Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen
darum ging, etwas in
zwei Teile zu schneiden. Echte Aufschlitzer! Ihr Bajonett ist uns heute noch dienlich.
Natürlich haben wir uns mittlerweile versöhnt, aber so manches vergisst man nicht.
Als ich am 14. Juli 2007 von Nicolas [Sarkozy] eingeladen wurde und während der Parade in Paris auf der offiziellen Tribüne sozusagen als
»Staatsgast« saß, behielt ich meine Bauernkappe auf. Ich vertrat dort schließlich die Kleinbauern des Landes.
Nun ja, die Parade war beeindruckend. Man feierte das Vereinigte Europa, das Europa des Friedens, und das finde ich gut.
Das Europa der Landwirtschaft, damit kann ich schon weniger anfangen. Schließlich kamen die deutschen Soldaten, und da verging
mir das Lachen, als ich ihre Marschmusik hörte und ihre Stiefel. Mir lief richtig ein Schauer über den Rücken. Das wirkte,
als hätten sich ihre Haltung, ihr Schritt nicht verändert.
Da war plötzlich die Vergangenheit wieder da, als sie in unserem Land waren und uns mit ihren Bombardements Angst machten.
Heute allerdings helfe ich ihnen gerne. Die Kinder sind ja nicht verantwortlich für die Taten ihrer Eltern. Aber damals, bei
der Parade, als ich das »Tap, tap« ihrer Stiefel hörte, erinnerte ich mich wieder an meine Freunde, die damals sangen: »Halli,
hallo, auf euch wartet das Iâo!« (das Wasser).
Und man sieht die Kinder wieder vor sich, wie sie auf dem Schulhof die deutschen Soldaten nachahmten und dabei den Rücken
durchdrückten und den Pürzel rausstreckten wie die Enten.
Die alten Leute hier, die das lesen, werden sich sagen: »Aber dieser Bedel hat doch einen Knall.« Das ist doch mittlerweile
alles Schnee von gestern. Und tatsächlich bin ich zu denen, die heute zu mir kommen, sehr nett. Das sind Deutsche, keine Boches,
wie wir die Besatzer damals nannten.
Aber manchmal schmerzen Erinnerungen auch.
Ich sehe lieber die Schwalben über den Semaphor fliegen als noch mal die schwarze Fahne, die im Wind flatterte wie ein Schreckgespenst.
Ich spaziere so durch meine Natur und trage meine Geschichte mit mir, meine Gedanken, meine Tage, meine Tiere, meine Felder.
Das Mesner-Sein ist durchaus ähnlich, auch da hat man mit Liebe und Hass zu tun.
An den Erinnerungen, die mit den Orten verbunden sind, an denen man lebt, trägt man schwer.
Es war auch nicht leicht, die Felder nicht so zu bestellen, wie alle Welt das tat, dem Fortschritt immer hinterherzulaufen.
Man mustert dich gleichsam aus und stellt dich in eine Ecke.
Und kurz bevor du stirbst, holt man dich wieder hervor.
Wie es mir gerade passiert.
Vorher hatte ich mich fast selbst vergessen.
Und in wenigen Tagen, Stunden oder Monaten wird die Welt mich auch vergessen haben.
Paul auf dem Scheißhaus
Manche Leute glauben, dass es mich nicht gibt, dass ich eine erfundene Person bin. Aber meine Hände lügen nicht: das sind
riesige Pfoten mit Dreck unter den Fingernägeln. Mein Leben ist der Hof. Ich habe Bauernpranken, daran erkennt man sich untereinander.
Mit den Briefen ist das ganz ähnlich. Zwei- oder dreitausend habe ich bislang bekommen. Meine Schwestern und ich haben acht
Tage gebraucht, um sie zu sortieren.
Und die bös gemeinten darunter konnte man an den Fingern einer Hand abzählen. Ich würde nie einen Brief an jemanden schreiben,
den ich nicht mag. Diese Leute haben sich wohl insgeheim selbst etwas vorzuwerfen, daher machen sie anderen Leuten Vorwürfe.
So jedenfalls denke ich mir das. Niemand würde doch zum Beispiel an Johnny Hallyday, schreiben, um ihm von seinem Leben und
dessen Unglücksfällen zu berichten. So einen Brief würde er doch gar nicht lesen. Und auf die Idee, ihn zu beschimpfen, käme
schon gar niemand.
Jeder hat seinen Platz: jeder Brief, jeder Besucher, jeder Leser, jeder Zuschauer, einfach jeder.
Ich mag Leute, die offen und ehrlich sind.
Aber wie nett und bewegend die meisten Briefe auch sind, ich kann sie doch nicht beantworten. Da würde ich viele Briefmarken
brauchen! Bei siebenhundertfünfzig Euro Rente muss ich da schon aufpassen.
Außerdem schreibe ich sehr langsam.
Aber ich lese wirklich jeden Brief. Ich nehme mir morgens extra Zeit dafür. Diese Briefe sind für mich ein völlig neuartiges
Vergnügen wie eine Tür, die sich zu den anderen hin öffnet, zu ihren Geschichten. Die Leute, die mir schreiben, kommen aus
allen möglichen Ecken, aus allen Schichten. Manche sind gläubig, andere nicht. Die einen glauben an die Erde und die Natur,
die anderen eher an etwas
Weitere Kostenlose Bücher