     
    Im Vorraum muss ich mich an Evchen mit einem hübschen Lockenkopf vorbei, die knutschend am Zigarettenautomat stehen.
    „Entschuldigung, darf ich mal durch.“
    Evchen löst verträumt die Schlauchbootlippen von ihm und rückt zwei Millimeter zur Seite. Linda steht schwankend an der Tanzfläche und drückt mir ein Bier in der Hand. Ich nehme einen großen Schluck auf den Schreck.
    „Wo warst du denn so lange?“
    „War so voll aufm Klo“, winke ich ab und werfe unauffällig einen Blick auf die Uhr - 23.30 Uhr. Ich setze mir 0.40 Uhr als Gehziel und versuche mit den Hüften wippend gute Partylaune zu simulieren, damit Linda mir morgen nicht wieder vorwirft, dass ich seit ich verheiratet bin einen Stock im Arsch habe. Früher habe ich doch auch jede Tanzfläche gerockt.
     
    Die Anfangstakte von „Time of my life“ erklingen. Linda kreischt auf, ext ihr Bier und zerrt mich entschlossen auf die Tanzfläche. Ich tue ihr den Gefallen und heuchele gute Laune. Kati tanzt mit der Untersetzten direkt neben uns, macht unser Territorium streitig. Linda drängelt sie mit dem Po ab und schafft uns etwas mehr Platz. Linda kann sowas. Wenn früher in der Jugenddisko Sunday Bloody Sunday aus den Lautsprechern dröhnte, ging man ihr besser aus dem Weg.
     
    Kati blitzt Linda böse an und flüstert Klaudi was ins Ohr. Dann zappeln sie weiter. Dabei wissen diese 85er Jahrgangsdinger wahrscheinlich nicht mal, wer Patrick Swayze überhaupt war. Dirty Dancing 1987, Linda und ich mit zarten Sechzehn im Kino. Wir haben Dirty Dancing später unzählige Male auf dem nagelneuen VHS Videorekorder von Lindas Eltern gesehen. Wenn die Zeit knapp war, ersparten wir uns den ersten Teil des Filmes und spulten die

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