Meine geheime Autobiographie - Textedition
Generals, hervorgerufen durch den Konkurs der Firma Grant & Ward.
Diese Bemerkung brachte den General sogleich zum Reden, und mir fiel damals wie später auf, dass er, selbst wenn er keine Lust hatte zu reden, über dieses eine Thema stets bereitwillig sprach.
Er erzählte mir von den bereits erwähnten Räubereien, die von jenem Ward, dem er so ganz und gar vertraut hatte, an allen Mitgliedern der Familie Grant verübt worden waren,
äußerte aber nicht einen Satz über Ward, den
nicht auch ein entrüsteter Erwachsener über ein unartiges Kind hätte äußern können
. Er sprach so, wie ein Mann spricht, den man höchst ungerecht behandelt, gedemütigt und verraten hat; doch nicht ein einziges Mal gebrauchte er einen gehässigen oder rachsüchtigen Ausdruck.
Was mich betrifft, so kochte ich innerlich die ganze Zeit: Ich skalpierte Ward, zog ihm die Haut bei lebendigem Leibe ab, räderte ihn, schlug ihn zu Brei und verwünschte ihn mit allen Flüchen, die mir in der einen Sprache zu Gebote stehen, deren ich mächtig bin, und wenn ich in Not und Bedrängnis geriet, nahm ich das bisschen an Flüchen der beiden anderen Sprachen hinzu, in denen ich begrenzte Kenntnisse habe.
Er erzählte seine Geschichte mit einem tiefen Gefühl in der Stimme, ohne dass seine Miene verriet, was in seinem Herzen vorging. Auf seine Miene konnte er sich in allen Notlagen verlassen. Sie stand ihm immer treu zu Diensten. Sie verriet ihn nie.
Am 1. oder 2. Juli 1885 (bei Mt. McGregor), etwa drei Wochen vor dem Tod des Generals, saßen Buck Grant und ich beisammen und unterhielten uns eine Stunde lang in Gegenwart des Generals – nur um ihm Gesellschaft zu leisten – er selbst brauchte nur zuzuhören. Soeben war die Nachricht eingetroffen, dass der Mann von der Marine Bank (Wards Kumpan – wie
hieß
dieser Schuft doch gleich?) zu zehn Jahren verurteilt worden war. Buck Grant sagte über ihn die verbittertsten Dinge, die seine Zunge formen konnte; ichselbst war ebenso verbittert. Der General hörte eine Zeitlang zu, griff dann zu Block und Bleistift und schrieb:
»Der war nicht so schlecht wie der andere«
– womit er Ward meinte. Das war sein einziger Kommentar. Selbst seine
Schrift
wirkte milde.
Während er schrieb, sagte Colonel Grant:
»Vater will Ihnen zeigen, dass die Familie Grant ein Haufen Narren ist, Mr. Clemens!«
Der General bestritt diese Aussage. Sinngemäß sagte er, man könne Tatsachen anführen, die zeigten, dass, wenn Ward es auf einen Mann abgesehen habe, sich dieser auch als Narr erweisen würde – als ein ebensolcher Narr wie die Grants; alle Männer seien Narren, wenn von Ward erfolgreich hintergangen zu werden als Beweis dafür diene. Er begann Beispiele aufzuzählen. Er sagte (dem Sinne nach), niemand würde den Präsidenten der Erie Railroad als Narren bezeichnen, und doch habe Ward ihn um $ 800 000 gebracht: um jeden Cent dieser Summe geprellt. Er erwähnte einen anderen Mann, den man nicht als Narren bezeichnen könne, und doch habe Ward ihn um mehr als eine halbe Million Dollar gebracht und ihm nichts dafür gegeben. Er führte einen Mann mit einem Namen an, der so ähnlich klang wie Fisher, obwohl das nicht sein Name war, einen Mann, den niemand als Narren bezeichnen könne: im Gegenteil, er habe es zu großem Reichtum gebracht, weil er scharfsinniger und klüger als andere Leute sei und sich auf seine Klugheit und darauf, dass man ihn nicht zum Narren halten könne, immer viel eingebildet habe,
er
lasse sich von niemandem täuschen; aber was habe Ward in diesem Fall getan? Er habe ihn dazu verleitet, Anteile an einem Bergwerk zu erwerben, das Ex-Senator Chaffee gehörte – ein Objekt, das gar nicht zum Verkauf stand und für das Ward keine Verkaufsermächtigung vorweisen konnte –, und doch habe er diesem Mann $ 300 000 in bar abgeluchst, ohne dass ein einziges Schriftstück oder auch nur eine geschriebene Zeile getauscht worden wäre zum Beweis dafür, dass der Verkauf getätigt worden war. Dieser Mann sei eine Zeitlang jeden Tag in das Büro von Grant & Ward gekommen und habe mit Ward über die Aussichten jenes
tatsächlich
sehr reichen Bergwerks gesprochen, und die beiden seien vor Mr. Chaffees Nase in den Nebenraum gegangen und hätten sich unterhalten.Man hätte annehmen sollen, dass ein Mann, der für seine Gerissenheit bekannt sei, sich irgendwann einmal dazu entschlossen hätte, Mr. Chaffee die eine oder andere Frage zu stellen; aber nein: Ward habe ihm vorgeschwindelt, Chaffee wolle
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