Meine Schwester und andere Katastrophen
streiten!«
Rückblickend war es nicht besonders schlau gewesen, meine Verhütungsmittel in der Nachttischschublade zu verstecken.
»Ich dachte, wir wollten ein Kind bekommen«, zischte er. »Aber du hast mich die ganze Zeit an der Nase herumgeführt. Ich -«
Ich war zu müde für dieses Gespräch.
»Buhuu!«, sagte ich. »Komm zur Sache.« Ich schwenkte die Hand in Richtung des grünen Koffers. »Du verlässt mich.«
Tim lächelte steif. »Nein«, sagte er. Er verschränkte die Arme.
Mein Blick blieb am Inhalt des Koffers hängen. Moment mal. Rosa Slips mit Spitzenbesatz? Ein schwarzer Push-up-BH? Falls unsere Beziehung nicht aus abseitigeren Gründen gescheitert war, als Tim zugeben wollte, waren das nicht seine Sachen.
Tim stellte sich vor meinen Schrank, zog einen Stapel Pullover, T-Shirts und Jeans heraus und ließ alles in den Koffer fallen. Er drückte den Deckel runter und zog den Reißverschluss zu. » Ich gehe nirgendwohin«, sagte er. Dann hob er den Koffer vom Bett und schob ihn mir mit hoheitsvoller Miene hin. »Du verlässt mich.«
Cassie
KAPITEL 24
Ich bekam ein Kind.
George war der Vater, allerdings empfand ich ihn eher als Samenspender. Natürlich hatte ich dabei einen Kloß im Hals, aber einen viel dickeren Kloß hatte ich jedes Mal, wenn ich an Lizbet dachte. George hatte den Beweis für seine Mannhaftigkeit - gegen meinen ausdrücklichen Wunsch - hinaustrompetet, und sie war durchgedreht. Ich hätte nicht garantieren können, dass er das nicht absichtlich getan hatte.
Das ganze Wochenende über hatte ich versucht, sie zu erreichen, aber sie hatte dichtgemacht. Ich war keine Masochistin. Nach fünfzehn Anrufen gab ich auf und gab mich stattdessen der Freude darüber hin, dass ich bald stolze Besitzerin eines quengelnden, zappelnden rosa Schweinchens sein würde. Eines zappelnden Kängurus. Eines Babys, meine ich. Schon bei der Vorstellung wurde ich ganz blöde und weichgesichtig, und meine Sprache degenerierte zu dem, was ein Populärpsychologe mal als »mamiesk« bezeichnet hatte.
Sarah Paula würde Großmutter werden. Ach, das hätte sie stolz gemacht. Ich sah sie über einer Märchenwiege - aus Buchenholz und mit Gazehimmel - gebeugt stehen und mit einem gütigen Lächeln vor sich hin murmeln, während ihre langen blonden Haare (schließlich würde sie ewig achtzehn bleiben) dem Baby über den Bauch streichelten. Vielleicht war das Baby auch ich . Ich würgte den Gedanken ab. Tante Edith
hätte so was als »alberne Hirngespinste« bezeichnet. Mummy würde Großmutter werden, eine voll funktionierende Großmutter mit allem Drum und Dran, eine Ralph -kaufende, Kinderwagen schiebende, Foto-vorzeigbare Großmutter.
Es war ein bisschen verfrüht. Lizbet hatte ähnlich kalkuliert. George war sofort durchgestartet und hatte dafür gesorgt, dass wir nur privat entbinden würden. Er kannte Millionen von Horrorgeschichten über die öffentlichen Krankenhäuser - merkwürdig, dabei hatte keiner seiner Freunde Kinder. Er vereinbarte einen Termin für mich bei dem angesagtesten Spezialisten. »Warum ist er nicht Basketballer geworden?«, fragte ich, widersprach aber nicht. Ich hatte fest vor, dieses Baby zu behalten. Ein einziges Baby zu verlieren ist Leichtsinn … George hatte seinen Standpunkt penibel ausgearbeitet, falls ihn einige liberale Kollegen schief ansehen sollten: Er wollte, dass der Gesundheitszustand seines Babys ständig und effizient überwacht wurde, weil eine intensive Betreuung durch reichlich gut ausgeruhtes Personal die Chancen einer sicheren Geburt erhöhten, »und ihr könnt mich alle mal«!
Vielleicht sollte ich diese Strategie irgendwann vor Gericht anwenden.
Ich seufzte. Vor Gericht. Nur noch ein paar Monate, und ich würde meinen Bauch mächtig einziehen müssen. Ich spürte ein freudiges Kribbeln. Ist das zu glauben? Dass ich mich freute , wenn ich mir vorstellte, meinen Bauch einziehen zu müssen ? Wenn das nicht schräg ist, dann weiß ich nicht. So sehr sehnte ich mich nach dem Baby. Ich hatte sofort den Kaffee gestrichen, Gott helfe mir, und begann mich schon widerstrebend mit dem Gedanken an Pfefferminztee anzufreunden. Ein monströser Affront gegen alles, wofür ich bisher eingestanden war. Ich fühlte mich wie ein
hilfloser Beobachter, der ohnmächtig zuschauen muss, wie seine forsche, barsche Persönlichkeit von einem Erdrutsch weggespült wird. Wenn ich mich nicht zügelte, würde ich die Richterin noch mit ausschweifenden Schilderungen von
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