Meine geheime Autobiographie - Textedition
wir das Segel nicht zu wechseln brauchen; aber ein Versuch heute Morgen, es zu bergen, misslang. Zuerst versuchte es der Dritte Maat, er kam bis zum Block und brachte eine provisorische Vorrichtung an, um die Fallen einzuscheren, aber noch bevor er damit fertig war, musste er, geschwächt und fast ohnmächtig, wieder herunterklettern; dann versuchte es Joe, und nachdem er zweimal hinaufgestiegen war, konnte er sie befestigen und den Block nach unten bringen; aber es war eine sehr anstrengende Arbeit, und danach taugte erden ganzen Tag zu nichts anderem mehr. Der Eisenbeschlag für das Schothorn, den wir anstelle des zerbrochenen Blocks verwenden wollten, funktioniert nur sehr schlecht und wird, wie ich fürchte, das Tau schnell durchwetzen. Alles, was mit dem Segel zu tun hat, müssen wir betriebsfähig machen, bevor wir zu schwach sind, um noch irgendetwas daran zu tun.
Nur noch drei Mahlzeiten übrig. –
Logbuch des Kapitäns
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7. Juni.
Breite 16° 35’ N; Länge 136° 30’ West. Nachts nass und unbehaglich. Der heutige Tag zeigt uns ziemlich deutlich, dass sich die Amerikanischen Inseln trotz entsprechender Hinweise hier nicht befinden. Mittags beschlossen wir, die Suche aufzugeben und heute Abend etwas weiter nördlich zu segeln, um Schiffen in die Quere zu kommen, die zu den Sandwichinseln fahren und zum Glück ziemlich häufig hier – sagen wir zwischen Breite 19° und 20° – entlangkommen, um die Passatwinde auszunutzen. Natürlich ist jeder Westwert ein Gewinn, und ich hoffe, das Chronometer irrt zu unseren Gunsten, denn ich glaube nicht, dass bei all den Stößen und Erschütterungen, die der Seegang hervorruft, ein so empfindliches Instrument korrekt die Zeit messen kann. Dank dem starken Passat hoffe ich, dass wir, ab Sonntag gerechnet, in einer Woche in Sichtweite der Sandwichinseln sind, wenn wir nicht schon vorher aufgelesen und gerettet werden.
Bis zu den Sandwichinseln sind es noch zwölfhundert Meilen; der Proviant ist praktisch aufgebraucht, nicht jedoch der Mut des todgeweihten Tagebuchschreibers.
8. Juni
. Letzte Nacht hat mir mein Husten ziemlich zu schaffen gemacht, so dass ich kaum Schlaf fand. Trotzdem geht es mir noch immer recht gut, und ich sollte mich nicht beklagen. Gestern hat der Dritte Maat den Block repariert, heute Nachmittag wurde nach einigen Schwierigkeiten das Segel geborgen, und Harry kletterte auf den Masttop und scherte mit einigem Aufwand die Fallen ein, so dass er nun leicht und gut arbeitet. Bei dem Seegang, den wir haben, ist das Erklettern des Mastes zu keiner Zeit leicht, in unserem gegenwärtigen Zustand sehr ermüdend. Belohnen konnten wir Harry nur mit einer Sonderration Wasser. Heute sind wir gutund rasch auf unserem Kurs vorangekommen. Allerdings nimmt das Boot bei so schneller Fahrt Wasser, und wir sind alle durchnässt; aber das lässt sich nun einmal nicht ändern. Tagebuch zu schreiben ist derzeit eine ziemlich heikle Angelegenheit. Heute besteht die Mahlzeit für uns fünfzehn aus einer halben Dose Bouillon-Suppe – die andere Hälfte wird für morgen aufgespart. Henry hält sich noch immer sehr gut und ist bei allen beliebt. Gebe Gott, dass er verschont wird!
Unter den Männern herrscht bessere Stimmung. –
Logbuch des Kapitäns
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9. Juni
. Breite 17° 53’. Heute haben wir, wie ich wohl sagen kann, unseren gesamten Proviant aufgezehrt. 30 Übrig ist nur noch das untere Ende eines Schinkenknochens mit etwas Schwarte und Haut. Was das Wasser betrifft, haben wir bei unserer gegenwärtigen Zuteilung wohl noch genug für zehn Tage. Wenn wir an Stiefelschäften und derlei Dingen kauen, hoffen wir, genug Nährstoffe aufzunehmen, um durchzustehen, bis wir die Sandwichinseln erreichen oder, da wir in der Fahrrinne dorthin segeln, unterwegs aufgelesen werden. Ich hoffe auf Letzteres – denn bei allem, was menschenmöglich ist, das andere kann ich nicht länger ertragen. Und doch sind wir auf wundersame Weise beschützt worden, und ich hoffe, Gott wird uns zu Seiner Zeit und auf Seine Weise erretten. Die Männer werden schwächer, sind aber noch ruhig und friedlich.
Sonntag, 10. Juni
. Breite 18° 40’; Länge 142° 34’. Hatten eine ziemlich gute Nacht, einige Male nass geworden, heute wieder ein wunderschöner Sonntag. Ich muss daran denken, wie wir alle ihn daheim genießen würden – und hier, was für ein Kontrast! Wie schrecklich die Ungewissheit, in der sie sind! Gebe Gott, dass sie recht bald daraus erlöst werden;
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