Meine Seele gehoert dir - Angelfire ; Bd. 1
füllten sich mit Tränen. »Ich weiß. Und ich werde auf dich warten. Ich werde für immer auf dich warten. «
Ich erwachte und krallte mich verzweifelt an der Decke fest. Mit rasendem Herzen setzte ich mich auf und versuchte, mir meinen Albtraum ins Gedächtnis zu rufen. Ich berührte meinen Bauch und stellte erleichtert fest, dass er glatt und unverletzt war. Es fühlte sich fast so an, als würde Will mich noch berühren, und da wo ich seine Finger gespürt hatte, kribbelte meine Haut. In meinem Traum hatte er gedacht, ich würde sterben, aber ich war nicht sicher, ob es tatsächlich so gekommen war.
War es eine Erinnerung oder nur ein Albtraum? Ich konnte es nicht einmal mehr unterscheiden.
In der realen Welt stand Will mit dem Rücken zu mir am Fenster. Als die Decke raschelte, drehte er sich zu mir um. Ohne jeden Grund ließ mich der Anblick seines Gesichts erröten. Der Will aus meinem Traum sah mich mit seinem wunderschönen, gütigen Lächeln an, und ich brauchte einen Moment, um Realität und Traum zu unterscheiden. Er wirkte so weit entfernt, obwohl er mir wenige Sekunden zuvor im Traum noch so nah gewesen war.
»Wie hast du geschlafen?«, fragte er und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen an die Wand.
Ich streckte mich. »Ich hab von dir geträumt.«
»Ich hoffe, es war nichts Peinliches.«
»Nein. Aber es war trotzdem kein schöner Traum.«
Er senkte kurz den Blick und sagte nichts.
»Glaubst du, es war eine Erinnerung?«, fragte ich.
»Das könnte sein. Was ist denn im Traum passiert?«
Ich erzählte es ihm: von dem Kampf mit den Reapern, wie ich auf der Straße lag, wobei ich auf intimere Details verzichtete. Seine Miene blieb ausdruckslos, und er nickte ein paar Mal. »War der Traum real?«, fragte ich schließlich.
»Ja«, erwiderte er. »Das war in New York, kurz vor Ausbruch des Bürgerkrieges. Ich freue mich, dass deine Erinnerungen langsam wiederkehren, aber ich wünschte, dir wäre etwas anderes eingefallen.«
»Bin ich gestorben?«, flüsterte ich.
Er hielt seinen Blick auf mich gerichtet, sagte jedoch nichts. Das brauchte er auch nicht. Sein Gesicht verriet mir die Antwort, die er nicht aussprechen mochte.
»Wenigstens erinnerst du dich«, sagte er leise. »Dafür müssen wir dankbar sein.«
»Bin ich auch«, sagte ich, obwohl ich mir nicht so sicher war. So sehr ich mich danach sehnte, mehr über meine Vergangenheit in Erfahrung zu bringen, so fürchtete ich mich vor anderen Informationen – über Tod und Verzweiflung und dunkle, schreckliche Orte dieser Erde. Ich betete darum, dass diese Erinnerungen nicht zurückkehrten, weil ich ahnte, dass einige davon zu grauenvoll waren.
FÜNFUNDZWANZIG
D er November war trübe. Kate und Landon erwähnten den Badezimmerzwischenfall an Halloween mit keinem Wort, und ich hatte nicht die Absicht, sie danach zu fragen. Wenn sie nicht darüber reden wollten, war mir das nur recht. Zumindest sah es so aus, als hätte Landon endlich sein Interesse an mir verloren, und ich brauchte keine Angst mehr zu haben, ihm falsche Hoffnungen zu machen oder seine Gefühle zu verletzen.
Eines Abends hockte ich nach einer anstrengenden Trainingseinheit an einem klapperigen Schreibtisch in einem Büroraum unseres alten Lagerhauses vor einem Berg von Hausaufgaben, während Will mir entspannt gegenübersaß. Es war nicht das erste Mal, dass ich Hausaufgaben zu einer Trainingsstunde mitbrachte. Es wurde immer schwieriger, einigermaßen in der Schule mitzukommen und gleichzeitig Reaper zu jagen. Wir trainierten, ich füllte ein Arbeitsblatt aus, und dann ging es weiter. Ich drehte langsam durch.
»Wenn du mich die ganze Zeit beobachtest, könntest du mir genauso gut ein bisschen helfen«, brummelte ich. »Schließlich erzähle ich jedem, dass du mein Nachhilfelehrer bist. Also mach dich nützlich und hilf mir gefälligst.«
»Ich bin nützlich«, erwiderte er. »Ich höre dir zu. Und außerdem hab ich von dem Kram nicht die geringste Ahnung.«
Ich schnaubte verächtlich. »Das hier ist sowieso nur Pipifax. Ich bin im Physikkurs für Dumme.«
»Du bist nicht dumm.«
»In Physik schon.«
Er blinzelte. »Ich hab keinen Schimmer von dem Zeug, und ich bin nicht dumm.«
»Also schön, dann sind wir eben ungebildet in Physik«, sagte ich. »Zufrieden?«
»Aber du lernst doch.«
»Ja, weil ich ungebildet bin.«
»Das heißt aber nicht, dass du dumm bist.«
Ich hatte große Lust, ihm eins zu verpassen. Die aufrichtige Verwirrung in
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