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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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auch wenn er mit ihnen nicht vertraut ist.
     
    Weiterhin über den Kapitän: »Er ist ein braver Mann und sehr gütig zu uns gewesen – geradezu väterlich. Er sagt, hätte man ihm das Kommando über das Schiff eher angeboten, hätte er seine beiden Töchter mitgenommen.« Es lässt einen schaudern, wenn man bedenkt, mit wie knapper Not sie entkommen sind.
     
    Die beiden Mahlzeiten (Rationen) pro Tag sind wie folgt: zum Abendessen vierzehn Rosinen und ein Stück Zwieback von der Größe eines Cents; zum Frühstück ein Zehntelliter Wasser, ein Stück Schinken und ein Stück Brot, beide von der Größe eines Cents. –
Logbuch des Kapitäns
.
     
    Er meinte einen Cent nach Umfang und nach
Dicke
. Samuel Fergusons Tagebuch vermerkt, dass der Schinken »so hauchdünn geschnitten war, wie es nur eben ging«.
     
    1. Juni
. Vergangene Nacht und heute sehr hohe und kabbelige See mit Brechern, die uns durchnässen und auskühlen. Böiges Wetter und kein Zweifel, dass uns bei Nacht und bei Tage nur umsichtige Leitung – und Gottes schützende Fürsorge – am Leben erhalten hat; und wirklich ist es ganz erstaunlich, dass jeder Bissen, den wir zum Munde führen, ein Segen für uns ist. Täglich denke ich an die Wunder dieses Brots und Fischs. Henry hält sich sehr tapfer, was mir ein großer Trost ist. Irgendwie habe ich großes Vertrauen und hoffe, dass unsere Nöte bald ein Ende haben, obwohl wir die Route der auslaufenden und einlaufenden Schiffe rasch kreuzen und uns von ihnen entfernen; unsere größte Hoffung ist ein Walfänger, ein Kriegsschiff oder irgendein australischer Segler. Die Inseln, die wir ansteuern, sind bei Bowditch verzeichnet, aber meine Karte besagt, dass ihre Existenz zweifelhaft ist. Gebe Gott, dass sie existieren!
     
    Der härteste Tag bislang. –
Logbuch des Kapitäns
.
     
    Zweifelhaft
. Es kam noch schlimmer. Eine Woche später
segelten sie geradewegs
über sie hinweg
.
     
    2. Juni
. Breite 18° 9’. Böig, bewölkt, schwerer Seegang. *** Ich kann nicht umhin, an die fröhliche, bequeme Zeit zu denken, die wir an Bord der
Hornet
verbracht haben.
     
    Noch knappe Vorräte für zwei Tage – zehn Rationen Wasser und ein Bissen Brot für jeden.
Aber die Sonne scheint, und Gott ist gnädig
. –
Logbuch des Kapitäns
.
     
    Sonntag, 3. Juni
. Breite 17° 54’. Die ganze Nacht schwerer Seegang und ab vier Uhr morgens sehr nass, die See bricht häufig in Wellen über uns hinweg und durchweicht alles, besonders achtern. Den ganzen Tag tobte das Meer, und es ist ein Wunder, dass wir kein Wasser nahmen. Gebe der Himmel, dass es sich heuteAbend beruhigt! Unsere Anspannung und Verfassung fürchterlich. Heute Morgen ist es mir gelungen, zum vorderen Teil des Schiffes mehr zu kriechen, als zu gehen, und ich war überrascht, wie schwach ich war, besonders in den Beinen und Knien. Aber die Sonne ist wieder hervorgekommen, ich habe ein paar Sachen getrocknet und hoffe auf eine bessere Nacht.
    4
.
Juni
. Breite 17° 6’; Länge 131° 30’. Letzte Nacht nahm das Boot kaum noch Wasser, und heute hat sich die See etwas beruhigt, obwohl sie noch immer zu hoch ist, als dass es angenehm wäre, gelegentlich werden wir daran erinnert, dass Wasser nass ist. Den ganzen Tag über hat die Sonne geschienen, und wir haben gut unsere Sachen trocknen können. In den letzten zehn oder zwölf Tagen habe ich versucht, ein Paar Unterhosen so weit zu trocknen, dass ich sie anziehen kann, und heute ist es mir endlich gelungen. Ich erwähne das, um zu zeigen, in welchen Zuständen wir gelebt haben. Wenn unser Chronometer halbwegs recht hat, müssten wir morgen oder übermorgen die Amerikanischen Inseln sichten. Wenn sie nicht da sind, haben wir nur noch paar Tage die Chance, einem verirrten Schiff zu begegnen, denn wir können den Proviant nicht für länger als fünf, sechs Tage strecken, und unsere Kräfte lassen sehr schnell nach. Heute bemerkte ich zu meiner Überraschung, wie dünn meine Beine oberhalb der Knie geworden sind; sie sind kaum dicker, als es einmal meine Oberarme waren. Und doch vertraue ich auf die unendliche Barmherzigkeit Gottes und bin mir sicher, dass Er tun wird, was für uns am besten ist. Zu überleben, wie wir es getan haben – zweiunddreißig Tage lang in einem offenen Boot, anfangs mit nur etwa zehn Tagen Proviant für einunddreißig Männer, der dann noch zweimal aufgeteilt werden musste – das ist mehr, als
menschliche
Kunst und Kraft ohne Beistand hätten vollbringen und erdulden

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