Meine Suche nach der besten Pasta der Welt
Felsenwasser soll hinter dem Geheimnis der Pasta stecken, insbesondere natürlich hinter jener von Delverde, die nach dem Fluss benannt ist. »Gute Pasta braucht drei Dinge: erstklassiges Wasser, erstklassiges Getreide und viel, viel Geduld«, sagt Picciani. Ausgerechnet das Wasser bestimmt über die Qualität des Produkts, und obwohl der Fluss Verde kein magisches Feenpipi mit sich führt, so ist der Härtegrad des Wassers tatsächlich ideal: nicht zu weich, nicht zu mineralisch. Dazu sprudelt es mit beständigen 9 Grad aus der Tiefe empor, was gleichbleibende Qualität garantiere.
Italiener haben es drauf, ihrem Essen immer wieder eine mystische Dimension zu verpassen. Ein Freund meiner Frau stellt in dem Städtchen Cormòns Schinken her und behauptet, sein Prosciutto sei deswegen so gut, weil er sowohl von salziger, feuchter Luft von der Adria als auch von kühler, klarer Bergluft der Julischen Alpen umschmeichelt wird. Ich weiß nicht, ob das Unsinn ist oder nicht, obwohl ich zugeben muss, dass der Schinken wahrscheinlich anders schmecken würde, würde er, beispielsweise, sechs Monate in meinem Kleiderschrank heranreifen.
Fara ist – wir erinnern uns: Mercedes, Audi, Ferrari – die Edelschmiede der italienischen Pasta. Geduld ist wichtig, und wer gute Pasta herstellen will, sollte vor allem beim Teigtrocknen keine Hektik aufkommen lassen. Industriepasta wird fix bei 60 bis über 100 Grad Celsius getrocknet; in Fara lässt man sich bei 40 Grad und bis zu 30 Stunden enorm viel Zeit. Das Wasser muss nämlich gleichmäßig entweichen, denn schnell trocknender Teig kann zu feucht, zu brüchig oder beides zugleich werden. Wichtigstes Werkzeug der Pastaii sind die trafile , Presseisen, die der Pasta ihre Form geben. Diese Presseisen sollen möglichst rau sein und sind gern aus der spröden Bronze gefertigt.
Auf vielen der Edelpasta-Verpackungen steht Trafilata al bronzo oder Trafilatura ruvida al bronzo, ein unbestechliches Qualitätsmerkmal. Je aufgerauter nämlich die Oberfläche der Nudel ist, desto intensiver vermählt sie sich mit dem Sugo – das wahre Qualitätsgeheimnis einer guten Nudel. Bei Cocco beispielsweise hat man den Ehrgeiz entwickelt, die rauestmögliche Pasta von allen herzustellen. Die Pastaii operieren an rumpeligen Gerätschaften und hölzernen Schüttelbrettern aus dem Jahr 1905, die für das gewünschte Ergebnis sorgen, aufgrund ihres geringen Ausstoßes aber die Pasta deutlich verteuern.
Der umgekehrte Weg, nämlich möglichst glatte Pasta, ist dann legitim, wenn man sie mit Fischsugi oder Venusmuscheln servieren will. Niemand möchte die Pasta erst mühsam von den Bivalven abschälen müssen. Delverde verwendet auch Trafile mit Teflondüsen für extra glatte
und dünne Nudeln. Spaghettini beispielsweise sind perfekt für Muschelgerichte; an ihnen bleibt, wie an italienischen Staatspräsidenten, bayerischen Politikern oder eben an Teflon, nichts haften.
Kommen wir zum Getreide, was den Nudelmachern seit einigen Jahren Kummer bereitet: Die Qualität des agrarindustriellen Getreides lässt nämlich nach, weil es nicht mehr so proteinhaltig ist. Jenes Protein aber sorgt für den Kleber, der den Nudelteig erst zusammenhält. Wenn die Pasta reißt, stimmt die Kornqualität nicht, und die Pastaii von Cocco beziehen ihren Bio-Hartweizen deswegen aus den USA, mit allen Konsequenzen für den Endverbraucherpreis. De Cecco kann es sich gar leisten, direkt in Fara San Martino eine eigene Mühle zu unterhalten, so bleibt alles in einer Hand, und in der Werbung macht sich so eine Mühle vor dem Hauptportal auch gut.
Am Morgen nach dem Essen in der beinahe pastaverneinenden Pizzeria und der Begegnung mit dem Fuchs fand um 10 Uhr im örtlichen Theater ein Festakt zur Einweihung eines Brunnens statt. Die örtliche Grundschule hatte Bilder gemalt, und die Honoratioren standen davor zusammen, wie es sich gehört: der Bürgermeister (welcher übrigens zugleich das Hotel Camerlengo besitzt) mit dem Pfarrer und dem Bürgermeister des Nachbarorts. Der Brunnen war natürlich wieder praktisch ein Heiligtum wegen des wertvollen Wassers. Ich wohnte der Zeremonie fünf Minuten bei, dann ahnte ich, dass es Zeit war weiterzufahren.
Die Geschichte der Pasta Teil 3:
Das jüngste Gericht kommt nach Deutschland
I n Deutschland scheinen die Makkaroni die Vorhut der welschen Invasion zu sein, denn schon 1701 präsentiert der Gourmet Andreas Goretz aus Mähren ein Rezept zur »Suppe mit Macronen und jungen Hühnern«,
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