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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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löste — was eindeutig zeigte, daß es nur das war, worauf sie die ganze Zeit gewartet hatte. Und Mr. Box grinste zufrieden, obwohl wie sich erst später herausstellte, sein Stiefel und sein rechter großer Zeh durch diesen Fußtritt erheblich lädiert worden waren.
    «Das hätten wir geschafft, Jungs», rief er den Brückenwärtern unten auf dem Pier zu. «Holt sie ein!»
    Und das taten sie denn auch, genau in dem Augenblick, in dem Peter und Jennie auf dem Pier angefegt kamen und die Laufplanke hinaufsausten. Zwischen dem Ende der Planke und dem Schiff gähnte bereits eine Kluft von mehreren Metern, doch das spielte bei dem Tempo, das Peter und Jennie am Leibe hatten, gar keine Rolle, und so flogen die beiden wie zwei in Pelz gehüllte Vögel über das Wasser hinweg und landeten, plauz, pardauz, auf dem Brustkasten von Mr. Box, so daß er glatt auf den Rücken fiel, da er sich in dieser Sekunde ohnehin nicht ganz im Gleichgewicht befand, weil er nur auf einem Bein herumhüpfte.
    «Ach du Schreck!» stöhnte Mr. Box. «Gott straf mich, da sind sie wieder!»
    Ja, sie befanden sich tatsächlich wieder auf dem Eisendeck der geliebten, verwahrlosten und nicht gerade wohlriechenden Gräfin. Alles war noch genau so, wie sie es verlassen hatten, und es war ihnen fast so zumute, als wären sie nach Hause gekommen. Aus der Kajüte von Kapitän Sourlies drang das altbekannte Geräusch von zersplitterndem Glas und zerschellendem Steingut an ihr Ohr. Mr. Strachan hatte die Wache und stand auf der Brücke: die blaue Mütze auf seinen ziegelroten Locken so weit nach hinten geschoben, daß es gar keine Mühe machte, die immer noch sichtbaren Spuren einer dunklen Beule zu erblicken, die die Stamm-Mutter aller blaugeschlagenen Augen gewesen sein mußte. Aus der Kombüse klangen die melancholischen Töne von Mealies Gesang herüber, offenbar ein Klagelied über den Trennungsschmerz. Mr. Carluk« hingegen, der nun aus seiner Kajüte auftauchte, krümmte die Finger seiner rechten Hand, als hätte er sie am Abzug einer Pistole, während er mit der linken Hand ein Lasso zu schwingen schien.
    Und der Mannschaft gelang es, unter den Augen von Angus, dem Boots’n, der bei der Winsch auf dem Vorschiff herumtobte und brüllte, noch kurz vor der Ausfahrt ein wundervolles Durcheinander anzurichten, da die Männer genau die falschen Taue und Trossen ausrollten oder festmachten, alles, was hochgewunden werden sollte, herunterließen, sich in den Ketten verwickelten und darüber stolperten, ums Haar den Anker wieder ausgeworfen hätten und im letzten Augenblick erst bemerken, wie das Heck der Gräfin durch die Flutwellen herumgedrückt wurde, so daß sie drauf und dran war, ein nach der Isle of Man fahrendes Ausflugsboot zu rammen, was dessen Kapitän veranlaßte, ein paar kräftige fluche vom Stapel zu lassen; und obwohl an Bord ein solches Chaos herrschte, schaffte es der Frachter schließlich doch, unter wildem Getute und dicke schwarze Rauchwolken auspuffend, abzulegen, ins Fahrwasser des Clyde zu gelangen und den Fluß hinunter wieder auf das offene Meer hinauszusteuern.
    Peter und Jennie hielten sich nicht weiter auf, sondern liefen stracks nach achtern, um Mealie zu begrüßen, der sie mit einem freudigen Aufschrei bewillkommnete, woraufhin er sogleich ein Loch in eine Büchse Kondensmilch bohrte, etwas Fleisch von einer kalten Hammelkeule abschnitt und die beiden Katzen zum Essen einlud. «Meiner Seel, habt das Rennen gerade noch rechtzeitig gemacht, he? Seid wohl mächtig hungrig, was? Ihr Possage wieder abarbeiten?» fragte er und brüllte vor Lachen. «Wie viele Mäuse und Rotten ihr wollt zahlen für eine Possage? Ich glaube, ihr seid richtig. Meiner Treu, ihr wollen noch mehr Fleisch? Wieviel ihr könnt fassen? Na, ich euch geben, was noch da ist...» Dabei machte er sich daran, noch etwas von der Keule herunterzuschneiden, und immer noch lachend, überließ er Peter und Jennie schließlich auch den Knochen, den sie jeder an einem Ende abnagten, höchst zufrieden, da es die erste gute Mahlzeit war, die sie, seit sie von Bord gegangen waren, wieder in den Magen bekamen.
    Die Rückfahrt nach London verlief ohne jeden Zwischenfall, und Peter und Jennie führten fast die ganze Zeit ein herrliches Faulenzerleben, da es kaum etwas für sie zu tun gab. Zweifellos hatte irgendein einsamer Überlebender der gefräßigen Nager in Glasgow die Kunde verbreitet, welche Schreckensherrschaft die beiden Katzen an Bord der Gräfin von Greenock

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