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Meine Freundin, der Guru und ich

Meine Freundin, der Guru und ich

Titel: Meine Freundin, der Guru und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Sutcliffe
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dir die Bettler gar nicht mehr auffallen.«
    »Wie kann einem jemand nicht auffallen, wenn er permanent an deinem Ärmel zupft und dich nicht in Ruhe läßt?«
    »Das passiert einfach. Du bekommst diesen gleichgültigen Blick. Das merken die Bettler sofort und lassen dich in Ruhe. Weil sie wissen, daß du aufgehört hast, sie wahrzunehmen, und ihnen kein Geld geben wirst.«
    »Warum ist das Mädchen dann hinter dir hergelaufen?«
    »Sie war nicht hinter mir her, sondern hinter euch beiden. Ich habe euch nur einen Gefallen getan, indem ich sie losgeworden bin. Außerdem: Delhi ist anders. Hier sind sie viel organisierter.«
    »Und du meinst, daß sie uns innerhalb von vierzehn Tagen in Ruhe lassen werden?« fragte Liz.
    »Jede Wette. Sie werden aufhören, euch zu nerven, sobald ihr aufhört, vor ihnen Angst zu haben.«
    »Wir müssen uns also nur ein bißchen abhärten?« fragte Liz.
    »Genau. Wir sind einfach alle viel zu verhätschelt im Westen. Das ist echt eine von den besten Sachen, wenn man nach Indien kommt – man muß sich den furchtbarsten Dingen aussetzen und versuchen, dagegen immun zu werden.«
    »Wer sagt, daß immun sein so was Tolles ist?« wollte ich wissen.
    »Ich will dir mal was sagen – wenn du es nicht willst, wirst du hier nie glücklich werden«, seufzte Jeremy, den das Gespräch mit einem Male unsäglich zu langweilen schien.
    »So einfach ist das.«
    »Du hast recht«, sagte Liz. »Du hast vollkommen recht.«
    Ich sah, wie die Sorgenfalte auf ihrer Stirn verschwand und sie eine ganz neue Miene aufsetzte. Ihr Kinn schob sich eine Idee nach vorn, und ihre Augen verengten sich.
    Liz war entschlossen, die Sache mit dem Abhärten voll durchzuziehen.
    Jetzt geht's los, dachte ich. Als ob sie sich nicht schon genug aufpissen würde.
     
    Im Restaurant gab es dann nur eine Sache auf der Speisekarte, die mich anmachte.
    »Meinst du das mit dem Fleisch wirklich ernst? Du willst mich nicht bloß bekehren oder so was?«
    »Ich sag gar nichts mehr. Iß, was du willst, und viel Spaß dabei. Ist mir scheißegal.«
    »Ich kann's echt nicht glauben. Da habe ich den ganzen Weg nach Indien hinter mich gebracht, und jetzt kann ich nicht mal so 'n Curry essen.«
    »Klar kannst du«, sagte Liz. »Nimm einfach ein vegetarisches.«
    »Das ist aber kein richtiges Curry, verdammt noch mal! Vielleicht 'ne Beilage, wenn's hoch kommt.«
    Sie ignorierten mich.
    »Wie bist du auf dieses Restaurant gekommen?« fragte Liz.
    »Och – ich war schon oft hier. Bin irgendwann mal draufgestoßen. Im BUCH stand's jedenfalls nicht.«
    »In welchem Buch?« wollte sie wissen.
    »Im BUCH. Dem BUCH. Es gibt nur eins, das man haben muß.«
    »Also wir haben den Lonely Planet – ist das das richtige?« fragte sie mit ängstlichem Gesichtsausdruck.
    »Es ist nicht das richtige …«, er schob eine bedeutungsvolle Pause ein, »sondern das einzige.«
    Liz atmete vor Erleichterung auf.
    »Wenn es nicht im BUCH steht, warum sind dann so viele westliche Ausländer hier?« bohrte ich nach.
    »Spricht sich rum.«
    »Und wie kommt es dann, daß die komplette Speisekarte ins Englische übersetzt wurde?«
    Liz fauchte mich an: »Kannst du vielleicht endlich mal aufhören, die beleidigte Leberwurst zu spielen?«
    »Ich bin nicht beleidigt.«
    »Wenn's dir hier nicht gefällt, hättest du ja nicht mitzugehen brauchen.«
    »Mir gefällt's hier ja. Ich muß mich nur erst dran gewöhnen.«
    »Dann hör auf, ständig rumzuquengeln, und gib dir mal ein bißchen Mühe.«
    »Ich quengle nicht.«
    »Und ob du quengelst. Außerdem benimmst du dich ziemlich feindselig gegenüber Jeremy – ich meine J.«
    »Das tu ich nicht.«
    »Tust du wohl.«
    »J – bin ich etwa feindselig zu dir?«
    »Ich glaube, du fühlst dich einfach nur ein bißchen bedroht. Das ist ganz normal.«
    »Bedroht? Von dir? Angekotzt vielleicht. Bedroht bestimmt nicht.«
    »Hör jetzt auf, Dave. Ich finde das nicht lustig«, sagte Liz.
    »Wer bist du eigentlich – meine Lehrerin oder was?«
    »Würdest du dich jetzt bitte endlich benehmen?«
    »Liz – fang nicht wieder damit an …«
    »Dave!«
    »Mein Gott! Okay, okay. Dann benehme ich mich halt.«
    Liz warf mir einen strengen Blick zu und schnipste dann mit dem Finger nach dem Kellner.
    »Bedienung! Wir wären dann soweit.«
    »Nein, sind wir nicht.«
    Sie funkelte mich an.
    »War das jetzt gequengelt? War das etwa schon wieder gequengelt?«
    Sie funkelte mich noch wütender an.
    »Schon gut. Entschuldige, daß ich was gesagt habe.

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