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Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde

Titel: Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Crowley Knut Krueger
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ihm zu erklären, dass Weenie es nicht mit Absicht gemacht hatte. Er war schließlich nur ein Hund und Käse liebte er über alles. Wahrscheinlich hatte er den Cheeto für ein großes Stück Cheddar gehalten. Allmählich beruhigte sich Biswick, und irgendwann dachte ich, er sei eingeschlafen.
    Doch plötzlich sagte er: »Er war nicht mein richtiger Daddy, aber ich habe ihn genauso geliebt. Soll ich dir mal was Komisches erzählen? Wenn wir unter uns waren, hat er gar nicht gesprochen wie jemand, der aus Irland kommt. Das hat er nur ›vor Publikum‹ getan, wie er es nannte. Er hat die Leute gern an der Nase herumgeführt. Eigentlich kam er aus Alabama und war ein Wunderkind. Er hat schon ganz früh Klavier gespielt und die Zeitungen waren voll davon. Das hat er mir selber erzählt. Wegen seiner Eltern musste er im ganzen Land auftreten, aber er hat das gehasst, echt gehasst! Er wollte immer Dichter werden, aber sie haben zu ihm gesagt, dass das nichts Gutes bringen würde. Mit siebzehn ist er dann von zu
Hause weg und von einem Ort zum anderen gezogen. Nachdem meine Mommy gestorben ist, hat er gesagt, dass er nach Harvard gehen will, um seinen Traum zu verwirklichen. Also haben wir beide das getan.«
    Der Mond ließ den Schnee aufleuchten und schien direkt in mein Fenster. Ich wartete mehrere Minuten, ehe ich fragte: »Aber wenn er nicht dein richtiges Daddy war, was war er dann für dich?«
    »So was wie ein Stiefvater wahrscheinlich«, antwortete er. »Er hat Mommy in einer Bar in Oklahoma getroffen. Da war ich schon in ihrem Bauch, aber Daddy Jack hat gesagt, dass sie ihm nichts davon erzählt hat. Sie hat ihn mit in ihr Reservat genommen, wo sie die ganze Nacht an irgendwelchen Spielautomaten standen und getrunken haben. Das haben sie so lange gemacht, bis man sie rausgeschmissen hat. Nachdem ich geboren wurde und wie ein Alien aussah, hatte Daddy ein schlechtes Gewissen, weil er Mommy June nicht vom Trinken abgehalten hat, obwohl er ja gesehen hat, wie ihr Bauch immer größer wurde. Also ist er in unserer Nähe geblieben und hat selber gar nicht mehr getrunken. Das fing erst wieder an, als Mommy June weg war.« Er machte eine Pause, und ich wusste, dass ihm die Bilder von früher durch den Kopf gingen. Ich wollte nicht, dass er noch mehr litt, also hörte ich auf zu fragen.
    Doch dann redete er von sich aus weiter: »Ich kann mich nicht so gut an sie erinnern. An ihr Aussehen und ihre Stimme. Aber ich weiß noch, wie sie gerochen hat, weil sie ständig diesen Stift mit Kirschgeschmack für ihre Lippen benutzt hat. Und an ihre Hände erinnere ich mich auch. Die waren ganz klein, so wie meine. Und sie hat immer meine Hand gehalten, wenn wir zusammen unterwegs waren.«
    »Dann hat sie dich bestimmt geliebt«, sagte ich.
    »Sie hieß Mommy June. Sie wollte nicht, dass ich Mama zu
ihr sage, weil sie fand, dass sie dafür zu jung war«, entgegnete er. Und dann: »Sie hat mich verlassen.«
    »Wohin, Biswick? Wo ist sie hingegangen?«
    »Sie ist gestorben«, antwortete er. »Sie ist über die Straße gegangen und unter einen Truck gekommen.«
    »Dann hat sie dich nicht verlassen, Biswick.«
    »Doch«, sagte er. »Sie hat mich im Apartment zurückgelassen.«
     
    Später in der Nacht hörte ich, wie die Tür aufging, und ich wusste, es war Bug, die wahrscheinlich nichts Gutes im Schilde führte. Sie schlich zu meinem Bett. Ich hielt die Augen geschlossen und wartete. Ich war bereit. Diesmal würde ich ihr eine verpassen, wenn sie sich zu mir herunterbeugte, um mir »Velveeta« ins Ohr zu flüstern. Aber das Wort kam nicht. Stattdessen strich eine Bürste sanft und wohltuend durch meine Haare. Ich tat weiter so, als ob ich schliefe, während meine Haare in einem weiten Bogen um meinen Kopf herumlagen wie ein Fächer. Der Duft von Love’s-Baby-Soft-Parfüm verbreitete sich im Zimmer.

Zweiundzwanzigstes Kapitel
    S ie waren rosa«, sagte Biswick und blickte von der überbackenen Brombeergrütze auf, die er gerade aß. »Ihre Zehen.« Es war kurz vor Sonnenaufgang. Wir waren früh aufgestanden und in die Küche gegangen.
    Mir gingen verschiedene rosafarbene Dinge durch den Kopf.
    »Sie waren perfekt angemalt. Sie hat viel Zeit mit ihren Zehen verbracht. Die Farbe war wie die vom Bubblicious-Kaugummi. Als ich mal Fußpilz hatte, hat sie mir gesagt, dass ich mich auch so gut um meine Zehen kümmern sollte wie sie, dann würde das nicht passieren. Vielleicht waren es die leuchtenden rosa Zehennägel, die den Fahrer des

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