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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Kraft aufbrachte, zur Tür hinauszuwitschen und die Treppe hinunterzulaufen. Das heißt, ich kullerte mehr die Stufen, als daß ich lief, und ich hielt erst an, als ich ganz unten war, und dann sprang ich mit einem Satz auf die Straße hinaus. Das war der Anfang...»
    «Von was?» fragte Peter.
    «Meiner Unabhängigkeit von den Menschen, denn seitdem habe ich sie nie wieder um irgend etwas angebettelt und bin nicht eine einzige Nacht über in einer Wohnung geblieben, und wenn ein Mensch nach mir greift, um mich zu streicheln oder in den Arm zu nehmen, dann spucke ich nur und fauche ihn an.»
    Peter hätte ihr so gern zu verstehen gegeben, wie leid es ihm tat, daß alles so schlimm ausgegangen war, aber es wollte ihm nichts einfallen, womit er sie trösten konnte, denn wenn diese Familie sie wirklich so herzlos verlassen haben sollte, dann mußte er sich ja schämen, daß Menschen ihr so etwas angetan hatten. Er erhob sich, ging zu ihr hinüber und strich ihr ein paarmal zärtlich mit der Zunge übers Gesicht.
    Jennie dankte ihm mit einem reizenden Lächeln und schnurrte einen Augenblick.
    «Das war süß von dir», sagte sie, «aber jetzt gefällt mir dieses Vagabundenleben gar nicht so übel. Gewiß, es ist rauh und hart und hat oft seine Tücken, aber wenigstens kann einem niemand mehr weh tun. Ich meine, innerlich, wo man an eine Wunde nicht ran kann und wo nichts zuheilt. Es gibt wohl kaum etwas von dem, was einer Katze freisteht, was ich in den letzten zwei Jahren nicht erprobt hätte, und keinen für unsereins zugänglichen Ort, wo ich nicht schon gewesen wäre. Diesen Unterschlupf hier habe ich schon vor Monaten entdeckt. Ich finde ihn so großartig, weil nur ganz selten mal Leute herkommen, verstehst du. Aber komm, gehen wir jetzt weiter! Ich will dir doch noch den geheimen Eingang zeigen.»
    Sie kehrten der romantischen Hochlanddekoration den Rücken, spazierten an den Pyramiden und der Sphinx vorbei, liefen über das Vordach eines amerikanischen Farmerhauses, schlängelten sich zwischen einem feudalen Salon in Mayfair und einem Schloß am Rhein hindurch und steuerten dann wieder auf die langen düsteren, muffig riechenden Korridore zu.
    Doch gerade als sie in den Gang einbogen, der zu dem Teil des Lagerhauses führte, in dem Jennie ihre Zelte aufgeschlagen hatte, blieb sie stehen und brummte leise, und Peter sah, wie ihr Schwanz sich wieder so stark aufplusterte, daß er nochmal so dick wurde. Er hielt sich dicht hinter ihr, und als er jetzt Stimmen und Schritte hörte, lautes Scharren und Rumpeln, wollte er sofort um die Ecke flitzen, um zu sehen, was da los war, aber Jennie flüsterte ihm zu: «Mach dich dünn, Peter! Wenn sie uns erblicken, sind wir geliefert. Die sind in unserem Verschlag und räumen ihn aus. Wahrscheinlich ist dein Freund Napoleon gekommen um sein Bett zu holen.»
    Peter dachte, es würde sie nur kränken, wenn er sie darüber aufklärte, daß Napoleon schon über hundert Jahre tot sei, und außerdem änderte das ja nichts daran, daß sein Bett gerade fortgetragen wurde, genau wie all die anderen Möbel aus dem Verschlag, weil sie vermutlich verkauft oder ausgestellt werden sollten.
    «Schade», sagte Jennie. «Es war eine so gemütliche Bleibe. Ich hak mich richtig wohl darin gefühlt, besonders in dem Bett von deinem berühmten Freund. Na ja, wir werden schon irgendwo wieder eine neu? Unterkunft finden.»
    «Wir sind ja an soviel anderen Kammern und Verschlägen vorbeige, kommen, wo wir’s uns auch bequem einrichten könnten», meinte Peter.
    «Hat keinen Zweck, hierzubleiben», sagte Jennie entschieden. «Wenn sie einmal mit dem Ausräumen angefangen haben, ist es mit der Herrlichkeit vorbei, und wenn du klug bist, haust du dann besser gleich ab. Wenn die Ziehleute die Möbel draußen absetzen, werden sie daran unsere Spuren entdecken, vor allem Haare aus deinem und meinem Fell, und womöglich auch das Schwanzende von der Maus, die du auf der seidenen Steppdecke verspeist hast. Und dann wird’s ein großes Geschrei geben, und sie werden überall Jagd auf uns machen; das heißt, alle Lampen werden angeknipst, und der ganze Staub wird aufgewirbelt, und die Männer stochern mit ihren Stöcken in allen Ecken und Winkeln herum. Nein, glaube mir, Peter, ich weiß Bescheid. Sobald sie heute Feierabend machen, werden wir durch meinen Notausgang entwischen. Dann ist es immer noch hell genug, um uns nach einem anderen Nachtquartier umzuschauen. Versteck dich gut, bis ich dir einen Wink

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