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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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eine hochinteressante Privatsammlung von Erinnerungsstücken und Andenken an
Scott, aber ich weiß nicht, wo sie aufbewahrt wird. Ich kann sie einfach nicht aufspüren. Ich
wünschte, es würde uns gelingen, aber das wird es nicht. Wir müssen die Idee aufgeben. Es wäre so
wunderbar, auch auf diese Kollektion einen Blick zu werfen, Harmony.«
    Eine Stimme aus der Dunkelheit sagte:
»Kommen Sie herauf, ich zeige sie Ihnen!«
    Und die Stimme hielt Wort. Die Stimme gehörte dem Gentleman, dessen
Eigentum die Kollektion war. Er führte Joe und Harmony nach oben, reichte ihnen eine Erfrischung,
und während sie die Kollektion besichtigten, erklärteer ihnen plaudernd alles.
Als sie um zwei Uhr morgens aufbrachen, wussten sie, das war die Sternstunde ihrer Reise.
    Joe war immer da, wenn etwas passierte –
außer einmal. Auf unerklärliche Weise hatte er sich verspätet, andernfalls wäre er in Petersburg,
als im Bürgerkrieg die verminten Verteidigungsanlagen der Stadt in die Luft flogen, in Stücke
zerrissen worden.
    Als ich neulich
in Hartford war, berichtete er mir von einem weiteren Abenteuer in der langen Kette besonderer
Begebenheiten. Ich glaube, er glaubte, dass die Vorsehung immer, wenn etwas Interessantes
bevorsteht, nach ihm Ausschau hält. Diesmal war es die Exekution einiger Deserteure während des
Bürgerkrieges. Wenn wir in den Geschichtsbüchern von derartigen Ereignissen lesen, haben wir immer
ein und dasselbe Bild vor Augen – kniende Männer mit verbundenen Augen und gesenkten Köpfen; vor
ihnen ein Kommando ernster aufmerksamer Soldaten, die Gewehre im Anschlag; etwas abseits ein
gestrenger Offizier in Uniform, der scharfe knappe Befehle erteilt: »Anlegen. Zielen. Feuern!« Eine
Wolke aus Flammen und Rauch, die Opfer fallen vornüber und hauchen ihr Leben aus, das Kommando
schultert die Waffen, macht auf dem Absatz kehrt und marschiert aufrecht und steifbeinig vom Feld,
und der Vorfall ist abgeschlossen.
    Joe zeichnet ein anderes Bild. Und ich vermute, es ist das wahre Bild – das normale Bild. Auf ihm
baten die Deserteure darum, stehen zu dürfen, statt zu knien; keine Augenbinden tragen zu müssen,
sondern dem Erschießungskommando in die Augen sehen zu dürfen. Die Bitte wurde ihnen gewährt. Sie
gaben sich soldatisch aufrecht; sie bewahrten ihre Gesichtsfarbe und erbleichten nicht; ihr Blick
hielt stand.
Von den übrigen Anwesenden allerdings
ließ sich das nicht behaupten
. Ein Brigadegeneral saß kreidebleich auf seinem Pferd –
leichenblass. Der befehlshabende Offizier war kreidebleich – leichenblass. Das Erschießungskommando
war kreidebleich, und die Körper der Soldaten zitterten, so dass sich das Zittern auf ihre Gewehre
übertrug, als sie diese auf das Ziel richteten. Der Offizier der Einheit verlor die Herrschaft über
seine Stimme, sie klang schwach und dürftig, nicht forsch und streng. Als das Kommando seine
tödliche Arbeit verrichtet hatte, marschierte es nicht etwa kriegerisch aufrecht und steifbeinig
los. Es taumelte davon.
    Dieses Bild empfiehlt sich mir als das wahrste, das jemals von einer militärischen
Exekution gezeichnet wurde.
    Auf
der Suche nach Dr. Browns Briefen – ein Misserfolg – machten wir einen unerwarteten Fund.
Offensichtlich markiert er die Gründung des Players Club und ist somit von Wert für mich.
     
    Daly’s
Theatre
    UNTER DER DIREKTION
VON AUGUSTIN DALY
    BÜRO DES
DIREKTORS
    New York, 2. Jan. 1888
    Mr. Augustin Daly würde sich sehr freuen, Mr. S. L.
Clemens am kommenden Freitag, dem 6. Januar, zu einem Mittagessen (um eins bei Delmonico’s) begrüßen
zu dürfen, um zusammen mit Mr. Booth, Mr. Barrett, Mr. Palmer und ein paar Freunden die Gründung
eines neuen Clubs zu besprechen, der, wie wir glauben, Ihr Interesse wecken wird.
    U.A. w. g.
     
    Bei
diesem Mittagessen waren meines Wissens alle Gründungsmitglieder zugegen – unter ihnen Booth,
Barrett, Palmer, General Sherman, Bispham, Aldrich und der Rest. An die anderen Namen kann ich mich
nicht mehr erinnern. Ich glaube, Laurence Hutton äußert in einem seiner Bücher, der Name des Clubs –
The Players – sei bereits vor diesem Mittagessen erwogen und angenommen worden, aber das halte ich
für einen Irrtum. Ich weiß noch, wie während des Essens mehrere Namen vorgeschlagen, erörtert und
verworfen wurden; wie Thomas Bailey Aldrich schließlich diesen kompakten und schlichten Namen
vorschlug, The Players; und wie selbst dieser treffend gewählte nicht sofort angenommen wurde.

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