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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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wie das war, wenn der Lehrer in der Schule was erklärte, und irgendwann fiel dabei der Name einer Gestalt aus der Geschichte, sagen wir mal, Ferdinand, und weil ein Ferdinand in der Klasse saß, drehten wir uns alle zu ihm hin, strahlten ihn an und sahen ihn mit ganz neuen Augen? Und er strahlte zurück, als ob das sein Verdienst wäre, dass die historische Gestalt Ferdinand heißt? Erinnerst du dich noch, wie er auf diese Weise eine Aufmerksamkeit und eine Berühmtheit bekam, die er auskostete, obwohl sie ihm eigentlich nicht zustanden?«
    Sie nickt eifrig zu meinen Ausführungen und sagt begeistert: »Ja natürlich, guter Vergleich!«
    Und ich: »Dann haben wir uns ja verstanden. So fühle ich mich nämlich.«
    Nun gesteht sie mir, dass es ihr einen gewissen Schauder über den Rücken gejagt habe, in den letzten Tagen meinen Namen so oft in den Nachrichten zu hören.
    Da sie angesichts dieser Fernsehgeschichten plötzlich so weich geworden ist, nutze ich die Gunst der Stunde und vertraue ihr an, dass ich sowohl zu Annozero als auch in die Show der Bignardi eingeladen worden bin und dass ich mir wirklich ernsthaft überlege, zur Bignardi zu gehen.
    Sie fragt nach, und ich erkläre ihr freimütig meine Motivation. Dass die Studios der Bignardi in Mailand sind und dass ich dort hingehen will, weil Alessandra Persiano nach Mailand gegangen ist und weil ich vorhabe, mich dort mit ihr zu treffen, da ich sicher bin, wir können die Dinge zwischen uns besser regeln, wenn wir uns auf neutralem Terrain treffen (wie man ja überhaupt immer neutrales Terrain braucht, füge ich hinzu, um unvoreingenommen miteinander reden und gescheite Lösungen finden zu können). Wo ich schon mal in Schwung bin, merke ich auch gleich noch an, dass es in allen großen Firmen und Anwaltskanzleien nicht umsonst ein extra Zimmer gibt, das normalerweise Versammlungsraum heißt und mit einem großen (meistens ovalen) Tisch, unbequemen Stühlen und allenfalls noch einem (halb gefüllten) Bücherregal ausgestattet ist. Denn was sonst, schließe ich meine Ausführungen triumphierend, ist so ein Zimmer, wenn nicht neutrales Terrain?
    Darauf wieder sie (fies!): »Tja, du hast so einen Versammlungsraum nicht, stimmt’s?«
    Und ich: »Danke, dass du mich daran erinnerst. Was würde ich ohne dich nur machen?«
    Und sie: »Aber entschuldige mal, musst du extra zur Bignardi, damit du nach Mailand kommst? Kannst du nicht auch so nach Mailand? Dann rufst du deine Alessandra an und sagst ›Kuckuck, rat mal, wo ich bin?‹«
    Darauf ich: »Also, Ass, ich muss mich schon wundern über dich. Willst du mir allen Ernstes raten, extra nach Mailand zu fahren und ihr diese fette Genugtuung zu verschaffen, vor ihr auf dem Boden zu kriechen? Damit ich mir am Ende vorwerfen lassen muss, ich sei ihr nachgereist, um ihr hinterherzuschnüffeln?«
    (Im Geiste höre ich Ale schon wüten: ›Darf ich also nicht mal auf Geschäftsreise gehen, ohne dass du dich im Recht fühlst, mir nachzureisen und mich zu kontrollieren? Na, schönen Dank auch für dein Vertrauen!‹)
    Und wo wir schon einmal bei dramatischen Schlusssätzen sind, geht Assunta auch nicht leer aus. » Das also, meine liebe Ass, dieser Selbsterniedrigungstrip mit Arschkartengarantie, soll besser sein, als wenn ich aus einem unabhängigen und respektablen Anlass als Gast in einer erfolgreichen Talkshow nach Mailand fahre?« (O Mann, ich bin richtig empört …)
    Darauf sie: »Vincenzo, es beeindruckt mich mal wieder schwer, wie naiv du bist! Wie alt bist du eigentlich, sag? Zwölf?«
    Ich: »Um wie viel wettest du mit mir, dass mein Plan klappt?«
    Sie: »Du scheinst vor dieser Frau ja wirklich Respekt zu haben.«
    Ich: »Halt! Halt! Es ist nicht so, wie du denkst.«
    Sie: »Schön und gut. Aber du wirst sie natürlich informieren müssen, dass du zur Bignardi gehst – wie sollst du sonst erfahren, dass sie sich mit dir treffen wird?«
    Ich: »Ja, klar.«
    Und sie: »Donnerwetter, was für ein genialer Plan!«
    Wir gucken zusammen ein wenig Don Draper, wie er nervös die Treppe zu seiner Wohnung hochsteigt, dicht gefolgt von seiner Frau, die ihm vorwirft, er würde nie Verantwortung übernehmen, wenn in der Familie was vorfällt (bei der Gelegenheit stelle ich fest, dass bei Ehestreitigkeiten in Filmen klassischerweise niemand einfach nur rumsitzt und schreit, sondern dass sich heftig bewegt wird beim Reden. Und dass es immer die Frau ist, die dem Mann nachsetzt, nie umgekehrt).
    An der Art, wie Ass dann aber

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