Meine Tochter Amy (German Edition)
Gegenwart kiffte. Was mir nicht bewusst war und wofür ich rückblickend Warnzeichen hätte erkennen müssen, war, dass sie schon damals viel mehr trank, als für sie gut war.
Als Teenager hatte sie gewisse Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl – wie alle Teenager –, aber ich glaube nicht, dass das Lampenfieber daher rührte, denn als sie regelmäßig auftrat, hatte sie diese Probleme längst überwunden. Aber die Leute von 19 hatten recht, für Amerika war sie noch nicht reif. Dafür war noch einiges an harter Arbeit und viel Zeit vonnöten. Mit dem Publikum zu reden und den Leuten zu zeigen, dass sie Spaß hatte, das kam alles erst später, und ich glaube, richtig natürlich war es nie. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie sich dabei unwohlfühlte.
Es war nicht leicht, mit ihr über einen Auftritt zu reden. Ein paar Tage danach konnte ich ein paar Sachen dazu sagen, was sie machte oder nicht machte, aber ich musste vorsichtig sein. Amy hatte einen unglaublichen Dickschädel und tat nur, was sie wollte.
Während die Promogigs weiterliefen, begann ihr Management, von einem zweiten Album zu sprechen. Von Frank waren noch ein paar gute Songs übrig. Einer davon war „Do Me Good“. Ich sagte Amy, er müsse aufs zweite Album, weil er fantastisch war, aber sie sah das anders und erinnerte mich an etwas, was sie mir schon mal gesagt hatte: „Das war damals, Papa. Jetzt bin ich anders drauf. Der Song handelt von Chris, und das habe ich hinter mir.“
Amys Songs gingen immer auf ihre eigenen Erfahrungen zurück, und Chris gehörte inzwischen der Vergangenheit an. Da er in ihrem Leben keine Rolle mehr spielte, waren die Songs über ihn noch weniger relevant.
Sie hatte inzwischen viele neue Sachen geschrieben, die locker für ein Album zwischen Frank und Back To Black gereicht hätten. Aber Amy wollte kein Album rausbringen, wenn die Songs für sie keine persönliche Bedeutung hatten, und das galt für die, die sie nach Frank und vor Back To Black geschrieben hatte. Die 19-Leute drängten sie ins Studio, aber sie widersetzte sich dem Druck.
Amy und ich sprachen oft über ihr Songwriting. Ich fragte sie, ob sie Songs schreiben konnte wie Cole Porter oder Irving Berlin, die in dieser Hinsicht wie „Söldner“ arbeiteten. Irving Berlin konnte morgens aufstehen, aus dem Fenster schauen, und zehn Minuten später hatte er „Isn’t It A Lovely Day“ fertig. „Kriegst du das hin?“, fragte ich Amy.
„Klar könnte ich das, Papa. Aber ich will es nicht. Alle meine Songs sind autobiografisch. Sie müssen mir etwas bedeuten.“
Eben deshalb, weil ihre Songs aus ihrer tiefsten Seele kamen, waren sie so kraftvoll und leidenschaftlich. Die Lieder auf Back To Black handelten von den tiefsten Gefühlen. Und sie musste durch die Hölle gehen, um das zu schaffen.
5
BLACK UND EINE FLUCHT
NACH SPANIEN
Im Sommer 2004, als sie ihre ersten Erfolge einheimste, begann ich mich über Amys Trinkgewohnheiten zu sorgen – immer öfter kam mir zu Ohren, dass ihr was zugestoßen war, weil sie getrunken hatte. Wie viel sie trank, ahnte ich nicht. Einmal war sie so betrunken, dass sie stürzte, sich den Kopf anschlug und ins Krankenhaus musste. Ihre Freundin Lauren holte sie dort ab und brachte sie zu mir nach Kent, sie blieben drei oder vier Tage. Amy legte sich sofort in ihrem Zimmer schlafen, ich rief Nick Godwyn und Nick Shymansky an. Sie kamen vorbei, und wir diskutierten das, was sie „Amys Trinkproblem“ nannten.
Wir hatten den Eindruck, Amy benutze den Alkohol, um sich vor Auftritten locker zu machen, aber die anderen meinten, er spiele in ihrem Leben eine weit größere Rolle. Das Thema Entzug kam auf den Tisch – das erste Mal, dass jemand so was ansprach. Ich war dagegen, weil ich dachte, sie habe eben dieses eine Mal zu viel erwischt und wir sollten nicht überreagieren.
„Ich denke, es geht ihr gut“, sagte ich. Später machte sie daraus eine Songzeile für „Rehab“.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs wurde mir jedoch die andere Seite klar – wenn sie das Problem jetzt anging, wäre es gelöst. Lauren und die beiden Nicks hatten sie beim Trinken erlebt und plädierten dafür, es mit Entzug zu versuchen, also hielt ich den Mund.
Amy kam runter, und wir legten ihr dar, was wir besprochen hatten. Wie erwartet sagte sie: „Das mache ich nicht“, also versuchten wir sie umzustimmen, erst die zwei Nicks, dann Lauren, dann Jane und ich. Schließlich ging Jane mit Amy in die Küche und knöpfte sie sich
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