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Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde

Titel: Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Crowley Knut Krueger
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gerade von Veraleens Haus und sah nicht besonders gut aus. Er sagte irgendwas über einen Baum und dass alle ihn verlassen hätten.«
    »Außerordentlich!« Ich schnappte mir eine zweite Jacke und lief aus dem Zimmer - nicht ohne zu bemerken, dass in der Reihe meiner PEZ-Boxen eine Lücke entstanden war. Mr Smiley fehlte. Unten griff ich mir eine Wasserflasche, mein Fernglas und meinen Müllspieß und hastete zu meinem Fahrrad, während ich ein paar Mal fast über meine klobigen Füße gestolpert wäre. Bitte lass ihn nicht die falschen Schlüsse aus Veraleens Verschwinden ziehen! Bitte lass ihn nicht in die Berge laufen, um nach dem Baum des Konquistadors zu suchen! Doch im Grunde wusste ich genau, was er vorhatte.
    So schnell wie nie zuvor raste ich mit meinem dreirädrigen Gefährt durch die Straßen von Jumbo. Ich blickte in den Himmel.
Der angekündigte Schneesturm schien den Atem anzuhalten, um jeden Moment loszubrechen.
    »Oh Biswick«, sagte ich immer wieder vor mich hin, während ich wie wild in die Pedalen trat. Ich hätte ihn längst zum Cathedral Mountain mitnehmen sollen. Hätte ihm zeigen sollen, dass es den Baum des Konqusitadors nicht gibt, damit er sich diese fixe Idee aus dem Kopf schlägt. Ich hätte ihm von seinem Daddy auf der Müllhalde erzählen sollen. Ich hätte ihm die Wahrheit über Veraleen sagen sollen. Ich hätte ihn nach Hause begleiten sollen.
    Als ich dreißig Minuten später am Fuße der Berge ankam, wurde der Weg so uneben und steinig, dass ich nicht mehr weiterradeln konnte. Ich steckte mein Notizbuch in die Seitentasche meiner zweiten Jacke und zog sie mir über diejenige, die ich bereits anhatte.
    Vor mir türmten sich die Chitalpi Mountains auf. Mein ganzes Leben lang hatten sie mich beschützt. Und nun hielten sie irgendwo Biswick in ihren Armen.
    Dort. Ein Pfad. Der Pfad des Ziegenhirten. Ein leicht zu übersehender Schlagbaum markierte den Punkt. Von hier aus war er gestartet. Ich wusste es. Und jetzt setzte auch ich mich in Bewegung, geleitet von etwas, das tief in mir ruhte. Es wies mir den Weg und gab mir zu verstehen, wo ich nach ihm suchen sollte. Ich spürte den Weg mit meinem ganzen Körper. Doch mit jedem Schritt, den ich machte, nahm der Schneefall zu. Der Schnee schüttete inzwischen nur so auf mich herab und blieb an mir haften. Endlich erblickte ich ein paar Fußspuren, die der Schnee noch nicht unkenntlich gemacht hatte. Sie sahen aus wie die zarten Abdrücke eines jungen Rehs. Ich dachte daran, was sein Daddy über Biswick gesagt hatte - dass er niemals erwachsen werden, niemals Spuren in dieser Welt hinterlassen würde.
    Ich erreichte eine kleine Lichtung, blieb stehen und rief
seinen Namen. Doch es kam keine Antwort. Außer meinen tiefen, besorgten FF-Atemzügen war nichts zu hören. Die ganze Welt hatte Biswick im Stich gelassen. Ich stapfte weiter und spürte immer mehr die beißende Kälte, je höher ich gelangte. Immer wieder rief ich nach ihm. Er war ganz in der Nähe. Ich wusste es. Ich fragte mich, ob er mich vielleicht hörte und absichtlich nicht antwortete.
    Die Dunkelheit brach rasch herein. Ich kam mir immer verlorener vor und konnte mich nicht mehr orientieren. Überall Schnee, nichts als Schnee. Ich dachte daran, was Grandma zu sagen pflegte: »Aus dir wird sowieso nichts werden. Warum versuchst du es überhaupt?« Siehst du, Grandma, ich versuche es trotzdem.
    »Biswick!«, rief ich erneut. Auch die beiden umgestürzten Felsbrocken, die vor mir auf dem Abhang lagen, waren jetzt von Schnee bedeckt.
    Dann sah ich ihn. Knapp zehn Meter von mir entfernt, auf der Kuppe eines Hügels. Er hatte sich zumindest gut genug angezogen, trug einen Anorak mit Kapuze und Handschuhe. Irgendwas schien er intensiv zu betrachten.
    »Biswick!«, rief ich. »Ich hab mir Sorgen um dich gemacht!«
    »Ach, das ist doch albern!«, sagte er, ohne zu mir herüberzuschauen.
    »Was ist da vorne?«
    Er winkte mich zu sich heran. Als ich neben ihm stand, zeigte er in eine Schlucht. Dort unten, zwischen einem Haufen von Steinen, stand ein dürrer Zedernbusch.
    »Das ist er, Merilee, nicht wahr? Der Baum des Konquistadors«, sagte Biswick. »Dort liegt mein Schatz vergraben. Jetzt bin ich reich.« Doch er schien nicht einmal sich selbst überzeugen zu können.
    Ich wartete einen Moment, ehe ich sagte: »Nein, da ist nichts. Überhaupt nichts.«

    Er runzelte die Stirn.
    »Es tut mir leid, Biswick. Es tut mir so leid.«
    Mehrere Minuten standen wir schweigend nebeneinan

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