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Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Titel: Meine Philosophie lebendiger Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Pape
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einst in fremden Ländern »eine Fülle des Lebens« fand.
    Mit der Vermessung des Gartens werden sich die Menschen bewusst, von welchen Dingen sie sich trennen wollen. Das ist für die meisten neu, manchmal schmerzhaft, aber nach
meiner Erfahrung hat es noch keiner bereut. Plötzlich kann der Schuppen weg oder er kann deutlich kleiner werden, weil keiner so richtig dran hängt. Ein neuer kann her, vielleicht an ganz anderer Stelle. Hier stehen die Bäume, dort ein paar Büsche, die sollen bleiben, die Rosen werden sehr geliebt, aber der Rest steht zur Disposition. Die Vermessung führt zur Klarheit, in welche Richtung der Garten verändert werden soll - nicht nur wovon man sich trennen will, vor allem auch, was man positiv neu haben möchte. Die Probleme werden dabei erkannt, werden bewusst gemacht. Die Botschaft lautet: Vermesse deinen Garten, und du wirst ihn erkennen und erfahren, was du darin ändern willst. Dir wird Klarheit über deinen Garten zuteil.
    Wenn ich zur Vermessung auffordere, hole ich die Menschen in ihrem Garten ab, denn sie wollen von mir beraten werden, suchen nach neuen Ideen und Konzepten, die ich aber nicht unabhängig von ihnen, die ja dort leben werden, entwickeln will. Voraussetzung jeder Beratung ist das Wissen um den eigenen Wert und das Wissen um die eigenen Neigungen und Empfindungen. Wem dieses Wissen fehlt, der kann nur einen theoretischen Rat erwarten, einen emotionslosen, ohne Herz, wie aus einem Modellkatalog. Aber einen solchen Rat findet er bei mir nicht.

Den Wert (v)ermessen
    Der Vermesser eines Gartens wächst mit der Aufgabe. Dafür muss er sich anstrengen, was auch mit Emotionen verbunden
ist. Er spürt den Raum, erfährt den Wert, den er besitzt, nicht monetär, vielmehr ideell. Er bekommt erste Ideen, wie viel mehr er aus seinem Garten machen kann und wozu er das tun will. Plötzlich ist er ganz ausgehungert nach weiteren Ideen, trägt Wünsche, Sehnsüchte und Hoffnungen im Herzen, die ich ihm zu erfüllen versuche. Und schon ist es eine hoch emotionale Angelegenheit. Manch einer schämt sich angesichts der Erkenntnis, so viele Jahre diese Werte seines Gartens brachliegen gelassen zu haben. Schnell kommen die Entschuldigungen, die Kinder seien ja noch klein gewesen und brauchten viel Rasen... Aber warum Vorwürfe? Ist es nicht großartig, sich überhaupt Gedanken zu machen, etwas verändern zu wollen? Außerdem es ist ja mein Anspruch, Design jedem zugänglich zu machen.
    Wer seinen Garten vermessen hat, ist im eigenen Konzept angekommen. Er sieht manches Problem sehr viel freier, wird entscheidungsfreudig und bereit, sich auf Neues, bisher nicht Gedachtes einzulassen. Zumindest erst einmal als Denkansatz. Wenn der Gartenbesitzer mit seinem Vermessungsergebnis zu mir kommt, trifft er auf Fragen, neue Sichtweisen, wird mit eigenen Unsicherheiten konfrontiert und fühlt sich gefordert. Die eigene Aktivität ist gefragt, aber zugleich bereits angelegt in der selbstständigen Vermessung, und damit hat der Vermesser schon seine ersten Erwartungen im Kopf. Es kommen nicht die passiv ausgerichteten Fragen »Was soll ich tun? Was würden Sie hier machen?«, oder gar die Aufforderung: »Frau Pape, machen Sie mal!« Bei mir soll der Gartenbesitzer zunächst in seinen eigenen Worten das, was
ich auf seinen Fotos und Plänen sehe, noch einmal erklären. Amüsant zu erleben, wie Ehepaare dabei uneins sein können, sich fast zu streiten beginnen über den Zustand und das Aussehen ihres Gartens. Dabei muss ich immer wieder an das Ehepaar bei Tucholsky denken, das einem Gast einen Witz erzählt: »Meine Frau kann keine Witze erzählen. Lass mich mal. Du kannst nachher sagen, ob’s richtig war. Also nun werde ich Ihnen das mal erzählen.« Während die Frau später sagt: »Du verdirbst aber wirklich jeden Witz, Walter!« Bezogen auf den Garten hört es sich etwa so an:
    »Das Rasenstück liegt sehr niedrig.« »Ach, ich finde eher höher.«
    »Das ist viel weiter weg!« »Nein, es liegt ganz nahe, nur ein paar Schritte entfernt.«
    Ich frage dann: »Sie haben doch ein Aufmaß?« »Ja, da sieht man das aber nicht so genau …«
    Und das ist nicht einmal so falsch. Natürlich sollte ein korrektes Aufmaß klare Antworten auf die Fragen nach Höhen, Tiefen und Entfernungen geben. Aber Vermessung im hier beschriebenen Sinne ist tatsächlich mehr als die Arbeit mit dem Maßband. Mit dieser Vermessung findet ein Mensch ein ganz anderes Verhältnis zu seinem Garten, bekommt ein Gefühl für

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