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Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims: Roman (German Edition)

Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims: Roman (German Edition)

Titel: Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annabel Pitcher
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angeschaut hatte, als er das tote Kaninchen anschleppte. Sie reckte die Nase in die Luft, stürmte aus dem Schuppen und knallte die Tür zu. Die Wände wackelten, und alles wurde dunkel. Ich schaute auf das Mars. Es war zerdrückt und matschig, und weiße Fusseln klebten an der weichen Schokolade.
    Ich schaute mich im Sportschuppen nach etwas anderem um, das ich Sunya schenken könnte. Das einzig Interessante war ein Wurfspeer, aber der war zu groß, um ihn unbemerkt an der fetten Essensfrau vorbeizuschmuggeln. Es machte keinen Spaß, alleine im Sportschuppen zu sein. Deshalb ging ich raus, und dabei fiel mir etwas Gelbes auf, und ich hatte eine Idee.
    Die Mittagspause dauerte noch zehn Minuten. Ich suchte Sunya auf dem Spielgelände. Die neue Überraschung hielt ich hinterm Rücken versteckt. Dann sah ich Sunya bei Daniel stehen und war einen Moment lang eifersüchtig, bis ich merkte, dass die beiden sich stritten. Ich hielt mich fern, weil ich nicht verprügelt werden wollte, aber dann sagte Daniel Curryfresser und Du stinkst und rannte weg. Ich ging zu Sunya, und meine Hände waren ganz feucht, und mein Herz hopste auf und ab wie Sunyas Hund Sammy, wenn er sich freute. Ta daaa, machte ich und hielt Sunya den Strauß hin, den ich grade für sie gepflückt hatte. Und obwohl er hauptsächlich aus Löwenzahn bestand, fand ich ihn schön und verstand überhaupt nicht, weshalb Sunya zu weinen anfing.
    Sunya ist stark, und Sunya ist Girl M, und Sunya ist Sonnenschein und Lächeln und Glitzern in den Augen. Aber diese Sunya sah anders aus, und der Hund in meiner Brust ließ traurig die Ohren hängen. Was ist los , fragte ich, aber Sunya schüttelte nur schniefend den Kopf und biss sich auf die zitternde Lippe. Eine Träne nach der anderen lief ihr übers Gesicht. Ich sagte Willst du die Blumen nicht , und es hörte sich falsch an, als sei ich sauer auf sie. Dabei war ich nur wütend auf Daniel, weil der sie zum Weinen gebracht und mir meine Überraschung verdorben hatte. Sunya riss mir den Strauß aus der Hand und schmiss ihn auf den Boden. Dann trat sie so fest drauf, dass die Blütenblätter völlig zermatscht wurden. Ich will deine blöden Blumen und deinen blöden Schokoriegel nicht , schrie sie, und ich war ganz verwirrt, weil mir kein andres Geschenk für sie einfiel. Deshalb fragte ich Was willst du denn ?, und Sunya schrie Dass du dich ENTSCHULDIGST .
    Ich schaute sie an, schaute sie richtig genau an, und sie schaute mich an, und ich sah Wut in ihren Augen und einen großen schlimmen Schmerz. Und plötzlich konnten meine Augen all das Schlimme sehen, das ich getan hatte, und meine Ohren hörten die ganzen hässlichen Sachen, die ich gesagt und getan hatte. Mir fiel ein, wie ich weggelaufen war, als Sunya mir den Ring schenken wollte. Wie ich vor dem Büro des Direktors Lass mich in Ruhe gesagt hatte. Wie ich an Halloween weggelaufen war und nach dem Fußballspiel zu ihr gesagt hatte, dass sie die Klappe halten solle. Und wie ich sie dann nach dem Besuch bei ihr zuhause nicht mehr beachtet hatte, ohne etwas zu erklären. Klar, ich wollte in den Himmel kommen, aber das reicht nicht aus als Grund.
    Ich nahm ihre Hand, und Daniel schrie Schwuchtel und Spider-Man hat was mit Curryfresser , aber ich beachtete ihn nicht. Ich sagte Es tut mir leid , und ich meinte es auch, und Sunya nickte, aber sie lächelte nicht.

14
    Ich fragte Sunya, ob wir zusammen nach Hause gehen wollten, aber sie sagte Nein, danke . Sie war zwar wieder meine Freundin, weil sie sich meine tollen Buntstifte ausborgte, um in Geo eine Landkarte zu zeichnen, trotzdem fühlte es sich nicht mehr wie vorher an. Ich erzählte drei Witze, darunter den komischsten Klopf-Klopf-Witz aller Zeiten, und sie lachte nicht mal. Und als ich ihr in Geschichte ihren Klebknetering gab, legte sie ihn in ihr Federtäschchen, anstatt ihn über den Finger zu streifen.
    Ich brauchte ewig lange für den Heimweg. Meine Füße und meine Tasche fühlten sich schwerer an als sonst. Kurz vor dem Haus kam Roger aus einem Busch gesprungen, und ich sagte auch zu ihm Tut mir leid . Katzen jagen nun mal, und ich sollte nicht böse auf Roger sein, wenn er was tötet. Er folgte mir zum Haus, und wir saßen lange zusammen auf der Veranda. Ich lehnte mich an die Tür, und Roger lag auf dem Rücken, die orangen Pfoten in die Luft gereckt. Ich ließ einen Schnürsenkel über ihm baumeln, und er spielte damit und miaute, als habe er unseren Streit schon vergessen. Ich wünschte, Mädchen

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