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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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habe ich den ganzen Tag im Bett gelegen, ich rechne damit, auch morgen den ganzen Tag im Bett zu liegen, und werde den Rest des Jahres den ganzen Tag im Bett liegen. Nichts ist so erfrischend, nichts ist so behaglich, und nichts bereitet einen so gut auf die Art von Arbeit vor, die man Vergnügen nennt. Mr. Choate hat darauf geachtet, mir keine Komplimente zu machen. Nicht, weil er nicht wollte – ihm fielen einfach keine ein.
    Ich bin in der verantwortungsvollen Rolle eines Polizisten hierhergekommen – um Mr. Choate zu überwachen. Wir haben es mit einem Ereignis von ernster, jaschwerwiegender Bedeutung zu tun, und es schien mir geboten, anwesend zu sein, damit, falls er versuchen sollte, Äußerungen von sich zu geben, die eine Korrektur, Kürzung, Widerlegung oder Bloßstellung erfordern, ein bewährter Freund des Publikums hier sei, um den Saal zu schützen. Aber mit allem Freimut und Dank kann ich sagen, dass nichts dergleichen eingetreten ist. Er hat keine einzige Äußerung von sich gegeben, deren Wahrhaftigkeit nicht meinen eigenen Maßstäben entspräche. Ich habe nie erlebt, dass jemand sich so vervollkommnet hätte.
    Das macht mich nicht eifersüchtig. Es macht mich nur dankbar. Dankbar und stolz; stolz auf ein Land, das solche Männer hervorbringt – zwei solche Männer. Und beide in ein und demselben Jahrhundert. Wir können nicht immer mit Ihnen sein; wir scheiden dahin – scheiden dahin; bald werden wir fort sein, und dann – nun, dann wird alles zum Stillstand kommen müssen, schätze ich. Ein trauriger Gedanke. Aber im Geiste werde ich immer mit Ihnen sein. Choate ebenfalls – falls er es vermag.«
     
    Nichts zu widerlegen
     
    »Es gibt nichts zu erklären, nichts zu widerlegen, nichts zu entschuldigen, somit bleibt mir jetzt nichts anderes zu tun, als mein natürliches Gewerbe fortzusetzen – meine Lehrtätigkeit. In Tuskegee unterweist man die Schüler gründlich im christlichen Moralkodex; man bringt ihnen die unbestreitbare Wahrheit bei, dass dieses Moralsystem das höchste und beste von allen ist; dass die Größe der Nation, ihre Stärke und ihr Ansehen unter den anderen Nationen das Resultat dieses Systems sind; dass es das Fundament ist, auf dem der amerikanische Charakter beruht; dass alles Rühmenswerte und Wertvolle im Charakter des einzelnen Amerikaners Blüte und Frucht dieser Saat sind.
    Man bringt ihnen bei, dass dies auf jeden Fall zutrifft, ob der Betreffende bekennender Christ oder Ungläubiger ist; denn wir haben keinen anderen Moralkodex als den christlichen, und jedes Individuum steht von der Wiege bis zur Bahre unter dessen charakterbildendem Einfluss und mächtiger Herrschaft; er wird mit jedem Atemzug eingesogen, ist in seinem Blut und in seinen Knochen, ist Netz und Gewebe und Faser seines intellektuellen und spirituellen Erbes und unauslöschlich.Und so ist jeder unter den achtzig Millionen geborenen Amerikanern, worin sein Glaube oder sein Mangel an Glaube auch bestehen mag, unstrittig Christ – insoweit, als seine moralische Verfasstheit christlich ist.«
     
    Zwei Moralkodexe
     
    »All das ist wahr, und kein Schüler wird Tuskegee in Unkenntnis dessen verlassen. Woran also wird es ihm neben dieser wichtigsten Botschaft mangeln? Was kann ich ihm daneben noch beibringen, was er sich dort nicht aneignen oder sich nicht in hinreichend ausgeprägter Form aneignen könnte? Nun, diese große Tatsache, diese wichtige Tatsache – dass es zwei verschiedene, zwei getrennte Arten christlicher Moral gibt, so verschieden, so getrennt, so unverbunden, dass sie nicht näher miteinander verwandt sind als Erzengel und Politiker. Die eine Art ist die private christliche Moral, die andere die öffentliche christliche Moral.
    Die treuliche Befolgung der privaten christlichen Moral hat diese Nation zu dem gemacht, was sie ist – ein reines und rechtschaffenes Volk in seinem privaten häuslichen Leben, ein ehrliches und ehrenhaftes Volk in seinem privaten gewerblichen Leben; in dieser Hinsicht kann keine fremde Nation Vorrang vor ihr beanspruchen, kein Kritiker, ob im Ausland oder im Inland, kann die Gültigkeit dieser Wahrheit in Frage stellen. An 363 Tagen im Jahr bleibt der amerikanische Bürger seiner privaten christlichen Moral treu und hält den Charakter der Nation unbefleckt und in höchsten Ehren; dann, an den beiden anderen Tagen des Jahres, lässt er seine private christliche Moral daheim, trägt seine öffentliche christliche Moral zum Finanzamt und zur Wahlurne und

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