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Meine Tochter Amy (German Edition)

Meine Tochter Amy (German Edition)

Titel: Meine Tochter Amy (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitch Winehouse
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Paul Glynne, der Leiter des Teams, sagte mir indes, die Resultate von Amys CT und EKG gefielen ihm gar nicht. Sie hatte Schleim in den Lungen, möglicherweise auch Knoten. Das bedeutete: Wenn sie ihre Gewohnheiten nicht änderte, war sie in höchster Lebensgefahr. Ich war gespannt auf ihre Reaktion.
    Seit mindestens einem Jahr wusste ich, dass Amys Gesundung ein schwieriger Prozess war, aber vor dem Anfall hatte sie eine so gute Phase gehabt, dass ich mich in Sicherheit gewähnt hatte. Die Diagnose brachte mich schlagartig auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich fürchtete, eines Tages das schlimmstmögliche Ende von Amys Sucht erleben zu müssen; ich machte mir etwas vor, dass es dazu nicht kommen würde – aber jetzt war es greifbar nahe. Amy konnte an ihrem Drogenmissbrauch sterben und alle meine Träume vom Leben meiner Tochter an einem Krankenhausbett in einem Meer von Tränen enden.
    Zu allem Übel ließ mich Blake einfach nicht in Ruhe, rief ununterbrochen an und schickte SMS. „Ich fühle mich außen vor gelassen“, lautete eine. „Pech!“, antwortete ich. Ich war am Ende meiner Kräfte.
    Amy schlief die Nacht durch, um halb acht Uhr früh war ich wieder in der Klinik. Um drei trafen wir Dr. Romete und Dr. Glynne. Sie beschönigten nichts: Wenn Amy noch einen Monat lang so weitermache, werde sie sterben. Vielleicht werde sich der Zusammenbruch noch als Segen erweisen, meinten die Ärzte, und ich schloss mich ihrer Ansicht an. Das konnte der Weckruf sein, den Amy brauchte. Ein weniger deutliches Alarmsignal hätte sie wieder nicht gehört. Amy war schockiert. Ihre Hand zitterte, als sie nach der meinen griff – so voller Angst hatte ich sie noch nie erlebt. Sie schwor, sie sei endgültig weg von den Drogen. Aber so einfach war das nicht.
    Am nächsten Tag sah sie viel besser aus und fühlte sich auch so. Wir führten ein langes Gespräch über diverse Dinge: meine Eltern, unsere liebsten Sinatra-Songs, in welcher Farbe sie ihr Wohnzimmer streichen wollte, wer in unserer Familie den besten Tee kochte und so weiter. Ich kam immer wieder auf ihre Drogenentwöhnung zurück, aber sie durchschaute mich und wich aus. Am Ende lachten wir beide. Erfreulich war außerdem, dass Dr. Glynne Amys Tomografie ausgewertet hatte und meinte, eine Biopsie sei nicht nötig.
    Danach ging es Amy mit jedem Tag besser, und am 22. Juni, sechs Tage nach dem Anfall, erlaubten ihr die Ärzte, für das bevorstehende Konzert zu Nelson Mandelas 90. Geburtstag zu proben.
    Dr. Glynne äußerte sich ein paar Tage darauf sehr zufrieden mit Amys Fortschritten. Ich war hocherfreut, sie hingegen nahm ihre Krankheit mittlerweile nicht mehr ernst. Dr. Glynne hatte ihr eingeschärft, wie vorsichtig sie mit ihren Lungen sein müsse, aber sobald sie draußen war, zündete sie sich eine Zigarette an. Auch tags darauf probte sie für das Mandela-Konzert und trank zu viel. Mit ihr zu reden war unmöglich. Sie wollte nur über Blake reden und ihn dazu bringen, in der London Clinic zu entziehen. Ich sagte ihr, sie sei verrückt.
    Aber der 27. Juni war einer dieser Tage, die all den Ärger und die schlimmen Zeiten wettmachen – na ja, sagen wir: fast. Amys Auftritt beim Mandela-Geburtstagskonzert war atemberaubend gut. Sie sah hervorragend aus, klang fantastisch; die Leute liebten sie.
    Vor allem hatte sie selbst Freude daran. Sie trank nicht, rauchte nicht auf der Bühne, sang zwei Songs – „Rehab“ und „Valerie“ – und übernahm den Leadgesang im Abschlusslied „Free Nelson Mandela“. Ich weiß nicht, wie viele Leute mitbekamen, dass Amy dabei „Free Blakey my fella“ sang. Geplant war das nicht, sagte sie. Es sei ihr beim Singen einfach so eingefallen.
    Aber nach einer fantastischen Sternstunde kommt immer der Absturz; tags darauf fand ich heraus, dass sich Amy Drogen in die Klinik liefern hatte lassen. Als man sie ihr abnahm, hatte sie bereits etwas Heroin geraucht. All ihren Versprechungen, all den Warnungen zum Trotz ging es wieder los. Wie viel mehr konnte ich noch ertragen? Ich war am Boden zerstört.
    Die meisten Leute, die so etwas nie erlebt haben, verstehen nicht, was das Schwierigste daran ist, einen süchtigen Menschen zu lieben und ihm zu helfen: Jeder Tag, an dem sich dieser Teufelskreis weiterdreht, ist schlimmer als alles zuvor. Von außen betrachtet, scheint es endlos, immer wieder dasselbe, aber wenn man es selbst erlebt, reagiert man wie ein Hamster im Laufrad. Jeden Tag die gleiche Angst, das Warten auf Nachrichten,

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