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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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ihm da geschehen war... Dann fingen sie an, Pläne zu schmieden und sich zu überlegen, welche Art Leben sie wohl führen mochten, wenn sie sich bei Mr. Grims häuslich niederließen und ihm ganz gehörten.
    Da er ja eigentlich ein Junge war, beschäftigte Peter vor allem der Gedanke, wie wunderbar es sein würde, das weite Gebiet zu durchstreifen und zu erforschen, über das Mr. Grims des Nachts eine unbestrittene Herrschaft ausübte, mit Hunderten von ganz verschiedenen Ballen, Säcken, Körben, Kisten, Paketen und Kartons und noch umfangreicheren Stückgütern, in denen man dort herumstöbern konnte: Schiffsladungen aus dem Orient — lauter in geflochtenes Stroh verpackte köstliche Dinge, denen der geheimnisvolle Duft des Morgenlands entströmte; riesige Berge von Nüssen aus Brasilien, in denen es sich gewiß herrlich spielen und herumrutschen ließ, und viele Säcke mit Kaffee; ganze Stapel von Paketen mit Tabak, der sie zum Niesen bringen, und mit allen möglichen Teesorten, deren Aroma sie berauschen würde.
    Als weibliches Wesen interessierte Jennie sich mehr für die neue Häuslichkeit und dachte darüber nach, wie sie es Mr. Grims daheim behaglich machen könnten und daß sie beide sich seinen Lebensgewohnheiten anpassen mußten. Denn es gehöre weit mehr dazu, jemandes Katze zu sein, klärte Jennie Peter auf, als sich nur beköstigen zu lassen und gelegentlich im Haus aufzuhalten oder dann und wann, wenn es einem gerade beliebte, eine Maus oder auch mal zwei Mäuse anzuschleppen. Sie würden sich danach richten müssen, zu welcher Zeit Mr. Grims aufstand und schlafen ging, d. h., nach seinen Arbeits- und Mußestunden, und sich ihre eigene Zeit so einteilen, daß sie immer zur Hand sein würden, wenn es ihn danach verlangte, sie um sich zu haben; auch mußten sie herausbekommen, ob es ihm am liebsten war, wenn sie auf seinem Bett lagen oder auf seinem Schoß oder zu seinen Füßen, oder wenn sie sich am Ofen oder vielleicht auch auf der Fensterbank zusammenrollten, und ob er sie lieber streichelte und ihnen den Kopf kraulte, oder ob er es vorzog, wenn sie sich nur zutraulich an seinen Beinen scheuerten oder ihm auf den Schoß sprangen und sich stürmisch an ihn preßten. Ja, da gebe es viele Dinge in Erfahrung zu bringen und manche Rücksicht nehmen, damit sie sich alle drei wohlfühlen und einträchtig zusammen leben konnten, sagte Jennie abschließend.
    Und nun schien die Verwirklichung all dieser verlockenden Pläne und angenehmen Zukunftsträume immer näher zu rücken, als sie da die Kais entlang und durch die rückwärtigen Straßen im Hafenviertel rannten wobei Peter sich jetzt durch den starken Verkehr und das Gedränge fast genau so geschickt hindurchzuschlängeln wußte wie Jennie.
    Doch wie er sie so eifrig ihrem Ziel zustreben sah, wurde Peter plötzlich von einer merkwürdigen Angst befallen, und eine düstere Vorahnung bemächtigte sich seiner. Wenn sie Mr. Grims nun gar nicht mehr in seiner Baracke antrafen? fragte er sich bang. Der alte Wächter konnte ja auch seine Stellung verloren haben und fortgezogen sein, so daß sie ihn vielleicht nie wiederfinden würden! Oder, schlimmer noch, wenn ihm inzwischen irgend etwas zugestoßen war und man ihn in ein Krankenhaus gebracht hatte? Mr. Grims war doch schon sehr alt, entsann sich Peter, und ein so hochbetagter Mann konnte leicht krank werden oder sich schwer verletzen, wenn er mal ausglitt oder angerempelt wurde. Bei ihren Gesprächen an Bord des Frachters hatten Jennie und er eine solche Möglichkeit überhaupt nicht in Betracht gezogen, und Peter dachte besorgt, welcher Schock und welch große Enttäuschung es für Jennie sein würde, falls etwas dergleichen passiert sein sollte.
    Etwas von dieser Besorgnis schien sich auch Jennie mitgeteilt zu haben, denn obwohl ihre Pfoten von der fortgesetzten Berührung mit dem holprigen Kopfsteinpflaster wund und müde geworden waren, eilte sie nun mit noch größerer Geschwindigkeit vorwärts, bis sie endlich, gerade als die Nacht hereinbrach, bei dem hohen Eisentor an den Verladekais anlangten. Das Tor war geschlossen, was bedeutete, daß zu dieser Stunde keine Schiffsladungen eintrafen oder gelöscht wurden, um dann ins Innere der Stadt transportiert zu werden.
    Es machte Peter und Jennie aber gar nichts aus, daß das Tor nicht mehr offenstand, da sie sich dicht am Boden durch die Öffnungen des Gitterwerks hindurchzuzwängen vermochten; und im nächsten Augenblick befanden sie sich auf der anderen

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