Meine geheime Autobiographie - Textedition
wie der Tod, die Erinnerung daran ist
unzerstörbar, aber sie hatte auch ihr Gutes, denn sie machte mich für alle Zeit
immun gegen Schüchternheit vor Publikum. Ich hielt Vorträge in allen bedeutenden
Städten Kaliforniens und in Nevada, dann hielt ich noch einmal zwei, drei Vorträge
in San Francisco, dann zog ich mich, reich geworden – für meine Verhältnisse –, aus
dem Geschäft zurück und schmiedete einen Plan, von San Francisco aus nach Westen zu
segeln und um die Welt zu reisen. Die Eigentümer der
Alta
engagierten mich,
für ihre Zeitung über die Reise zu berichten – fünfzig Briefe von anderthalb
Spalten, was auf rund zweitausend Wörter pro Brief hinauslief, die Bezahlung sollte
zwanzig Dollar pro Brief betragen.
Ich fuhr ostwärts nach St. Louis, um mich von
meiner Mutter zu verabschieden, dann aber fiel ich auf Captain Duncans Broschüre
über die Expedition der
Quaker City
herein und schloss mich dieser an.
Während der Reise schrieb und verschickte ich die fünfzig Briefe; sechs davon kamen
nie an,und um meinen Vertrag zu erfüllen, schrieb ich sechs
neue. Dann bereitete ich einen Vortrag über die Reise vor, den ich mit großem und
zufriedenstellendem Gewinn in San Francisco hielt, dann zog ich durchs Land und war
bestürzt über das Ergebnis: Man hatte mich vollkommen vergessen, nie hatte ich
genügend Leute im Saal, um als gerichtlicher Untersuchungsausschuss über mein
geschmälertes Ansehen zu befinden! Ich stellte Ermittlungen über diesen sonderbaren
Sachverhalt an und fand heraus, dass die sparsamen Eigentümer dieser außerordentlich
wohlhabenden Zeitung all die armen kleinen Zwanzig-Dollar-Briefe mit einem
Copyright
versehen und jeder Zeitung, die es wagen sollte, auch nur
einen Absatz daraus abzudrucken, mit strafrechtlicher Verfolgung gedroht
hatten!
Da stand
ich nun! Ich hatte mich vertraglich verpflichtet, der American Publishing Company in
Hartford ein umfangreiches Buch über die Schiffsreise zu liefern, und ging davon
aus, dass ich all diese Briefe benötigen würde, um es zu füllen. Ich war in einer
unangenehmen Lage, falls die Eigentümer des heimlich erworbenen Copyrights sich
weigerten, mir die Verwendung der Briefe zu gestatten. Aber genau das taten sie; Mr.
Mac-Soundso – den Rest seines Namens habe ich vergessen 4 – teilte mir mit,
seine Firma wolle, um die tausend Dollar wieder hereinzuholen, die man für die
Briefe bezahlt habe, ein Buch daraus machen. Ich erwiderte, wenn die Firma anständig
und ehrenwert gehandelt und der Regionalpresse gestattet hätte, die Briefe oder
Ausschnitte daraus zu verwenden, so hätte mir mein Vortragsscharmützel an der Küste
zehntausend Dollar eingebracht, wohingegen mich die
Alta
um diesen Betrag
geprellt habe. Daraufhin bot er mir einen Vergleich an: Er werde das Buch
publizieren und mir 10 Prozent Tantiemen einräumen. Der Vergleich fand bei mir
keinen Anklang, und das sagte ich auch. Inzwischen sei ich außerhalb von San
Francisco völlig unbekannt, der Verkauf des Buches werde sich auf die Stadt
beschränken, und meine Tantiemen würden nicht ausreichen, mir für drei Monate Logis
zu verschaffen; wohingegen mein Vertrag im Osten, sofern er zustande käme, lukrativ
für mich sei, da ich mir an der Atlantikküste dank der Veröffentlichung von sechs
Reisebriefen in der
New York
Tribune
und ein, zwei im
Herald
eine gewisse Reputation erworben
hätte.
Schließlich erklärte sich Mr. MacCrellish bereit, von dem Buch
unter bestimmten Bedingungen abzulassen: In meinem Vorwort müsse ich der
Alta
dafür danken, dass sie auf ihre »Rechte« verzichtet und mir die
Druckgenehmigung erteilt habe. Gegen diese Danksagung erhob ich Einspruch. Wenn ich
auch nur einen Funken Aufrichtigkeit besäße, könnte ich der
Alta
nicht
dafür danken, dass sie mir meinen Vortragsraubzug ruiniert hatte. Nach
beträchtlicher Debatte wurde meinem Einwand stattgegeben, und die Danksagung
entfiel.
Herausgeber der
Alta
war damals Noah Brooks, ein Mann von gediegenem
Charakter und mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, außerdem ein guter Historiker,
wenn es auf Tatsachen nicht ankam. In biographischen Skizzen über mich, die er viele
Jahre später (1902) verfasst hatte, pries er beredt die Großzügigkeit der
Alta
-Leute, die mir ohne Entschädigung ein Buch zugestanden hätten,
das, wie die Nachgeschichte bewiesen habe, ein Vermögen wert sei. Nach all
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