Meine geheime Autobiographie - Textedition
tut sein Bestes, um den Wert seiner Gläubigkeit und Rechtschaffenheit des übrigen Jahres zu beeinträchtigen und zunichtezumachen.«
Politische Moral
»Ohne zu erröten, wird er für einen schmutzigen Boss stimmen, wenn dieser Boss der Moses seiner Partei ist; ohne Gewissensbisse wird er gegen den besten Mann im ganzen Land stimmen, wenn dieser auf der Liste der anderen Partei steht. JedesJahr hilft er in einer Reihe von Städten und Staaten dabei, korrupte Männer in Ämter zu hieven, jedes Jahr hilft er, die Korruption immer weiter zu verbreiten; Jahr für Jahr lässt er das politische Leben des Landes allmählich verrotten, während er, wenn er seine öffentliche christliche Moral wegwerfen und seine private christliche Moral zur Wahlurne tragen würde, den Staatsdienst unverzüglich säubern und die Bekleidung eines Amtes zu einer hohen und ehrenvollen Auszeichnung machen könnte, begehrt von den besten Männern, die das Land zu bieten hat. Jetzt aber – nun, jetzt betrachtet er sein unpatriotisches Wirken und seufzt und trauert und beschuldigt jeden außer dem Richtigen – sich selbst.«
Was Steuerhinterzieher anbelangt
»Einmal im Jahr gibt er seine private christliche Moral auf, mietet sich eine Fähre und hinterlegt seine Wertpapiere für drei Tage in einem Depot in New Jersey, holt seine öffentliche christliche Moral hervor, geht zum Finanzamt, hebt die Hand und schwört, er wünsche, er möge niemals – niemals, wenn er auch nur einen Cent in der Welt besitze, bewahre! Tags darauf erscheint die Liste in den Zeitungen – ein und eine viertel Kolumne mit kleingedruckten Namen, und jeder der Männer auf der Liste ist Milliardär und Mitglied mehrere Kirchen.
Ich kenne diese Leute. Ich pflege freundschaftlichen, gesellschaftlichen und kriminellen Umgang mit ihnen. Wenn sie zufällig in der Gegend sind, lassen sie keine Predigt aus, und sie lassen auch keinen Tag der Abschwörung aus, ob sie nun zufällig in der Gegend sind oder nicht. Der Unschuldige kann in dieser zerfallenden Atmosphäre nicht unschuldig bleiben. Früher war ich ein ehrlicher Mann. Ich zerbrösle. Nein – ich bin schon zerbröselt. Als ich vor vierzehn Tagen einen Steuerbescheid über $ 75 000 erhielt, ging ich aus dem Haus und versuchte, mir das Geld zu leihen, es gelang mir nicht; als ich herausfand, dass man einen ganzen Haufen Millionäre für ein Drittel der Summe, mit der man mich belastet, in New York leben lässt, war ich gekränkt. Ich war empört und sagte: ›Das ist der letzte Tropfen! Ich werde diese Stadt nicht allein aus eigener Kraft finanzieren.‹ In diesem Augenblick – in diesem denkwürdigen Augenblick – begann ich zu zerbröseln.«
Mark Twain zerfällt
»Nach fünfzehn Minuten war der Zerfall vollständig. Nach fünfzehn Minuten war ich zu einem moralischen Sandhaufen geworden, und gemeinsam mit diesen routinierten und erfahrenen Diakonen hob ich die Hand und schwor jedem Fetzen persönlichen Eigentums ab, den ich in der Welt besaß, bis hin zu Holzbein, Glasauge und was von meiner Perücke übrig ist.
Die Finanzbeamten waren gerührt, sie waren zutiefst gerührt; dass abgebrühte alte Arbeitstiere sich so aufführten, waren sie längst gewohnt und konnten den Anblick ertragen; aber von mir, einem beeidigten professionellen Moralisten, erwarteten sie Besseres und waren betrübt. Ich sank sichtlich in ihrer Achtung und Wertschätzung und hätte auch in meiner eigenen sinken sollen, nur hatte ich den Tiefpunkt schon erreicht, und tiefer konnte ich nicht fallen.«
Schwört ein Gentleman ab?
»In Tuskegee wird man, zusammen mit Dr. Parkhurst, aus mangelnden Beweisen voreilige und irrige Schlüsse ziehen und die Schüler zu dem Aberglauben verleiten, dass ein Gentleman niemals flucht und schwört. Schauen Sie sich diese guten Millionäre an; sind sie nicht Gentlemen? Nun, sie fluchen und schwören. Vielleicht nur einmal im Jahr, aber das Ausmaß ist groß genug, um die verlorene Zeit aufzuholen. Und verlieren sie dadurch irgendetwas? Nein, das tun sie nicht; in drei Minuten sparen sie genug, um ihre Familie sieben Jahre lang zu ernähren. Wenn sie schwören, erschauern wir dann? Nein – es sei denn, sie fluchen und sagen ›Verdammt!‹. Dann erschauern wir. Dann würden wir am liebsten im Erdboden versinken.
Aber so sollten wir nicht empfinden, denn wir alle fluchen – jeder. Einschließlich der Damen. Einschließlich Dr. Parkhurst, dieser starke, mutige und
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