Meine Spur löscht der Fluß
verschwinden lassen und weiße Bälle aus dem Mund holen, die er dort gar nicht hineingegeben hatte. Er erriet Karten, die Ishi sich gemerkt hatte, und er konnte einen dicken Knoten von einem Seil wegblasen.
Ishi war fasziniert. Er hatte nicht gewußt, daß Dr. Pope ein so guter »kuwi«, das ist ein Zauberdoktor, war. Eigentlich hatte er immer ein bißchen an der Kunst Dr. Popes gezweifelt. Pope zündete in den Zimmern der Kranken kein Feuer an, räucherte sie nicht aus und streute keinen Tabak auf die Türschwelle, was bekanntlich am meisten half.
Jetzt hatte er aber gezeigt, daß viel mehr in ihm steckte. Schade nur, daß er dies nie in seinem Krankenhaus machte, sondern dort immer die gleichen weißen Pillen gab oder den Leuten den Bauch aufschnitt.
Glücklich wanderten sie am Abend zurück. Und Pope sagte immer wieder: »Das war ein wundervoller Tag. Mensch, Ishi, was hatten wir für eine schöne Zeit! Wir müssen das wieder machen. Und zwar sehr bald.«
Er hatte unlängst im Schaufenster einer Buchhandlung ein Buch über das Bogenschießen gesehen, das wollte er sich kaufen, um sein Wissen zu vertiefen.
Ishi lächelte nur. Und am nächsten Tag, einem verregneten Sonntag, begann er im Museum einen neuen Bogen zu schnitzen. Aus Hickoryholz. Einen Bogen für die Größe von Dr. Pope und in der Stärke richtig für seine Finger.
Ishi lernte von Tag zu Tag mehr, sich in der Welt der Weißen in der für ihn größten Stadt der Erde zu bewegen. Juan Dolores hatte ihn endlich davon überzeugen können, daß es für ihn besser sei, Schuhe zu tragen.
Lange hatte Ishi sich allen Versuchen Juans widersetzt.
»Wenn ich auf den Boden sehe«, hatte er gesagt, »was sehe ich? Steine. Nichts als Steine. Steine machen Schuhe kaputt. Meine Füße werden nicht kaputt.«
Aber dann hatte er doch in Begleitung von Juan Dolores beim Schuhmacher in dem kleinen Geschäftsblock in der Seventh Avenue Schuhe gekauft. Die weichsten Schuhe, die sich finden ließen, mit einer elastischen Sohle. Seit damals plauderte Ishi immer ein bißchen mit dem Schuhmacher, wenn er einkaufen ging und den Handwerker und Händler vor seinem Lädchen traf. Er rauchte eine Pfeife mit ihm, und sie sagten etwas zum Wetter oder zu dem, was Ishi kaufen wollte oder schon gekauft in seiner Tüte hatte.
Ishi hatte schnell einkaufen gelernt. Mit der Witterung des Jägers hatte er bald heraus, was ein gutes Angebot war und was ein schlechtes. Er deutete im Lebensmittelladen auf die Ware, die er zu erstehen gedachte, und fragte: »Wievielist?«
War der Preis nach seiner Einschätzung zu hoch, sagte er: »Zuvielist«, und suchte sich etwas anderes aus. Nur wenn er den Preis für angemessen hielt, kaufte er.
Einmal wagte er, auf das Wunderding, durch das er schon die Sterne gesehen hatte, zu deuten. »Wievielist?« Seine Stimme war belegt, so aufgeregt war er.
Und als der Kaufmann sagte, daß Ishi die Röhre für 15 Cent haben könnte, meinte er, falsch gehört zu haben. Solch ein Wunder für so wenig Geld?
»Wievielist?« fragte er deshalb noch einmal und deutlicher.
Der Mann mußte dumm sein. Er wollte für das Wunder wirklich nur 15 Cent.
Und so ging er dann überglücklich nach Hause. Er hatte außer dem Wunder Brot und Honig gekauft, harten Käse und frischen Lachs, Dörrpflaumen, Eier und einiges Gemüse und das, was er am liebsten aß: kalifornische Pfirsiche.
Daheim in seinem Zimmer, das er peinlich sauber hielt, packte er alles aus. Zuletzt das Kaleidoskop. Sein Herz begann zu klopfen, als er es nur ansah. Dann trat er mit der bunten Blechröhre ans Fenster, hielt das Wunder vor die Augen und drehte es. Er faßte es nicht. Keiner seiner Freunde hatte ihn auf das Herrlichste aufmerksam gemacht, was der weiße Mann zu bieten hatte. Nur ein Gott oder ein Halbgott konnte so etwas erfunden haben.
Im Büro stand ein Safe, und außerdem saß da seit neuestem ein junger Mann, der sehr nett und freundlich zu Ishi war. Es war Edward Gifford, der neue Assistent von Professor Kroeber. Der junge Mann öffnete bereitwillig den Safe, wenn Ishi ihn darum bat. In einer Ecke des Safes standen Blechhülsen für Rollfilme. Die gehörten Ishi, und in jede dieser Blechhülsen gingen genau vierzig halbe Dollarstücke hinein. Die Hülsen waren voll und bildeten Ishis Schatz. Hatte er früher seine Vorräte in Bäumen und Felsnischen untergebracht, so hatte er jetzt den Safe. Er holte sich seinen Schatz heraus und schüttete das Geld auf den Tisch, auf dem er einst
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