Meine Seele weiß von dir
Regel bekommen würde. Doch darüber war ich keineswegs besorgt, weil das schon häufiger vorgekommen war und Doktor Bornfeld mir mehrmals versichert hatte, dies sei durchaus nicht ungewöhnlich. Auch bei einer Ultraschalluntersuchung zeigte sich keine Auffälligkeit.
Ich sollte mir Ruhe gönnen, wenn ich mich unwohl fühlte, die Füße hochlegen, mich ausruhen und alles langsamer angehen lassen.
Also habe ich, nachdem Frau Hischer ins Wochenende gefahren war, fast den ganzen Freitag auf der Couch gelegen, gelesen und zwischendurch viel geschlafen. Und wirklich: Am Samstag fühlte ich mich wesentlich besser!
Deswegen haben wir die Verabredung mit Lisa und Klaus nicht abgesagt und sind zusammen im Pino`s zum Essen gewesen. Ich bekam Heißhunger auf Muscheln und aß gleich zwei Portionen Cozze pugliese , worauf Leander meinte, das Gericht hätte genau den passenden Namen für mich. Er ließ ihn sich auf der Zunge zergehen, als er ihn übertrieben aussprach. Mir machte es in diesem Moment nichts aus – es schmeckte köstlich.
Zuhause ging ich sofort ins Bett und schlief wie das sprichwörtliche Murmeltier. Aber am Sonntag ging es mir wieder schlechter. Noch ehe ich richtig wach war, merkte ich, dass ich Bauchschmerzen hatte und mich übergeben musste.
Panisch schlug ich die Augen auf. Einen Moment lang erkannte ich nicht, wo ich war. Der Raum lag fast im Dunkeln, nur die fahlen Strahlen, die durch die Ritzen der Vorhänge drangen, gaben ein wenig Licht.
Das Bett neben mir war verlassen. Die Laken waren zerknittert, nur Leanders vertrauter Duft hing noch darin.
Während meiner Schwangerschaft war mein Geruchssinn stärker ausgeprägt als sonst. Ich reagierte äußerst empfindlich und nahm Gerüche viel intensiver wahr. Von manchen konnte ich kaum genug bekommen. Von Leanders sauberem Körpergeruch zum Beispiel, meinem Lavendelschaumbad oder von Vanilleschoten.
Wieder andere erschienen mir unerträglich: Leitungswasser etwa. Ich hätte nie gedacht, dass es einen Geruch hat, aber den hat es!
Kaffeeduft, Eier oder Katzenfutter lösten unweigerlich einen Brechreiz aus, selbst dann, wenn ich mich nicht im gleichen Raum mit der Geruchsquelle befand.
Von unten aus der Küche drang Leanders Stimme herauf. Er sprach mit Rainer Maria, kratzte eine Dose mit dem Löffel aus und stellte ihm mit einem Scheppern seinen Fressnapf hin. Sofort witterte ich das Katzenfutter. Es war die schrecklichste Sorte für mich: Fisch.
Mein Magen rebellierte. Langsam und vorsichtig, um ihn nicht weiter zu reizen, setzte ich mich auf. Das Zimmer drehte sich um mich und mir war klar , wenn ich nicht augenblicklich zur Toilette lief, würde ich mich noch im Bett erbrechen.
Ich stand auf, taumelte, fiel aber nicht hin. Ich schwankte ins Bad und kniete mich vor die Toilettenschüssel. Sobald ich mich übergeben hatte, fühlte ich mich wohler.
Zurück im Schlafzimmer fand ich die Vorhänge aufgezogen. Ein Tablett mit einem Stück trockenem Brot und einer Tasse dampfendem Pfefferminztee stand auf meinem Nachttisch – Leander hatte den Rat meiner Frauenärztin in die Tat umgesetzt.
Ich freute mich, dass er für mich sorgte. Aber nicht lange. Vermutlich wollte er nur sein schlechtes Gewissen beruhigen, weil er heute Abend abfuhr und wusste , wie sehr ich es hasste, ohne ihn zu sein, redete ich mir ein.
Ich kroch unter die noch warme Decke zurück. Dankbar aß ich das Brot und trank nach einer Weile in kleinen Schlucken den Tee. Währenddessen rauschte im Gästebad die Dusche, die Leander benutzte, weil ich mit meiner Brecherei das Bad blockiert hatte.
Ich sah auf die Uhr. Es war kurz nach zehn, und ich musste wohl wieder eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal die Augen aufschlug, war es bereits halb eins. Auf Leanders Kopfkissen lagen eine chinesische Speisekarte und eine Nachricht:
„Bin im Shang-Hai und organisiere ein Mittagessen. Menü 3 – für zwei Personen. Werde gegen eins zurück sein. Falls du lieber trockenes Brot möchtest, ist das kein Problem. Frischer Tee steht in der Thermoskanne in der Küche! Wenn was ist: Ich habe mein Handy dabei. Ich liebe dich, Mutter von Krümel!“
Es geschehen noch Zeichen und Wunder, dachte ich. Er hat an sein Handy gedacht. Ganz von selbst!
Ich schlug die Speisekarte auf. Menü 3 versprach als Vorspeise Peking-Suppe und Frühlingsrollen, gefolgt von knuspriger Ente mit Bambus, Paprika und Champignons in Hoisin -Soße. Außerdem gab es Rindfleisch mit Gemüse und Curry, gebratenes
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