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Meine Spur löscht der Fluß

Meine Spur löscht der Fluß

Titel: Meine Spur löscht der Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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Überraschung    »Warum erzählen Sie das mir?«
    »Nummer dreizehn ist eine sehr schöne Nummer, sie nennt sich >Der Trompeter und die Tänzerin<. Haben Sie sie vielleicht schon gesehen? Nein? Also die Tänzerin ist eine sagenhaft schöne Frau, Schwedin und von Geblüt eine Gräfin. Eine tragische Geschichte, Professor. Sie sollte einen alten Grafen heiraten, aber den jungen Trompeter hat sie eben geliebt, und da ist er eines Nachts vor ihrem Schloß vorgefahren, und sie ist mit ihm auf und davon. Sie konnte in der Eile ihre Kronjuwelen nicht einpacken, und da standen sie nun beide auf der Straße. Sie mit nichts als ihrer Schönheit und er mit seiner Trompete. Da haben sie die Nummer aufgebaut. Aber man hat sie erst engagiert, als sie nur mit sehr wenig bekleidet getanzt hat. Inzwischen tanzt sie nun sehr gut, aber viel mehr hat sie deshalb auch nicht an, nicht, daß Sie da etwas befürchten müssen, Herr Professor. Ja. Und Nummer vierzehn ist ein Magier, auch den müssen Sie gesehen haben. Der verwandelt weiße Kaninchen in weiße Tauben und umgekehrt. Dann sperrt er die Tauben und die Kaninchen in einen Käfig, legt ein Tuch darüber, sagt >Simsalabim<, zieht’s Tuch wieder weg, und da ist aus den Tauben und Kaninchen ein wunderschönes Mädchen geworden. Auch nicht mit sehr viel an. Und die entsteigt dem Käfig, da kommen aber zwei kräftige Burschen, Asiaten, die stecken sie in eine Kiste...«
    >Wenn ich dich nur auch in eine Kiste stecken könnte<, dachte Kroeber.
    »... versperren die Kiste und jagen wie aus Jux einen Säbel nach dem anderen in die Kiste. Da müßten Sie das Publikum stöhnen hören, Herr Professor. Denn das Mäd- chen ist wirklich sehr schön, ganz jung, mit einem wunderbaren Busen, Herr Professor. Da kommt aber auch schon wieder unser Magier zurück, verzaubert die asiatischen Wilden in zwei Katzen. Sperrt sie in eine andere Kiste und holt das Mädchen unverletzt aus der anderen. Wie da das Publikum aufatmet, das müßten Sie gehört haben. Sogar die alten Frauen sind erleichtert, wenn sie das junge Mädchen lebendig Wiedersehen. Sie können also nur aus diesen zwei Programmpunkten ermessen, daß wir ganz große Varietekunst bieten, Herr Professor. Und da hab’ ich mir gedacht, zwischen die schwedische Gräfin und den Magier, da täte Ihr Wilder, den Sie da neulich eingefangen haben oben in Oroville, der täte da gut hineinpassen. Und weil da eine Zeitung geschrieben hat, er mache noch Feuer auf Steinzeitmanier, da stell’ ich mir vor, wir machen die Bühne halbdunkel und er kniet da, nur mit einem Lendenschurz und ein paar Federn bekleidet, auf der Erde, und reibt sich mit zwei Hölzern ein Feuer an. Und hinten, zwischen zwei Palmen, hängt schon ein großer Suppenkessel mit einem wunderschönen blonden Mädchen drinnen. Und wie der Wilde das Feuer hat, geht er zu dem Suppenkessel und zündet an. Wumm! Es gibt eine Stichflamme. Das Mädchen im Kessel wirft die Arme hoch, der Wilde schleift die Messer und der Vorhang fällt ganz langsam...«
    »So etwas kommt überhaupt nicht in Frage!« rief Kroeber empört. »So etwas werde ich nie zulassen.«
    »Das Mädchen, Herr Professor, das wird natürlich nicht echt gekocht«, beruhigte der Impresario den Professor. »Ich will Ihnen sagen, wie der Trick geht: Der Suppentopf ist nach hinten offen und da kann das Mädchen jederzeit aussteigen, wenn es ihr von unten her zu warm wird.«
    »Das ist mir egal. Ich lasse einen sehr kultivierten Indianer nicht zu einem Menschenfresser machen.«
    »Kultiviert?« fragte der Mann, als er merkte, daß er nichts erreichte. »Kultiviert sagen Sie? Wenn der kultiviert wäre, und das sage ich Ihnen, wenn der kultiviert wäre, dann hätte er wenigstens ‘ne Schachtel Streichhölzer bei sich gehabt.«
    Es dauerte nicht lange, da erschien die Konkurrenz. Der Direktor des »Orpheums« lief Kroeber direkt in die Arme. Und da der Besucher sich etwas distinguierter gab, fiel Kroeber auf ihn herein. Sie unterhielten sich diesmal zwischen den Mumien der ägyptischen Abteilung, da die Arbeiter inzwischen bis in Kroebers Büro vorgedrungen waren.
    »Ägypten«, sagte der Besucher, »jaja, da spürt man sozusagen den Hauch der Ewigkeit. Es ist eben so, wie der Apostel sagt, >sinnlos ist all unser Tun und Trachten<.«
    »Welcher Apostel?« fragte Kroeber.
    »Das tut nichts zur Sache, möglicherweise war es auch Shakespeare, das ändert nichts an der Richtigkeit des Spruchs. Herr Professor, ich will keine großen Worte

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