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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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jeder wissen, dass ich in ihn verschossen war. Ich hatte das Gefühl, dass mir die Lust aus allen Poren sickerte. Vor Gericht war ich schnell, scharf und bissig, aber sobald Barnaby auftauchte, verwandelte ich mich in geschmolzenes Karamell. Damit Barnaby das nicht merkte, war ich ihm gegenüber besonders schnippisch. Bestimmt glaubte er, ich litte an - um meinen Ehemann zu zitieren - chronischem PMS.
    Ich saß da, hörte Lizbet plappern und fragte mich (George möge mir verzeihen), wie es wohl wäre, Barnaby an die Wand zu schmettern und ihm die Kleider vom Leib zu reißen. Ich persönlich kleidete mich vor Gericht möglichst teuer, wohingegen Barnabys Anzug so abgetragen war, dass er leicht speckig glänzte, und höchstwahrscheinlich von der Stange gekauft war. Das war unter Anwälten ungewöhnlich - jedenfalls in unserer Riege. Nur die wenigsten männlichen Anwälte können der Versuchung widerstehen, schärfere Anzüge zu kaufen, sobald sie wirklich Geld verdienten. Als Mr
Hershlag mich in der Kanzlei besuchen kam, verschlug es ihm die Sprache . Das Futter ist ziemlich oft knallbunt - pfauenblau, fuchsienrot, gelb. Barnaby stach da heraus.
    Tim stocherte in seinem Essen. Lizbet kippte den Champagner weg, als würde morgen die Prohibition eingeführt. Ihre Nägel waren lang und rosa und mit Strasssteinchen besetzt. In ihrem früheren Leben waren sie bis aufs Blut abgekaut. Sie lachte über etwas, das Barnaby gesagt hatte (wahrscheinlich irgendwas mit: »Ich kann nicht klagen«), und krallte sich dabei in seinen Ärmel, wobei sich ihre Klauen in den Stoff bohrten. Barnaby fasste nach seinem Wasserglas und zwang sie dadurch taktvoll, den Griff zu lösen.
    Mir war hin und wieder aufgefallen, dass tief in meiner Kehle irgendetwas zu knurren begann, sobald sich eine andere Frau Barnaby näherte, aber in diesem Moment tat mir Lizbet nur leid. Sie hatte keine Ahnung vom Flirten. Sie war hübsch, aber ihr Glauben an ihre eigene Attraktivität wirkte nicht überzeugend.
    Tim hatte kaum einen Ton gesagt. Er sah aus, als würde er sein Gesicht am liebsten in einen dicken Mutterbusen drücken.
    George starrte Lizbet an, als wäre ihr ein zweiter, sehr hässlicher Kopf gewachsen.
    Ich gab ihm unter dem Tisch einen Tritt. Was denn - ertrug er es nicht, dass sich eine Frau amüsierte? Es war nicht so, als hätte sie absichtlich mit ihm geflirtet. Sie brauchte nur etwas Bestätigung. (Weshalb ich praktisch nie flirte, auch wenn Lizbet das möglicherweise ganz anders sieht. Ich verdiene mir meine Bestätigung selbst. Ich brauche keine von einem Stöpsel mit einem Stöpsel.)
    Mein Hirn fühlte sich an wie ein Haufen pappiger Spaghetti. Meine Schwester war nicht mehr sie selbst. War es das
Baby? Konnte man so was im Griff behalten? Oder hatte sie zugelassen, dass diese Erfahrung alles durchdrang? Dagegen hätte sie ankämpfen müssen, und Lizbets Problem war, dass sie genau das nicht gewohnt war. Niemand hätte mir weismachen können, dass irgendwas mit DER BEZIEHUNG im Argen lag. Unmöglich.
    Gleichzeitig war ich wütend auf Barnaby, einfach weil er da war, zornig auf George, der den Nerv besessen hatte, mich zu heiraten - und ich hätte mich selbst erwürgen können, weil ich es zugelassen hatte.
    Sobald Barnaby sie von seinem Ärmel gewischt hatte, rollte Lizbet sich ein wie ein Ohrwurm. Sie murmelte: »Mir ist schlecht.«
    George knickte eine Brotstange entzwei und biss ins eine Ende. Er musste kochen vor Wut - eigentlich aß er aus Prinzip kein Weizenbrot. Dann zielte er mit dem abgebissenen Ende auf Barnaby. »Deine Manschetten sind abgewetzt.«
    Barnaby grinste, und ich wäre am liebsten in Ohnmacht gefallen. »Ich weiß«, sagte er. »Wahrscheinlich ist es Zeit für einen Besuch bei Marks.«
    »Marks & Spencer ?«, fragte George fassungslos. »Du arbeitest bei Gericht! Meine Frau« - er piekte mit seiner Brotstange in meine Richtung - »gibt ein Vermögen aus für ihre Garderobe.«
    Barnaby zuckte mit den Achseln. »Es ist nur ein Job . « Er zupfte an seinem Aufschlag. »Natürlich musst du smart aussehen, aber letztendlich ist es eine McDonald’s-Uniform.«
    Lizbet kicherte und presste die Hand aufs Gesicht. »Mir ist übel. «
    »Ich bringe euch heim.« George stand auf. »Und dich.« Er nickte Barnaby zu. »Wo wohnst du?«
    »Danke. Ich komme allein nach Hause.«

    Barnaby gehörte zu jenen Menschen, die so wohlerzogen sind, dass man es oft gar nicht richtig mitbekommt, wenn sie wütend auf dich sind.
    Tim hörte auf,

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