Meine Schwester und andere Katastrophen
ein, und ich spaziere auf ein Schlachtfeld. Ich werde doch nicht behaupten, dass alles in bester Ordnung ist, wenn es das eindeutig nicht ist. Das ist lächerlich!«
»Okay, aber ist dir noch nie der Gedanke gekommen, dass dich manche Dinge nichts angehen?«
»Montgomery, ich bin Scheidungsanwalt. Der heutige Abend war für mich praktisch ein Geschäftsessen.«
»Freut mich, dass du mein Leben so amüsant findest«, erklärte ich gelassen. »Findest du die gescheiterten Beziehungen deiner Mandanten auch so komisch?«
Barnaby beugte sich mit ernster Miene vor. Seine dunkelblauen Augen verschwanden fast unter den langen Wimpern. Wenn Gott mich beiseitegenommen und mir erklärt hätte, dass Barnaby in Wahrheit durch die Nase sah und die Augen nur Dekoration waren, hätte ich ihn verstanden.
»Ich weiß«, sagte er, »dass du mich magst.«
»Von wegen!«, sagte ich.
Barnaby sah mich überrascht und verletzt an.
Ich schnaubte. »Diese Masche zieht bei mir nicht. Du bist ein Profikiller. Du weißt genau, was du da tust, und du bist absolut skrupellos.«
»Cassie«, sagte er leise. »Es tut mir leid. Ich habe dich aus der Fassung gebracht -«
»Kein bisschen.«
Ich stand auf - und er packte meine Hand. »Hör zu«, sagte er. »Ich habe mich nicht nach dir und George erkundigt, weil ich dein Leben für einen Witz halte. Ich habe gefragt, weil es für mich kein Witz ist.«
Ich setzte mich.
»Ich mag dich«, sagte er. »Denke ich.«
»Denkst du? Denkst du wirklich , Barnaby? Sag schon!«
»Ich -«
»Du siehst, dass George und ich nicht mehr … in den Flitterwochen sind, und schon denkst du, es wäre total hip, Klartext zu reden und mich zu fragen, ob ich nicht Lust auf
einen kleinen Seitensprung hätte, sobald du zwischen deinen diversen Wohltaten eine halbe Stunde erübrigen kannst!«
»Nein«, widersprach Barnaby. »Nein. Ganz und gar nicht. Ich will nicht, dass du George betrügst.«
»Was willst du dann ?«
»Ich … ich …«
Ich hatte ihn noch nie um Worte ringen sehen. »Was?«, bellte ich ihn an.
»Wenn … wenn du … wenn du wirklich der Meinung wärst, dass du eine Ehe führst, die vielleicht nicht ewig hält, dann würde ich … ich …«
Ich blinzelte. »Willst du eine Vorbestellung aufgeben? Wofür hältst du mich? Für einen Tisch im Ivy ?«
»Ich hätte damit wahrscheinlich bis nach der Verhandlung warten sollen«, murmelte er. »Das Problem ist, dass ich gewinnen werde und dass du dann sauer auf mich bist.«
»Barnaby«, sagte ich. » Meinetwegen brauchst du deine Groupies nicht warten zu lassen. George und ich wollen ein Baby.«
KAPITEL 20
Er hatte mich in die Ecke gedrängt, sonst hätte ich das nicht gesagt. Babybrei und Paragrafen passen zueinander … wie Fisch und Fahrrad. Sophie Hazel Hamilton, die Vorsitzende unserer Anwaltskanzlei, ist die Ausnahme, die diese Regel bestätigt. Sie hat vier Kinder, aber sie musste dafür Opfer bringen (ein anderer Ausdruck für »Sie hat ihre Kinder erst einmal gesehen«). Sie wurde ungewollt schwanger, als sie eine Praktikantenstelle angeboten bekommen hatte, und vertraute sich einem Mitpraktikanten an. Er nahm es auf sich, für sie bei der Gleichstellungsbeauftragten Rat einzuholen. Um deren Nachfrage kurz zusammenzufassen: »Hat sie Mist gebaut?«
Ich hatte definitiv Mist gebaut. Barnaby würde die Neuigkeit, dass ich vorhatte, die Robe abzulegen, um Mutter zu werden (und das nicht nur im übertragenen Sinn), überall verbreiten, bis aus dem Gerücht eine Tatsache geworden war, und zwar unabhängig von der realen Entwicklung. Alle würden lauernd auf meinen Bauch starren und darauf warten, dass ich mein rituelles Mandelcroissant mit Espresso gegen Kohletabletten eintauschte, und falls ich je eine Flasche Badoit statt Beaujolais bestellen sollte, würden meine Kollegen sofort schamlose Fragen stellen. (Während der ersten Schwangerschaftsmonate litt Sophie an schwerer Morgenübelkeit und wurde, nachdem sie einmal fünfzehn Minuten
würgend in der Toilette gestanden hatte, prompt von einem nadelgestreiften Kollegen angegangen.
»Meine Beste, ich muss Sie das fragen«, dröhnte er. » Tragen Sie?«
»Was denn?«, erwiderte sie. »Ein Gewehr? Mein Bester, wenn ich es täte, wären Sie der Erste, der es merkt.«)
Mein Drang, Barnaby an seinen Platz zu verweisen (nackt unter meinen Schenkeln), hatte mich dazu verleitet, die Wahrheit ein wenig zu strapazieren, denn meine Bemühungen, mich von George schwängern zu lassen, waren wenig
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