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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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Welt
    Geh über grüne Wiesen, wo bunte Blumen blühn
    leb in der Wirklichkeit all deine Fantasien
    Und dann, wo er schon mal losgelegt hat, sagt er ihr noch, dass sie bloß nicht ›zurückschauen‹ soll (für den Fall, dass sie es sich doch nochmal anders überlegt), und dass ›zwischen den Steinen am Fluss eine weiße Blume wachsen wird‹, die sie ihm ›vor Gott geweiht‹ hat.
    Unglaublich, echt.
    Und tatsächlich nimmt man es ihm auch nicht ganz ab.
    Aber wenn ihr’s genau wissen wollt, dann ist mir dieses Machogehabe, das dermaßen unbeholfen daherkommt, dermaßen behämmert aufrichtig und noch ganz unbehelligt von der Zensur, die dann wenig später durch den Feminismus in die Sprache kam, also mir ist das nicht mal unsympathisch.
    Eigentlich kann einem dieser Mann, der da so ungeniert den Fußboden vollascht (nach dem beliebten Motto ›jemand wird’s schon richten‹), allein schon deshalb leidtun, weil er nicht mal eine so grundlegende Handlung hinkriegt wie eine Zigarette zu rauchen, ohne dabei die Wohnung vollzukrümeln.
    Es ist übrigens noch gar nicht so lange her, dass es als biologisch begründetes Unvermögen galt, wenn sich ein Mann von jedweder Hausarbeit fernhielt. (Ich kann mich gut erinnern, als Kind mehr als einen Erwachsenen gesehen zu haben, dem es wurscht war, wohin er seine Zigarettenasche schnippte und der sich, nur mal als Beispiel, auch nicht dafür interessierte, welches die Wäscheschublade war.)
    Noch heute erinnere ich mich gestochen klar (eine Art harmloses Kindheitstrauma) an einen Onkel von mir, der beschränkt und überheblich war (er hielt sich für überdurchschnittlich intelligent, hoch gebildet und außerdem weltläufig, ohne dass er das im wirklichen Leben je unter Beweis gestellt hätte). Morgens nach dem Aufwachen blieb er auf dem Bett sitzen und wartete darauf, dass ihm seine Frau (die noch beschränkter war als er) Socken und lange Unterhosen anzog und ihn dann ins Bad begleitete, um ihm bei der Toilette zu helfen (ohne Witz: nachdem ich diese Pornoszene einmal mitbekommen hatte, fragte ich meine Großmutter, ob ihr Sohn vielleicht, von uns unbemerkt, durch eine Krankheit invalid geworden wäre; worauf sie antwortete: ›I wo. Dem geht’s prächtig.‹).
    Dieser Mangel an Selbstständigkeit und die daraus folgende totale Abhängigkeit vom weiblichen Geschlecht war unter den Männern bis vor nicht allzu langer Zeit schrecklich weit verbreitet; war eine sozial anerkannte allgemeine Selbstaufgabe, die dazu führte, dass sich das Machotum praktisch zu einer Art Ideologie des Nichtstuns entwickelte (oder sagen wir: zu einem Prahlen mit der eigenen Unfähigkeit, auch nur einen Finger zu rühren). Es bedeutete auch die Auslieferung der Männer an die Betüttelung durch die Frauen, denen eine Fürsorge abverlangt wurde, die mehr mit Freiwilligendienst zu tun hatte als mit Liebe, ehelich oder nicht.
    Jetzt hört euch an, wie Diario fortfährt:
    Ich muss nur raus, dann wird’s mir besser gehn
    Die Freunde warten schon in der Bar
    Nein, ich bleib hier, sonst glaubst du noch
    dass ich mit ihr zusammen war
    Die Ex-Ascheaufkehrerin hat also auch noch Hörner aufgesetzt bekommen.
    Und er in seiner gnadenlosen Aufrichtigkeit gibt das sogar zu.
    Warum, frage ich mich, sagt er nicht irgendwas in der Richtung: ›sonst glaubst du noch, dass ich bei einer Anderen war‹ (also einer nicht näher bestimmten Frau der Kategorie Geliebte, womit er die grundsätzliche Eifersucht seiner Gefährtin ansprechen würde und dabei dezent verschweigen, dass diese tatsächlich begründet ist); aber nein, er macht eine präzise Aussage: ›sonst glaubst du noch, dass ich mit ihr zusammen war‹.
    Er spricht also von einer ganz bestimmten Frau, einer der abwesenden Gehörnten einschlägig bekannten Wiederholungstäterin.
    An diesem Punkt (unmittelbar vor dem zweiten und letzten Refrain, ehe der Song mit nochmal der weißen Blume vor Gott ausklingt) stellt sich spontan die Frage: Also du, werter Verfasser von Diario , du bist, wie du selber zugibst:
einer, der zu Hause keinen Finger rührt (wenn du nicht mal weißt, wie man einen Aschenbecher benutzt, wirst du wohl schwerlich in der Küche mithelfen, ab und zu mal abwaschen oder, sagen wir, das Bett aufschütteln);
einer, der abends regelmäßig ausgeht und seine Frau zu Hause sitzen lässt (›Die Freunde warten schon in der Bar‹);
einer, der zudem ein gewohnheitsmäßiges Techtelmechtel am Laufen hat, über das seine Gefährtin zu allem Überfluss

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