Meine Seele weiß von dir
Altersmäßig könnte er mein Vater sein.
Hat er Sina-Mareen gefallen?
„Hallo, da wäre ich“, begrüßt er mich. Seine Stimme – tief, männlich, ruhig.
Ich begrüße ihn ebenfalls, worauf er anmerkt, wie schön es ist, dass wir uns wiedersehen.
Wir kennen uns also ! Ist dieser Mann bloß ein Kunde? Oder testet er mich, so wie ich ihn gerade teste? Kann er der heimliche Anrufer sein, kann er derjenige sein, der Rainer Maria kaltherzig ersäuft hat?
Ich unterdrücke meinen inneren Aufruhr. Stattdessen mache ich eine einladende Geste. „Bitte“, sage ich neutral und führe ihn auf die Terrasse, wo er in einem der Rattansessel Platz nimmt.
Kaffee lehnt er ab, doch ein Glas Wasser nimmt er dankbar an. Noch während er trinkt, schielt er nach der Schachtel, in die ich das Collier gelegt habe. Ich tue ihm den Gefallen, nehme die Schatulle und öffne sie.
„Ist es nicht wunderschön?“ Ich schiebe das Schmuckstück zu ihm hin über.
Er schaut das Collier nicht nur einfach an, sondern inspiziert es, indem er den Kopf leicht nach vorn neigt. Sein Blick nimmt einen unangemessen zärtlichen Ausdruck an.
Sein gebeugter Nacken, der mit silbrigem Flaum überzogen ist, wirkt so verletzlich wie der eines Jungen. Mit den Fingerspitzen streicht Holger über die Mondsteine. Er tut dies ehrfurchtsvoll, als hätte er eine kostbare Reliquie vor sich, weswegen ich fast so etwas wie Zuneigung für ihn empfinde.
Schließlich befeuchtet er mit blitzschneller Zunge seine trockenen Lippen. „Wundervoll“, schwärmt er aufrichtig. Helin schaut mich an. „Wirklich, Frau Hohwacht. Meine Frau wird es lieben. Sie soll es zu unserem Hochzeitstag im August bekommen. Unserem fünfunddreißigsten .“ Er nickt versonnen. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht.
„Eine lange Zeit“, entgegne ich. „Das hört man heute nicht mehr allzu oft.“
„O ja, das stimmt.“ Er spielt mit der flachen Schachtel herum. „Leider, will ich meinen. Es kommt mir beinahe so vor, als wenn heutzutage sogar das Verliebtsein weggelassen wird; was selbstverständlich nicht gerade die beste Voraussetzung für eine glückliche und erfüllte Ehe ist. Meistens lässt man auch die Verlobung aus. Dabei ist das eine köstliche - er sagt wirklich köstliche ! - Zeit! Sich gegenseitig den Verlobungsring anzustecken und zu wissen, dass man sich einander versprochen hat, ist eine außerordentliche Erfahrung. – Aber jeder, wie er mag!“ In seinen letzten Worten liegt Bedauern.
Unwillkürlich stelle ich mir die Frage, ob Leander und ich verlobt waren.
Holger steht auf und nimmt die Schachtel an sich.
Ich sage ihm, dass ich die Rechnung per Post zuschicken werde, und begleite ihn zur Tür. Zum Abschied schüttelt er mir wieder die Hand. Leichtfüßig geht er zu seinem Wagen und ich ahne, dass er in Gedanken bereits bei seiner Frau ist. Vermutlich noch weiter voraus, im August.
In seinem Kopf feiert er wahrscheinlich schon seinen Hochzeitstag und küsst seine Frau. Es ist ein langer und zärtlicher Kuss. „Alles Gute zum Hochzeitstag“, wird er vielleicht sagen , ihr das Päckchen überreichen und gespannt zusehen, wie sie es auswickelt.
Ein kurzes, scharfes Hupen reißt mich aus meinen Tagträumen. Mechanisch winke ich dem davonfahrenden Jaguar nach.
Ich schließe die Tür. Langsam gehe ich zurück auf die Terrasse, wobei ich es vermeide, in Richtung des Pools zu schauen.
Eines steht zweifelsfrei fest: Holger Helin kann ich von meiner allzu kurzen Liste streichen. Damit bleibt nur noch ein Kandidat: d er Schattenmann.
Kurz darauf sitze ich an meinem Schreibtisch und suche seine Telefonnummer heraus. Er meldet sich nicht und kein Anrufbeantworter schaltet sich ein.
Der Ruf geht ins Leere.
Kapitel 24
In der Küche ist es, wie immer, wenn Frau Hischer da ist, urgemütlich. Im Radio dudelt ein, wie ich finde, grauenhafter Schlager „... einen Stern, der deinen Namen trägt, hoch am Himmelszelt, den schenk ich dir heut´ Nacht ...“
Der Frühstückstisch ist gedeckt. Frau Hischer hat Hefebrötchen gebacken, diesmal wohl, um mich wegen Rainer Maria zu trösten.
Wir sitzen beide am Tisch. Ich stopfe heiße Brötchen, die ich dick mit Butter bestreiche, in mich hinein. Frau Hischer trinkt nur Kaffee. Herr Hischer liegt unter dem Tisch. Hin und wieder schielt er begehrlich zu uns herauf. Er hat die Schnauze so verzogen, als würde er die ganze Zeit über lächeln. Ich finde ihn zu drollig.
„Bringen Sie den Hund jedes Mal
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