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Meine Freundin, der Guru und ich

Meine Freundin, der Guru und ich

Titel: Meine Freundin, der Guru und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Sutcliffe
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Typ, der mir je untergekommen ist. Ein Bettler ist ein Bettler. Jemand, der kein Geld hat. Der auf der Straße lebt.«
    »Oh.«
    »Gibst du ihnen vielleicht kein Geld?«
    »Jeremy sagt, das soll man nicht. Er sagt, daß die Inder selbst sie auch ignorieren.«
    »Das ist ja vielleicht ein verlogener Geizkragen.«
    »Also du gibst ihnen immer Geld?«
    »Nicht immer. Nur – na ja – halt wie in England. Wenn ich ein bißchen Kleingeld übrig hab und ich in der Stimmung bin, dann geb ich ihnen halt was.«
    »Machen das alle Leute so?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich kann ja nicht hellsehen. Es gibt kein Buch, wo drinsteht, was man tun oder lassen soll.«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    Ich fühlte mich ziemlich elend. Das war alles Jeremys Schuld.
    ∗∗∗
    In unserem Hotel machte die Geschichte von einem jungen Tiger die Runde, der angeblich aus dem Zoo von Jaipur entkommen war, indem er einfach zwischen den Gitterstäben hindurch aus seinem Käfig spaziert war. Anschließend hatte er offenbar einen Streifzug in ein nahe gelegenes Dorf unternommen und dort ein paar Leute getötet. Wir fanden allesamt, das sei eine lustige, typisch indische Geschichte, bis uns am selben Abend ein Franzose die neueste Version lieferte. Er behauptete, gehört zu haben, daß der Tiger einen Reisenden aus dem Westen getötet habe. Ein paar von uns glaubten ihm nicht, aber der Rest schob ziemlich die Muffe.
    Jaipur war in jedem Fall kein sicherer Ort, zum einen wegen des Tigers, aber hauptsächlich deshalb, weil Liz sich an sämtliche Ruperts ranschmiß. Also fraß ich ein bißchen Scheiße und sagte, wie hellsichtig Jeremys Analyse der Stadt gewesen sei und daß es wohl besser wäre, weiter nach Pushkar zu fahren. Ranj war nicht begeistert von der Idee, Jaipur so bald schon wieder zu verlassen, und für kurze Zeit sah ich mich vor die furchtbare Aussicht gestellt, allein mit Liz und Jeremy fahren zu müssen.
    »Was – ihr wollt jetzt schon fahren?« fragte er.
    »Ja, ist zu touri-mäßig hier.«
    »Aber du hast es doch noch gar nicht gesehen.«
    »Doch. Wir waren im Palast der Winde.«
    »Was ist mit dem Rest? Es ist 'ne ganze Stadt!«
    »Na ja, weißt du, wir machen uns eigentlich nicht soviel aus Städten. Wir finden es zu hektisch dort. Und zu materialistisch.«
    »Wo wollt ihr dann hin?«
    »Nach Pushkar.«
    »Was ist Pushkar?«
    »Du mußt doch davon gehört haben!«
    »Nein, was gibt's da?«
    »Oh, da soll's angeblich einfach nur ziemlich beschaulich sein. Bißchen wie Manali, nur daß es statt Bergen einen See gibt.«
    »Ach so, hmm. Klingt ganz cool.«
    »Und man weiß ja nie – wenn du hier zu lange rumhängst, wird dich über kurz oder lang jemand entdecken. In Pushkar findet dich keiner. Das ist bloß ein Dorf.«
    »Vielleicht hast du recht. Hier ist es schon ein bißchen zu abgefahren.«
    »Und es gibt Pfauen im Hotelgarten.«
    »Ach ja?«
    »Na ja, weiß nicht. Klingt einfach ziemlich lässig. Ach, komm doch mit. Es wird sicher lustig.«
    »Ich denk mal drüber nach.«
     
    Am selben Abend brachte ich den Typen von der Rezeption dazu, ihn zu fragen, ob er der Ranj Pindar sei.
    Er fuhr mit uns.

War's toll?
    In Pushkar wendeten sich die Dinge zwischen Liz und mir dann endgültig zum Schlechten. Eines Morgens – wir saßen gerade im Innenhof des Hotels und lasen (ich hatte einen Wilbur Smith in der Mache, und Liz hatte kürzlich die Bhagavadgita für Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten eingetauscht) – hüpfte Liz plötzlich kreischend aus ihrem Sessel.
    »O mein Gooottt!«
    »Was ist denn los?« fragte ich, aber sie ignorierte mich völlig und raste zum Hofeingang und hielt das Mädchen, das gerade angekommen war, am Rucksack fest.
    »Fee!« schrie Liz.
    Das Mädchen drehte sich um und sah Liz verdutzt an.
    »Fee – bist du das?«
    »Ich heiße Fiona, ja.«
    »Ich bin's – Liz.«
    Es folgte eine längere Pause, während der das Mädchen Liz eingehend betrachtete. Schließlich dämmerte es ihr, und sie schrie noch lauter als Liz zuvor. »OH … MEIN… GOOOOTTT! LIZZY!«
    »Fee!«
    »Lizzles!«
    »Fifi!«
    »Das ist ja… Gott! Unglaublich! Wie bist du … Ich meine, wie lange bist du schon…? Meine Güte, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll!«
    »Wir haben ja sooo viel zu bereden!«
    Sie brachten ungefähr zehn Minuten damit zu, Laute auszustoßen und den Namen der jeweils anderen zu wiederholen – wobei die Abkürzungen zunehmend seltsamer wurden – und gegenseitig ihren Schmuck zu bewundern, ehe Liz dazu

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