Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe
gezeigt, klar?«
»Klar!«
Was für eine nervtötende, widerliche Null! Und mir war nicht mal die Zeit und der Platz vergönnt, in aller Ruhe eine ehrliche Zigarette zu rauchen. Willst du? Steck ihn dir doch sonst wo hin, deinen Würfel. Das fehlte mir gerade noch, jetzt auch noch Tüten zu rauchen, zusätzlich zu dem ganzen Stresskram, der mir im Kopf rumging. Außerdem hatte ich immer schon eine Scheißangst vor Drogen, auch vor den leichten. Allein die Vorstellung, die Kontrolle über meine Bewegungen und Worte zu verlieren, allein das Bild, wie ich vollgedröhnt durch dieses beschissene Städtchen taumele, wo jeder alles von allen weiß, widerte mich an. Wie konnte man ein Ritucci Valerio werden wie der da, sich tagtäglich dem Gespött der Menge aussetzen, und hören müssen, wie der eigene Name mit verächtlichem Unterton in den Bars, in den Friseursalons, überall, von Mund zu Mund geht? Dass jemand so wenig Eier in der Hose hatte, konnte ich mir nicht mal vorstellen. Ich hätte noch welche zu verschenken gehabt!
Ich nahm die Straße zu unserem Haus und wartete draußen auf die Lieferung des Einkaufs. Keine Lust, mich vom Chef oder der Robbe erwischen zu lassen, ich hätte zu viel erklären müssen (Streit, Ohnmacht usw.), also lehnte ich mich an eine Mauer nicht weit vom Eingang unseres königlichen Anwesens, derzeit unter Dauerwäsche stehend wegen des bevorstehenden Besuchs der Königin Virginia von Leckmich, und wartete. Sogar von hier aus meinte ich das Desinfektionsmittel zu riechen, mit dem die Fenster und die Kloschüssel misshandelt worden waren.
Da sah ich ihn.
Er stand auf der gegenüberliegenden Straßenseite, mehr schlecht als recht hinter einem Baum versteckt, und starrte angestrengt auf mein Haus. Ein anderer hätte ihn für den Schmierensteher einer Diebesbande halten können.
Aber nein. Es war Mauro. Mauro, der durchaus nicht verschmähte Liebhaber meiner mickrigen Schwester, der mein hochelegantes – und jetzt blitzblankes – Heim aufmerksam beobachtete, mit Blicken absuchte, ja, diesen Anblick förmlich raubte. Wahrscheinlich hoffte er irgendwann, hübsch eingerahmt, den »höchst begehrenswerten« Arsch der Mönchsrobbe auftauchen zu sehen.
Ich sagte: »Hast du was verloren, mein Freund?«
Er zuckte zusammen. Machte buchstäblich einen Sprung auf der Stelle wie einer aus der Verteidigungslinie, wenn der Gegner einen Strafstoß schießt. Fehlten nur noch die Hände auf den Eiern.
»Was zum Teufel treibst du hier, bitte schön?«, fragte ich.
Er wurde blutrot. Und zitterte sogar.
Ich bin ein gnadenloser Typ, dachte ich. Ich bin schon gnadenlos geboren.
»Nun?«, drängte ich.
»Ich …«
»Ich was?«
»Ich komme oft her.«
»Wozu?«
»Es ist wegen«, er schluckte, »wegen deiner Schwester.«
Ich trat einen Schritt vor. »Hab ich’s mir doch gedacht, du spionierst ihr nach!« Böse Miene des eifersüchtig-jähzornigen Bruders. Was für ein Spaß.
»Es ist nicht so, wie du denkst!«, stammelte er.
»Nein? Und was denke ich? Sag du es mir, perverser Wichser! Oder weiß sie es sogar?«
Er schrak auf, fast fiel ihm die Brille von der Nase. »Weiß was?«
»Dass du dich hier hinstellst!«
Er schien darüber nachzudenken. »Ja … das heißt nein! Ja und nein.«
Ich seufzte. »Ja oder nein, Arschloch?!«
Er warf einen raschen Blick auf das Haus. »Manchmal kommt es mir so vor, naja, also mir scheint, dass sie weiß, dass ich hier bin.« Er schüttelte den Kopf. »Aber sie guckt mich nicht an, darum weiß ich es nicht.«
Er tat mir leid. Sehr. Wahrscheinlich war dieser wandelnde Rohrkrepierer zu nichts zu gebrauchen, daher mein Mitleid. Sogar ihn mit dem Schwanz in der Hand zu erwischen, wäre eine magere Ausbeute gewesen. Oder nicht?
Ich sah ihn mir gründlich an.
War er ein Loser? Oder war er stinkreich und darum erpressbar? Andernfalls nützte er niemandem, nicht mal sich selbst.
»Du heißt Mauro?«, sagte ich, einen versöhnlicheren Ton anschlagend.
»J-ja. Wer hat dir das gesagt?«
»Ich habe meine Quellen und kenne diverse grausame Methoden, um Informationen zu erpressen. Das will ich schon jetzt klarstellen, mein Freund.« Ich machte eine Kunstpause. »Mauro heißt du also. Gut. Und womit beschäftigst du dich, wie verdienst du dir den täglichen Maiskolben zum Abnagen?« Verdammt, war ich gut! Die von der CIA hätten sich Notizen machen sollen. Ich konnte Kurse geben, wie man Leute zum Reden bringt, dabei Millionär werden und eine neue, fürchterliche Sorte
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