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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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Sie musste sorgfältig und akribisch formuliert sein und mit hohem Ernst gesprochen werden, damit all die anwesenden Fremden sich der Täuschung hingaben, ich sei nur die einführende, nicht aber die vortragende Person, und der Strom übersteigerter Komplimente sie anwiderte; wenn ich dann zum Schluss kam und beiläufig die Bemerkung fallenließ, ich selbst sei der Vortragende und hätte von mir selbst gesprochen, war die Wirkung höchst befriedigend. Aber wie gesagt, ich konnte diese Karte nicht ewig ausreizen; da die Zeitungen meine Einführung abdruckten, konnte ich sienicht mehr verwenden, weil das Publikum wusste, was kam, und seine Gefühle zügelte. Als Nächstes versuchte ich es mit einer Einführung, die ich meinen Erfahrungen in Kalifornien verdankte. Sie stammte von einem gebückten und unbeholfenen Bergarbeiter im Dorf Red Dog, den das Publikum gegen seinen Willen zwang, auf die Bühne zu steigen und mich vorzustellen. Er blieb stehen und dachte einen Moment nach, dann sagte er:
    »Ich weiß nichts über diesen Mann. Allenfalls zwei Dinge; das eine ist, er war nie in einer Strafanstalt, und das andere (nach einer Pause und fast be kümmert),
ich weiß nicht, warum nicht.
«
    Das funktionierte eine Zeitlang, dann druckten die Zeitungen auch diese Einführung, bis sie den letzten Saft aus ihr herausgepresst hatten, und danach gab ich meine Selbsteinführungen ganz auf.
    Ab und zu hatten Keeler und ich ein unverfängliches kleines Abenteuer, aber keins, das man nicht mühelos vergessen konnte. Einmal kamen wir in einem Städtchen mit Verspätung an und fanden kein wartendes Komitee vor und am Stand keine Pferdeschlitten. Bei hellem Mondschein bogen wir in eine Straße, trafen auf eine Vielzahl von Menschen, die alle in dieselbe Richtung strömten, vermuteten, dass sie auf dem Weg zum Vortragssaal waren – eine richtige Annahme –, und schlossen uns an. Vor dem Saal versuchte ich mich hineinzudrängen, wurde vom Kartenkontrolleur jedoch angehalten:
    »Die Einlasskarte bitte.«
    Ich beugte mich zu ihm und flüsterte:
    »Schon gut – ich bin der Vortragende.«
    Eindrucksvoll kniff er ein Auge zu und sagte so laut, dass die Menge es hörte:
    »Nein, das sind Sie nicht. Bisher sind schon drei von Ihnen gekommen, aber der nächste Vortragende, der hier hereinspaziert,
bezahlt.
«
    Natürlich bezahlten wir; das war der am wenigsten peinliche Ausweg aus dem Malheur. Am nächsten Morgen hatte Keeler ein Abenteuer. Gegen elf Uhr saß ich in meinem Zimmer und las Zeitung, als er vor Aufregung zitternd hereinplatzte und rief:
    »Kommen Sie mit – schnell!«
    »Was ist? Was ist passiert?«
    »Keine Zeit zum Reden – kommen Sie mit.«
    Entschlossen stapften wir drei oder vier Häuserblocks die Hauptstraße entlang. Keiner von uns sprach, beide waren wir erregt, ich in einer Mischung aus panischer Angst und entsetzlicher Neugier. Dann stürzten wir mitten durch ein Gebäude bis an dessen anderes Ende. Keeler blieb stehen, streckte die Hand aus und sagte:
    »Sehen Sie.«
    Ich blickte hin, sah aber nichts als eine Reihe Bücher.
    »Was ist denn, Keeler?«
    Voll freudiger Begeisterung rief er:
    »Schauen Sie – nach rechts; weiter – weiter nach rechts. Da – sehen Sie?
Gloverson und seine stillen Teilhaber!
«
    Und wirklich, da lag sein Buch.
    »Das ist eine Bibliothek! Verstehen Sie? Eine öffentliche Bibliothek. Und sie haben mein Buch!«
    Aus seinen Augen, seiner Miene, seiner Haltung, seinen Gebärden, aus seinem ganzen Wesen sprachen Entzücken, Stolz, Beglückung. Es kam mir nicht in den Sinn, zu lachen, im Gegenteil, von einer so uneingeschränkten Freude wird man ergriffen; Zeuge eines so vollkommenen Glücksgefühls zu sein rührte mich fast zu Tränen.
    Er wusste alles über das Buch, denn er hatte den Bibliothekar ins Kreuzverhör genommen. Es befand sich seit zwei Jahren in der Bibliothek, und die Ausleihbücher zeigten, dass es dreimal verlangt worden war.
    »Und gelesen!«, sagte Keeler. »Sehen Sie – die Seiten sind alle aufgeschnitten.«
    Überdies war das Buch »
gekauft
, nicht geschenkt« worden – »so steht’s in den Akten«. Ich glaube,
Gloverson
war in San Francisco veröffentlicht worden. Zweifellos waren auch andere Exemplare verkauft worden, aber dieser Verkauf hier war der einzige, dessen Keeler sich gewiss war. Kaum zu glauben, dass der Verkauf
eines
Exemplars eines Buches einem Autor diesen unermesslichen Seelenfrieden und Erfüllung bescherte, aber ich war dabei, und ich hab’s

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