Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims: Roman (German Edition)
sie ganz fertig sind . Mrs. Farmer blinzelte, sagte aber Das wäre sehr schön . Der Inspektor ging raus, und Mrs. Farmer sank auf ihren Stuhl und sagte mit ihrer normalen Stimme Räumt dieses Chaos auf .
Sunya trug unseren Stall nach vorne und beugte sich über die Arbeiten der anderen, um sie anzuschauen. Das machte sie eine Ewigkeit, und ich musste alles alleine aufräumen und wäre echt sauer auf sie gewesen, wenn ich nicht unbedingt hätte nett sein wollen. Als das Klassenzimmer sauber war, durften wir nach draußen, aber Sunya verschwand auf dem Mädchenklo und kam erst wieder raus, als der Pfiff von der Trillerpfeife der dicken Essensfrau zu hören war.
Während Jesus im Ofen briet, machten wir Englisch. Mrs. Farmer schaute immer wieder zur Tür, als erwarte sie jeden Moment, dass der Inspektor reinkam. Wir schrieben Gedichte mit dem Titel Mein zauberhaftes Weihnachten , und wir mussten alle schönen Sachen reinschreiben, auf die wir uns freuten. Mir fiel nichts ein. Bei uns ist Weihnachten immer traurig. Letztes Jahr hängte Dad eine Socke neben die Urne und schrie Mum dann an, weil sie keine Geschenke reintat. Und dieses Jahr wird es noch schlimmer sein, weil Mum nicht da ist, um das Essen zu kochen, das das Beste an Weihnachten ist, auch wenn ich dann Rosenkohl essen muss.
Mrs. Farmer sagte Beeil dich, James , also schrieb ich los. Ich stellte mir ein richtig schönes Weihnachtsfest vor und schrieb über den Truthahnduft, die Kirchenglocken und die hübschen fröhlichen Zwillinge, die genau das gleiche Lächeln hatten. Die Reime klangen ein bisschen komisch, aber da das ganze Gedicht eine dicke fette Lüge war, kam es darauf auch nicht mehr an.
Ausnahmsweise schrieb Sunya nur vier Zeilen. Was ist los , flüsterte ich, und sie antwortete Ich feiere kein Weihnachten . Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Winter ohne Weihnachten kann ich mir gar nicht vorstellen, außer in dem Narnia-Film, in dem die Weiße Hexe den Weihnachtsmann davon abhält, den sprechenden Bibern Geschenke zu bringen. Sunya sagte gerade Wäre ich doch nur wie die anderen , als Mr. Price hereinkam.
Der Ton war jetzt gebrannt, und Mrs. Farmer holte die Sachen aus dem Ofen. Vorsicht, heiß , sagte sie, als sich alle um den Tisch drängten. Mr. Price’ Nase ragte über sein Klemmbrett. Unser Stall war gut geworden. Maria war größer als Josef, und bei Jesus waren die Arme und das rechte Bein abgefallen, so dass er wie eine Kaulquappe aussah. Aber alles andere war prima. Keines unserer Tiere hatte Hörner, und ich fragte mich gerade, was Sunya mit den spitzen Würsten gemacht hatte, als Mr. Price plötzlich entsetzt schnaufte. Ich folgte seinem Blick und sah Daniels Stall. Alle seine Tiere hatten ein Horn auf der Stirn. Und nicht nur die Tiere. Auch Maria, Josef und das Jesuskind hatten eine Wurst zwischen den Augen. Ich schaute Sunya an. Sie machte ein unschuldiges Gesicht, aber ihre Augen loderten wie glühende Kohle. Die spitzen Würste sahen auch nicht wie Hörner aus, sondern wie kleine Pimmel. Ich presste mir die Hand auf den Mund, um nicht zu lachen. Und ich schaute nicht zu Daniel rüber, damit er nicht auf die Idee kam, mir die Schuld zu geben.
Mr. Price ging mit knallrotem Gesicht raus, und seine langen Finger zitterten, als er etwas auf sein Klemmbrett schrieb. Daniel kriegte keinen Ärger, weil Mrs. Farmer nicht beweisen konnte, dass er selbst dafür verantwortlich war. Aber das machte nichts. Wir hatten unsere Rache bekommen. Die ganze Klasse durfte zur Mittagspause nicht raus, weil niemand sich zu dieser Verunglimpfung des Gottessohns bekannt hatte – was auch immer das heißen sollte. Alle waren sauer, weil weiße Flocken vom Himmel fielen, und die anderen Klassen sich auf dem Spielgelände Schneeballschlachten lieferten. Aber ich hatte nichts dagegen, weil ich so die Mittagspause mit Sunya verbringen konnte, anstatt zu warten, bis sie aus dem Mädchenklo kam.
Bevor Jas aufhörte zu essen, war sie immer ganz verrückt auf Würstchen mit Kartoffelpüree. Sie schnitt die Würstchen in kleine Stücke und versteckte sie im Kartoffelpüree. Daran musste ich denken, als wir am Nachmittag aus dem Schulhaus kamen. Weil ich furchtbaren Hunger hatte und auch weil die Welt jetzt aussah wie Jas’ Teller früher – alles war unter weißen Schneebergen verschwunden.
Als Mrs. Farmer uns gesagt hatte, wir sollten ihr schleunigst aus den Augen gehen, war Sunya sofort aus dem Klassenzimmer gelaufen. Draußen rannte sie so
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