Meine Tochter Amy (German Edition)
ging damit auf eine Weise um, die mich hoffnungsvoll stimmte. Zwar trank sie immer noch, ich hatte jedoch den Eindruck, ihre trockenen Phasen würden jedes Mal länger.
Als ich sie Ende September traf, sah sie hinreißend aus. Und ausnahmsweise sorgte sie sich mal um mich, weil ich während meiner Krankheit so abgenommen hatte.
„Ich habe das Saufen überwunden“, teilte sie mir stolz mit. So simpel war die Sache jedoch nicht, das hatten wir ja mit den Drogen schon mal erlebt. Sie musste sich dem Problem Tag für Tag aufs Neue stellen und Situationen vermeiden, die sie veranlassten, zur Flasche zu greifen. Ich erzählte ihr von einem Mann, den ich bei einem AA-Treffen kennengelernt hatte und der sich als Alkoholiker vorstellte, obwohl er seit 30 Jahren keinen Tropfen getrunken hatte. „Das ist etwas, worauf du für immer achten musst, Amy.“
„Du machst dir zu viele Sorgen, Papa“, antwortete sie. „Ich schaffe das.“
Anfang Oktober hatte ich wieder einen Auftritt in einem Club in der City. Amy wollte gerne beim Proben vorbeikommen. Als ich sie nachmittags abholen wollte, war sie betrunken und hatte die Nacht durchgemacht. Trotzdem wollte sie unbedingt mit, und ich erklärte mich widerwillig einverstanden. Das bedeutete freilich, dass wir ein bisschen spät dran waren, und so blieb Amy zum Konzert da, weil die Probe zu lange dauerte. Beim ersten Song sprang sie auf die Bühne und stand die ganze Zeit, während ich sang, direkt neben mir. Ich machte meine fünf Songs, anschließend ließ ich sie zwei singen, die sehr gut waren. Hinterher sagte ich ihr, sie hätte nicht mit auf die Bühne gehen sollen. Sie verstand nicht, warum; sie dachte, sie unterstützt mich damit. Mich machte es leicht nervös, wie sie da einfach so stand. Ich meinte, nüchtern hätte sie das nicht getan, es wirkte unprofessionell. Wir blieben geteilter Meinung.
Im Monat darauf war ich ein paar Tage aus London weg und gab Konzerte. Während dieser Zeit trank Amy nichts, und jedes Mal, wenn wir telefonierten, hatte ich ein besseres Gefühl. Es war klar, dass sie irgendwann wieder trinken würde, aber langsam schien sie ihren Alkoholismus wirklich besiegen zu wollen. Vor allem aber stritt sie ihn nicht mehr ab, sondern stand offen dazu. Ich hatte gelernt, dass das ein enorm wichtiger Schritt zur Besserung war, und war stolz auf sie. Es war schwer, das wusste ich. Immerhin machten wir Fortschritte, wenn auch langsam.
Nach meiner Rückkehr flog Amy nach Barbados und arbeitete eine Woche mit Salaam Remi. Was das Trinken anging, hatte sie gute und schlechte Tage. Laut ihren Securityleuten trank sie, war jedoch nicht sturzbesoffen und belästigte keine Leute. Aufgenommen wurde leider wenig.
Danach flog sie nach St. Lucia, wo sie wesentlich mehr trank. Als sie am 4. Dezember anrief und mir zum Geburtstag gratulierte, hörte sie sich nüchtern an, also fragte ich nach.
„Ich tue mein Bestes, Papa“, sagte sie. „An manchen Tagen ist es einfach so hart …“
Es folgte ein langes Schweigen. Ich wusste, wenn wir jetzt so weitermachen, enden wir beide in Tränen, also wechselte ich das Thema. Wir sprachen über die Arbeiten an dem Haus am Camden Square, ihre neuen Aufnahmen, meine Gigs, ihre Mückenstiche, meine Operationswunde, Alex und Riva, Reg, Jane und Millionen andere Dinge, über zwei Stunden lang; ein schönes Geburtstagsgeschenk. Nur ein Mal noch war sie während des Gesprächs den Tränen nahe und riss sich gerade noch am Riemen.
Etwa eine Woche danach kam sie nach Hause und trank weiter. Ich ließ sie nicht an der Party zu meinem 60. Geburtstag teilnehmen, weil sie tagsüber betrunken war. Als ich sie schließlich am Bryanston Square besuchte, hatten wir einen furchtbaren Streit. Es war zehn Uhr vormittags, und sie war bereits betrunken. Ich erinnerte sie daran, dass sie tags darauf für ein paar Konzerte nach Russland reisen sollte und nicht fliegen könne, wenn sie nicht zu trinken aufhöre; zumindest bis dahin. Als ich später noch mal bei ihr vorbeifuhr, war Amy so besoffen, dass sie nicht mehr sprechen konnte. Ich rief Dr. Romete, die sie untersuchte und mir riet, sie in die London Clinic zu bringen. Dort nahm man sie jedoch nicht auf, und nach drei Stunden brachte ich sie wieder heim. Inzwischen war sie einigermaßen nüchtern und wollte unbedingt nach Russland.
Und sie kam tatsächlich nach Russland. Zwei Tage später rief Raye an: Der Gig sei fantastisch und Amy „absolut brillant“ gewesen. Sie hatte sogar das
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