Meine Rechte als Nachbar
einzuhaltenden Grenzabstände als besonders schutzwürdig anzusehen, weil eine Unterschreitung eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung beeinträchtigt. Der Nachbar hat auch einen bundesrechtlich begründeten Schutzanspruch auf Bewahrung der jeweiligen Gebietsart im Bebauungsplan. Hierzu gehört z.B. die Umwandlung eines allgemeinen Wohngebietes in ein Mischgebiet. Auch Krankenhäuser, Kur- und Altenheime sind gegenüber Störungen von außen besonders geschützt. Vor Verkehrslärm auf neuen Straßen und Schienenwegen sowie vor sonstigem Lärm sind sie noch stärker zu sichern als reine Wohngebiete. Zu der genannten Gruppe gehören auch schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Immissionsschutzrechts, wenn diese das zulässige Maß überschreiten.
Bauliche Anlagen dürfen keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit auslösen. Dies ergibt sich aus einer Generalnorm des Bauordnungsrechts (z.B. § 3 LBauO Rheinland-Pfalz). Diese Vorschrift eröffnet den Bauordnungsbehörden die Möglichkeit, die Entfernung solcher baulicher Anlagen zu verlangen, die eine Gefahrenlage auslösen (so z.B. bei Stacheldrahteinzäunung in geringer Höhe, vgl. VG Koblenz, Urt. v. 28.11.2006, Az. 7 K 2595/05).
Ein Grundstückseigentümer hatte auf seinem Grundstück, zum Ärger seines Nachbarn, einen riesigen Brennholzstapel gelagert. Nach Klageeinreichung entfernte jedoch der Beklagte den Brennholzstapel, worauf die Parteien das Hauptsacheverfahren für erledigt erklärten. Im Rahmen einer Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss musste das OVG Koblenz (Beschl. v. 30.11.1998, Az. 5 W 810/98) zur Angelegenheit Stellung nehmen. Die Richter waren der Auffassung, dass eine Brennholzablagerung in Form aufgeschichteter Holzstöße auf einem Wohngrundstück in einem reinen Wohngebiet eine nach Baunutzungsverordnung zulässige Nebenanlage sein kann, wenn das gelagerte Holz ausschließlich zur Beheizung des auf dem Grundstück stehenden Wohngebäudes verwendet wird. Gebäuden vergleichbare Wirkungen auf die Abstandsflächenfunktionen gehen von sonstigen Anlagen jedoch dann aus, wenn sie eine Höhe von 2 m überschreiten und ihre Länge oder Breite – vergleichbar der Ausdehnung von Geräteschuppen bei 3 m und mehr liegt. Unter diesem Aspekt habe der beeinträchtigte Nachbar einen Anspruch auf Beseitigung des Holzstapels.
Gibt es einen Rechtsanspruch auf baubehördliches Einschreiten?
Die Ermächtigungsnormen im Baurecht stellen zunächst einmal bloße Handlungsmöglichkeiten der Behörde dar. Den bauordnungsrechtlichen Eingriffsinstrumentarien kommt daher kein genereller und umfassender Nachbarschutz zu. Der Nachbarschutz im Baurecht ist zunächst begrenzt auf einen bloßen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.
Ein echter Rechtsanspruch auf baubehördliches Einschreiten kann daher nur in den Fällen auftreten, in denen sich das Ermessen im Einzelfall zugunsten des Nachbarn auf Null reduziert. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn durch rechtswidrige Baumaßnahmen ein hoher Störungs- und Gefährdungsgrad entsteht, wenn das Leben oder die Gesundheit des Nachbarn gefährdet wird, aber auch wenn z.B. im baurechtlichen Freistellungsverfahren kein anderweitiger ausreichender Nachbarschutz gegeben ist.
Verwirkung
Gustav Birne pflegt mit seinem Nachbarn ein gutes Verhältnis. Als dieser nach elf Jahren wegen einer beruflichen Veränderung sein Wohnhaus verkauft und umzieht, ist Birne traurig. Mit dem neuen Eigentümer wird Birne nicht recht warm. Nach einer Auseinandersetzung stellt Birne fest, dass das Bauvorhaben des Kontrahenten seinerzeit den vorgeschriebenen Gebäudeabstand unterschritten hatte; er ficht die Baugenehmigung an. Sein Nachbar ist der Auffassung, Birne habe seine Abwehrrechte per Zeitablauf verwirkt.
Die Gerichte haben sich in mehreren Fällen mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen ein nachbarliches Abwehrrecht verwirkt ist, also nicht mehr durchgesetzt werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht (NVwZ 1991, 1182) war der Ansicht, dass der maßgebliche Zeitraum der Untätigkeit des Nachbarn, der zur Verwirkung seines Rechts führt, nicht länger zu bemessen ist als die Zeit, die dem Berechtigten im Regelfall verfahrensrechtlich zur Geltendmachung seines Anspruchs eingeräumt wird. Eine längere Untätigkeit des Nachbarn führt jedoch nicht zum Verlust des Abwehrrechts, wenn der Bauherr eine Baugenehmigung schon zuvor im wesentlichen Umfang sofort ausgenutzt hat, ohne
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