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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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Dass eine Mutter ihr Kind liebt, versteht sich doch von selbst! Vielleicht ist sie sogar das Einzige, von dem ich nicht bereue, dass ich’s gemacht habe. Und du weißt, wie viel Mühe es mich gekostet hat, sie großzuziehen. Aber meine Tochter ist eine furchtbar anmaßende Person. Ich-bezogen. Dominant. Und sie lässt die Leute um sich herum nach ihrer Pfeife tanzen, wie kein anderer das kann.«
    »Das brauchst du mir nicht zu sagen.«
    »Dir nicht, richtig. Du weißt, wovon ich rede.«
    »Und ob ich das weiß.«
    »Dann solltest du auch verstehen, dass ich ihr wenigstens einmal beweisen will, dass nicht immer alles nach ihrem Plan geht. Dass es mein gutes Recht war, alles über meine Krankheit zu erfahren, dass sie es mir von Anfang an hätte sagen müssen, anstatt mich allein draufkommen zu lassen.«
    » Das ist es also.«
    Anstrengungslos entzieht sie ihre Hand den meinen und fächelt sich Luft zu. Dann antwortet sie mir. Nervös, widerwillig.
    »Ja. Nein. Ich weiß nicht, was es ist, Vincenzo. Ich weiß nur, dass ich keine Lust mehr habe, für irgendjemanden Verständnis aufzubringen. Mich wie eine Erwachsene zu benehmen, wie du so schön sagst. Und wenn ich jetzt keine Lust habe, Nives zu sehen, will ich mich deswegen nicht schuldig fühlen. Und damit basta.«
    Ich ziehe den Kopf zurück und stelle fest, dass es mich aus irgendeinem unerklärlichen Grund rührt, dass sie den Einspruch nicht duldet.
    »Okay. Okay. Du hast recht«, sage ich und erobere mir wieder die Hand, die Assunta mir entzogen hatte.
    »Wirklich wahr?«
    »Ja. Ich muss dir einfach recht geben.«
    »Danke. Das hört man gern.«
    Einige Sekunden lang schweigen wir.
    Als ich mir ziemlich sicher bin, dass ihre Aufregung sich wieder gelegt hat, rede ich weiter.
    »Du?«
    »Was?«
    »Soll ich am Mittwoch mitkommen?«
    »Das wollte ich dir vorhin eigentlich sagen. Ich glaube nicht, dass ich hingehen werde.«
    »Entschuldige, was hast du gesagt?«
    »Ich pack das nicht, Vince’. Die Chemo ist mühsam und frustrierend. Man muss motiviert sein, um das in Angriff zu nehmen.«
    Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet.
    Und ich kann kein Wort dazu sagen. Weil mir das Gesicht, mit dem sie mir die Neuigkeit verkündet hat, klarmacht, dass jedes Argument verpuffen würde.
    Meine Sprachlosigkeit muss sie weichmachen, plötzlich wechselt Assunta nämlich den Tonfall.
    »Hey. Schau mich nicht so an. Heute ist Donnerstag. Vielleicht ändere ich meine Meinung ja noch.«
    Ich nicke traurig und tue so, als glaube ich ihr.
    Sie schaut auf meine Hände, die immer noch die ihren festhalten, und lächelt mich an.
    »Also, mein Lieber, wenn du nicht gleich einen Ring aus der Tasche vorzuholen gedenkst, solltest du meine Hände wieder freigeben. Ich brauch sie nämlich anderweitig.«

Liebe auf Tauchstation
    »Was soll das heißen?«
    Wenn man sich mit vollendeten Tatsachen konfrontiert sieht, stellt man diese eher polemische denn rhetorische Frage ganz automatisch – weil sie die Illusion enthält, im Reden über das Vorgefallene könnte man noch etwas tun, um es zu verhindern.
    Und exakt diese Frage haut mir Alagia um die Ohren, als ich ihren Anruf auf dem Handy entgegennehme. Ich bin unterwegs und grundlos nervös und hastig, denn da, wo ich hingehe, wartet niemand auf mich.
    »Deine Großmutter will die Chemo nicht machen.«
    »Das hast du mir schon in der SMS geschrieben.«
    »Eben.«
    »Aber das ist Quatsch. Das macht überhaupt keinen Sinn.«
    »Das sehe ich genauso.«
    In Wahrheit stimmt das nicht ganz, aber ich sage es trotzdem.
    »Vincenzo, jetzt rück schon raus mit der Sprache, verdammt. Meinst du, das sei eine Nachricht für eine SMS ?«
    Die Bemerkung finde ich dermaßen dämlich, dass ich abrupt stehen bleibe.
    »Eigentlich wollte ich es dir ja durch die Blume sagen, aber dann hatte ich leider zu viel zu tun.«
    Auch meine Antwort finde ich dämlich.
    »Du bist so was von bescheuert!«
    »Auch das noch.«
    Alfredo scheint irgendwo in ihrer Nähe zu sein, denn er hat gerade völlig entgeistert ›Wieso?‹ gefragt.
    Ich gehe weiter.
    »Red du mit ihm, da, nimm«, höre ich Alagia dünkelhaft und irgendwie angewidert sagen.
    Während ich darauf warte, dass sie das Telefon an ihren Bruder weiterreicht, bleibe ich wie hypnotisiert vor einem Aushang stehen, der (umrahmt von Paketband) an einem Ampelpfosten klebt:
    Welpen zu verkaufen
    Deutscher Schäferhund mit Stammbaum
    Exzellente Geologie
    Info: 348*******
    Normalerweise verewige ich solche

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