Meine Freundin, der Guru und ich
dich setzt und irgendwie versucht, ein Gespräch anzufangen, damit er auch ein paar Züge abbekommt. Ranjs Chillum war jedoch so furchterregend, daß sie die Leute richtiggehend abschreckte. Ein Innenhof, in dem richtig was los war, konnte sich binnen kürzester Zeit fast vollständig leeren, sobald die Leute dieses seltsam scheeläugigen Inders ansichtig wurden, der an etwas saugte, das so aussah wie ein Industrie-Kühlturm, der einen schlechten Tag hatte. Der Rauch, den er produzierte, schien schwerer als die Luft zu sein, doch die meiste Zeit saß Ranj zufrieden in eine Rauchwolke gehüllt, rollte mit den Augen, schimpfte auf irgendwelche imaginären Familienmitglieder und kippte ab und zu mal weg.
Ich bin ja nun wirklich sehr für Drogenmißbrauch, aber in diesem Zustand war Ranj einfach keine angenehme Gesellschaft mehr. Er war überhaupt keine Gesellschaft mehr. Das Ergebnis war, daß ich den größten Teil meiner Zeit in Pushkar mit Wilbur Smith allein verbrachte.
Unterdessen war Jeremy von Fee und Caz aus dem königlichen Gefolge verstoßen worden. Es schien ihm aber nicht allzuviel auszumachen, im Gegenteil, ich glaubte fast so etwas wie Erleichterung darüber entdecken zu können, daß Liz ihn nun in Ruhe ließ. Jedesmal wenn ich ihn sah, saß er allein im Hof und las ein Buch von Carlos Castañeda mit dem Titel Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens.
In einem kurzen Anflug von Sympathie aufgrund unseres gemeinsamen Schicksals als Verstoßene fragte ich ihn, worum es da ginge.
»Muß man unbedingt gelesen haben«, erwiderte er mit jener wichtigtuerischen Stimme, die ich fast schon wieder vergessen hatte.
Soviel zur Sympathie.
»Da – lies mal auf der Rückseite«, sagte er.
»Don Juan entwirft eine Qualität der Erfahrung, neben der wissenschaftliche Genauigkeit zur Bedeutungslosigkeit zu verblassen droht – Theodore Roszak«, stand da.
»Donnerwetter, klingt gut.«
»Wenn du mit deinem Wilbur Smith fertig bist, können wir ja tauschen.«
»Okay.«
Eines Morgens, als ich gerade einen Bananenpfannkuchen verdrückte, kamen Liz, Fee und Caz von ihrer morgendlichen Séance (oder was sie da veranstalteten) zurück und leisteten mir Gesellschaft. (Zum Frühstück aß jede von ihnen ein gekochtes Ei – für die, die's interessiert.)
Obwohl ich viel lieber mit Wilbur allein gewesen wäre, meinten sie, aus Höflichkeit an meinen Tisch kommen zu müssen, wo sie dann meinen Frieden stören und völlige Scheiße reden konnten, ohne mich auch nur ein einziges Mal anzusprechen.
Ich versuchte, sie von meiner Festplatte zu löschen und mich ganz auf die Bananenhaftigkeit meines Pfannkuchens zu konzentrieren, aber der Überfall war einfach zu brutal.
»Hast du's heute bis dahin geschafft?« fragte Fee.
»Bis wohin – zum Nirwana? Bist du verrückt?« antwortete Liz.
»Nein – nicht das Nirwana. Das andere. Das vorm Nirwana, aber über der Gelassenheit, von dem ich dir erzählt hab. Wie heißt es noch mal?«
»Dingsbums«, sagte Caz.
»Genau das meine ich.«
»Also bis zur Gelassenheit bin ich bestimmt gekommen.«
»Super«, sagte Fee. »Ich finde, das ist eine gute Basis. Du bist auf dem besten Weg.«
»Ich glaube, das ist das erste Mal, daß ich richtig dorthin gekommen bin.«
»Oh, das freut mich so für dich! Wie hat sich's angefühlt?«
»Na ja … irgendwie … äh …«
»Gelassen?« bot ich an.
Keine Reaktion.
»… so als ob mein Körper jemand anderem gehören würde, und ich in meinem eigenen Kopf nur zu Besuch wäre und die Welt und mich selbst von oben betrachten würde.«
»Das ist ja toll«, sagte Caz. »Das ist ja noch viel mehr als Gelassenheit. Ich glaub, das ist schon das Nächsthöhere. Bis zu diesem Von-oben-runter-Ding schaff ich's fast nie.«
»Echt?«
»Ja, Du bist echt schon ziemlich gut.«
Liz seufzte.
»Ich bin so froh, daß ich euch zwei getroffen hab«, sagte sie und berührte sie beide an den Beinen. »Ihr habt mir die Augen geöffnet über … über … über die WELT!«
O Gott, dachte ich. Jetzt ist sie völlig übergeschnappt.
»Mein Karma«, fuhr sie fort, »hat sich wirklich verändert. Ich bin jetzt in einer ganz anderen Sphäre.«
Ich packte es nicht mehr.
»Karma?« fragte ich langsam. »Karma? Meine Fresse. Seht mal lieber zu, daß ihr euer Leben auf die Reihe kriegt!«
Schweigen senkte sich über den Tisch. Fee und Caz starrten mich beide mit demselben Gesichtsausdruck an. Sie wirkten nicht im geringsten verärgert oder gar
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