Meine Schwester und andere Katastrophen
erfolgversprechend. Nachdem wir keinen Sex mehr hatten, war die Wahrscheinlichkeit eher gering.
Barnaby starrte mich an. »Das war deutlich«, sagte er. »Bitte verzeih mir, dass ich so in dich gedrungen bin.«
Ich wollte schon seine Wortwahl hinterfragen: in mich gedrungen? Schön wär’s. Ich hatte ihm gerade eine Abfuhr erteilt. Wie schaffte er es nur, dass es immer so aussah, als wäre ich das arme sitzen gelassene Wesen, das bis über beide Ohren in ihn verschossen war? Es war mir egal , dass er nach dem Kuss verschwunden war, und seine Erklärungen, die fast zehn Jahre zu spät kamen, interessierten mich nicht. Ich erinnerte mich lediglich an eine hingekritzelte Notiz - »Ruf an!« -, mitsamt einer unleserlichen Telefonnummer auf dem abgerissenen Deckel einer Zigarettenschachtel. Natürlich rief ich nicht an. Er hätte mich anrufen müssen.
»Ich - ach, vergiss es«, sagte ich.
»Alles in Ordnung?«
»Ja. Jetzt geh.« Er kramte in seinen Taschen. »Und lass bloß kein Geld da«, warnte ich ihn.
Er seufzte. »Cassie«, sagte er. Er musste kurz überlegen. »Ich hatte immer das Gefühl, dass du mir irgendwie entwischt bist.«
Ich lachte. »Ach ja? Wie ein erstklassiger Wildlachs?«
»Erstklassig auf jeden Fall. Bis nächste Woche dann.«
»Toll!«, sagte ich. »Das wird bestimmt kein bisschen peinlich!«
Er ging, und ich sah ihm nach. Penner! Er war so … Julio Iglesias. Ach, vergiss es. Um dem Schmerz die Schärfe zu nehmen, nahm ich einen tiefen Schluck Champagner, aber er schmeckte sauer und fade. Ich zahlte und fuhr heim.
Es war erst Viertel vor zehn. Das Haus war stockdunkel, was ungewöhnlich war, da George pingelig darauf achtete, ein Licht anzulassen, wenn wir ausgingen, um die Einbrecher an der Nase herumzuführen. (George war überzeugt, dass die Menschheit nur darauf aus war, Verbrechen zu begehen; er rief mich einst mitten bei einem Geschäftsessen an, um zu vermelden, dass ein »Kid« auf seinem BMX Tricks übte, und das mitten auf der Straße. Für George war das ein Vergehen. »Na so was!«, begrüßte ich ihn, als ich später zurückrief. »Ich hätte gedacht, dass ein Einbrecher ans Telefon geht!«)
Ich sah die Straße hinunter und bemerkte, dass Georges Wagen schief an der Straßenecke stand - wieso das denn? Mein Mercedes stand in der Garage, und wir hatten eine eigene Einfahrt. George hatte für alles, was er tat, seine Gründe, aber es war mir zu mühsam, darüber zu spekulieren. Ich trat ins Haus und tastete in der Dunkelheit herum. Das Licht flammte auf, noch bevor ich den Schalter gedrückt hatte.
»Erw - oh!«, sagte George. Er hatte den Pflanzenzerstäuber in einer Todesschützenposition auf mich gerichtet.
Ich schwebte kopfschüttelnd an ihm vorbei.
George senkte den Bestäuber. »Es tut mir leid! Dieser verfluchte Barnaby. Ich dachte -«
Auf der obersten Treppenstufe drehte ich mich um. Ich fühlte mich ausgelaugt. »George«, sagte ich, »vergiss es einfach.«
Wenig später lag ich im Bett und wälzte mich hin und her wie eine Katze.
Ich war so blöd. Ich wollte ein Baby. Meine leibliche Mutter würde ich nie mehr in die Arme schließen können. Ich brauchte ein Baby, das ich im Arm halten konnte. Das Bedürfnis war so stark, dass es mir körperliche Schmerzen bereitete. Und doch hatte ich seit gut einem Monat nicht mehr mit meinem Mann geschlafen. Als wir es das letzte Mal versucht hatten, war er so eifrig und kreativ gewesen, dass es mich angewidert hatte. Er hatte darauf bestanden, mit mir zu baden. Danach kuschelten wir. Übel. Es stimmte mich traurig, dass viele Frauen George attraktiv gefunden hätten. Vielleicht habe ich ihn falsch dargestellt. Er war groß, nur ein wenig schlaksig, und seine blaugrünen Augen standen in gefälligem Kontrast zu seinen dunklen Haaren und seinem blassen Teint. Trotzdem zuckte ich zurück, als er mich küssen wollte.
Wir zogen es trotzdem durch, aber gleich danach wälzte er sich zur Seite und sagte: »Vielen Dank. Jetzt fühle ich mich wie ein Vergewaltiger.«
Seither hatten wir uns nicht mehr berührt.
Ich wendete das Kissen, schlug kurz darauf ein und wog die verschiedenen Alternativen ab. Das mit George war ein Flop. Er verweigerte sich einem Test, aber ich hatte den Verdacht, dass seine Spermien nicht besonders fit waren. Barnaby hingegen … Er behauptete, dass er mich »mochte«. In anderen Worten, er würde mit mir schlafen, wenn ich ihn fragte - der unwiderstehliche Fick, der meinen Ruf ruinieren würde -, der
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