Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims: Roman (German Edition)
von Sternen funkelten am Himmel wie die Brillanten in Mums Ehering. Bestimmt trägt sie ihn nicht mehr. Ich starrte zum Himmel hoch und zeigte Gott den Mittelfinger, falls er mich grade wieder beobachtete. Ich kann es nicht leiden, wenn man mir nachspioniert.
Rogers Fell schimmerte im Mondlicht, und er machte sich davon, wahrscheinlich um eine Maus zu jagen oder so. Ich wollte nicht an das kleine tote Ding denken, das er vor der Tür abgelegt hatte, und ging zum Teich rüber. Dort starrte ich ins Wasser, aber ich sah trotzdem nur das graue steife tote Tierchen vor mir und war froh, dass Rose zerfetzt worden war. Ich hätte es schlimm gefunden, wenn sie irgendwo in der Erde gelegen hätte, vor allem in so einer kalten Nacht wie dieser.
Etwas platschte. Ich beugte mich so weit über den Teich, dass meine Nase das schwarze Wasser berührte. Zwischen diesen Pflanzen und Gräsern da war irgendwo der Goldfisch, das wusste ich. Seine glänzende Haut hat genau dieselbe Farbe wie meine Haare, und ich habe uns beide mit einem orangen Stift in mein Malbuch gezeichnet. Andere Tiere sah ich nie, wenn ich in den Teich schaute. Der Fisch ist ganz allein. Ich weiß, wie man sich da fühlt.
Am Dienstagmorgen stand Dad tatsächlich zum Frühstück auf. Er hatte sechzehn Stunden im Bett gelegen und roch nach Schweiß und Alkohol. Er aß nichts, kochte aber eine Kanne Tee, und ich trank eine Tasse, obwohl ich Tee nicht besonders mag. Jas gähnte viermal, als sie ihr Horoskop anschaute. Weshalb bist du so müde, fragte Dad, und Jas zuckte die Achseln und zwinkerte mir zu. Ich grinste in meine Chocos und hoffte, dass Leo bald wiederkommen würde.
Draußen regnete es in Strömen. Jas fragte Dad, ob er uns zur Schule fahren würde. Er sagte ja und stieg mit Pantoffeln ins Auto. Ich hatte Angst, dass er Sunya vor der Schule sehen könnte, aber alle Kinder trugen Kapuzen oder waren unter Regenschirmen versteckt, und man konnte niemanden so genau erkennen. Als ich ausstieg, gab Jas mir eine Regenjacke und sagte, ich solle darauf achten, trocken zu bleiben. Wenn du den ganzen Tag ein nasses T-Shirt anhast, erkältest du dich, sagte sie noch.
Ich ging ins Klassenzimmer. Ausnahmsweise kam ich nicht zu spät. Mrs. Farmer war noch nicht mal da. Sunya saß an unserem Tisch und zeichnete. Ihre linke Hand und ihre Nasenspitze waren mit Tinte verschmiert. Ich hätte gerne mit ihr geredet, aber Dad hatte mich zur Schule gefahren und mir einen schönen Tag gewünscht. Es kam mir fies vor, mit einer Muslimin zu reden, nachdem Dad sich bemüht hatte, nett zu sein.
Es fing als Flüstern an. Aber dann machten immer mehr Kinder mit, sagten es immer lauter und schlugen mit den Händen auf den Tisch. Dieb. Dieb. Dieb Dieb Dieb . Daniel stand in der Mitte und dirigierte. Ich schaute Sunya an und hoffte, dass sie mir helfen würde. Ihr roter Filzer bewegte sich auf dem Blatt vor und zurück. Sie hob nicht mal den Kopf.
Mrs. Farmer kam herein. Das Geschrei hörte zwar sofort auf, aber sie musste es auf dem Flur gehört haben. Ich wartete darauf, dass sie schimpfte, aber sie schaute mich an, als hätte ich es verdient. Dann fragte sie, wer das Klassenbuch holen wolle, und Daniels Hand schoss am schnellsten hoch. Mrs. Farmer lächelte ihn an, und Daniels Engel sprang auf Wolke sechs.
In der großen Pause regnete es so heftig, dass wir drinbleiben mussten. Fünf Minuten vertrödelte ich auf dem Klo, drei Minuten lang schaute ich mir die Bilder auf dem Flur an, und vier Minuten vergingen damit, dass ich Kopfschmerzen vortäuschte. Die Schulschwester schickte mich mit einem nassen Papiertuch auf der Stirn wieder weg. Erst zwei Minuten, bevor Mrs. Farmer vom Lehrerzimmer kam, war ich wieder im Klassenraum. Da hatte der Sprechchor gerade angefangen, war aber noch nicht so schlimm.
Während Geschichte hörte der Regen auf, an die Fenster zu prasseln, und es nieselte nur noch. Ich versuchte, mich auf das Viktorianische Zeitalter zu konzentrieren, aber es fiel mir schwer, und ich gab mir nicht richtig Mühe, wie Mrs. Farmer sagen würde. Ich sollte über das Leben eines Schornsteinfegers schreiben, kriegte aber nur drei Sätze zustande, weil ich fürchtete, dass wir in der Mittagspause rausgehen müssten und dass die anderen mich dann verprügeln würden.
Am Ende der Stunde kam die fette Essensfrau mit der Trillerpfeife herein. Sie sagte Ihr dürft aufs Spielgelände , und alle außer mir johlten.
Es ging los, sobald ich draußen war. Sie rannten auf mich zu und
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